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Frauenfrühstück Ohne Angst gibt es keinen Mut

Herausspaziert - unter diesem Motto stand das Frühstückstreffen für Frauen in Klötze. Referentin war Bettina Becker aus Magdeburg.

Von Tobias Roitsch 16.10.2017, 03:00

Klötze l Kräftig geklopft habe das Herz von Bettina Becker, als sie sich auf den Weg machte, um eine Prostituierte in deren Wohnwagen auf dem Straßenstrich zu besuchen. Mit ihr wollte die Theologin ins Gespräch kommen. Doch wohl war ihr dabei nicht. Im Gegenteil, sie war sehr ängstlich, gab Becker am Sonnabendvormittag während ihres Vortrags zu, den sie bei der mittlerweile 16. Ausgabe des Frühstückstreffens für Frauen im Klötzer Altmarksaal hielt.

Vor insgesamt 135 Zuhörerinnen sprach die Buchautorin, Theologin, Improschauspielerin und Theaterpädagogin, für die es bereits der dritte Besuch in Klötze war, über das Thema „Herausspaziert – von mutigen Schritten und Hoffnung, die bewegt“. Herausspaziert, so lautet auch der Titel ihres aktuellen Buches.

Einen mutigen Schritt habe Becker bei ihrer Begegnung mit der Prostituierten Liz gemacht. „Ich möchte Sie mitnehmen in einen Moment, in dem ich ängstlich war“, leitete die Autorin für die Zuhörerinnen ein. Damals habe sie sich vorgenommen, einen Menschen zu besuchen, dem Gott begegnen sollte. Vor ihrem inneren Auge sei ihr der Wohnwagen der Prostituierten erschienen. Doch glücklich war sie damit nicht, so Becker. Fragen kamen auf. Was ist, wenn sie auf den Zuhälter trifft? Und wenn gerade ein Kunde da ist? Dennoch machte sie sich auf den Weg, betete aber, dass niemand da sein möge, sagte Becker. Doch daraus wurde nichts. Am Fenster des Wohnwagens saß Liz. Ein „Hallo“ wurde ausgetauscht, dann Schweigen, bis sich doch noch ein Gespräch entwickelte. Tags darauf folgte der nächste Besuch, die beiden Frauen saßen im Wohnwagen, redeten, sangen, lachten und weinten. Über ein paar Monate ging das so. „Ich war herausspaziert und war verwirrt“, sagte Bettina Becker über die Begegnung.

Vorher sei ihr Weltbild sehr klein gewesen. „Durch das Herausspazieren können wir viel gewinnen“, fuhr sie fort. So habe sie durch Liz gelernt, dass die Welt nicht nur schwarz oder weiß ist. Und: „Wer keine Angst hat, kann nicht mutig sein.“ Bei jedem Menschen gebe es etwas Schönes zu entdecken, sagte sie. „Besonders bei denen, die uns Angst machen“, erklärte Becker. Überall etwas Schönes zu finden, das sei auch das Motto des Magdeburger Vereins Sunrise, den sie mitbegründet hat. Ein Kindertheater für Geflüchtete oder die Fußballfreizeitmannschaft 1. FC Knast 09 zählen zu den Projekten des Vereins.

Doch Menschen, vor denen man Angst hat, müssen nicht im Knast oder aus dem Rotlichtmilieu sein. Jeder könne Orte finden, an denen man mit der persönlichen Leidenschaft in der Not helfen kann. Leidenschaft, das könnten Hobbys wie die Malerei oder das Kuchenbacken sein. Der Erfolg ist dabei nicht, den Gegenüber zu ändern oder wenn etwa ein Projekt gelungen ist. „Erfolg ist, wenn Menschen geliebt werden“, so Bettina Becker. „Liebe ist anstrengender als jedes Projekt“, ergänzte sie.

Neben Bettina Becker hatte auch die Neuferchauerin Christina Pauls einen kurzen Auftritt beim Frauenfrühstück, das von elf ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen aus Klötze und Umgebung vorbereitet und von einem Gitarrentrio begleitet wurde. Pauls stellte der Runde ihr Hobby, die Malerei, vor. Mitgebracht hatte sie einige ihrer Werke mit Landschaftsmotiven. „Als Kind habe ich schon viel gemalt“, sagte Pauls. Durch den Beruf habe sie ihr Hobby 35 Jahre lang fast gar nicht mehr verfolgt. Jetzt, als Rentnerin, habe sie aber wieder viel Zeit dafür. Ausgestellt hat sie ihre Bilder schon in der Region, sagte sie.