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Hilfsprojekt Spirulina gegen Mangelernährung

Jörg Ullmann aus Klötze unterstützt ein Projekt in Kolumbien. Dabei soll mit der Alge Spirulina die Mangelernährung bekämpft werden.

Von Markus Schulze 29.06.2016, 03:00

Klötze l Kolumbien hat etwa 48 Millionen Einwohner. Dem Staat wird landwirtschaftlich ein großes Potential bescheinigt. Außerdem werden reiche Gasvorkommen vermutet. Allerdings herrschten in der Republik über Jahrzehnte hinweg bürgerkriegsähnliche Zustände zwischen Polizei, Guerillas und paramilitärischen Gruppen. Hinzu kommt der anhaltende Einfluss der Drogenmafia. Dem kriminellen Strudel zu entgehen, ist nicht leicht. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unter widrigsten Umständen. Ein Drittel ist obdachlos. Vor allem auf dem Land sind die Auswirkungen der Armut spürbar. Es fehlt an sauberem Trinkwasser und sonstigen hygienischen Standards. Viele Menschen leiden unter mangelnder Ernährung. Um zumindest diesem Problem habhaft zu werden, hat die Firma Agro Atlantida, bei der sich ansonsten alles um hochwertiges Fisch- und Schweinefleisch dreht, ein Hilfsprojekt ins Leben gerufen. Hierbei geht es darum, die Alge Spirulina in Kolumbien als Nahrungsergänzungsmittel einzuführen. Und genau an diesem Punkt kommt Jörg Ullmann ins Spiel. Der Geschäftsführer von Roquette in Klötze bekam am Montag Besuch von Pamela Reatiga und Javier Fernandez. Die beiden Gesandten aus Südamerika wollen sich sein biologisches und auch betriebswirtschaftliches Wissen zunutze machen.

Zum einen in Bezug auf die Produktion von Spirulina, die in Aquakulturen erstellt, durch Filter und Zentrifugen gepumpt, getrocknet und schließlich zu Tabletten gepresst, in Kapseln eingeschlossen oder auch pulverisiert wird. Zum anderen aber auch in puncto Öffentlichkeitsarbeit. So stehen Reatiga und Fernandez nämlich vor der Herausforderung, die Blaualge in der Bevölkerung überhaupt bekannt zu machen und in den Alltag zu integrieren. Das ist kompliziert, weil die meisten Menschen weder lesen noch schreiben können und Neuerungen skeptisch gegenüberstehen. Da ist allerlei Einfallsreichtum gefragt. Beispielsweise wurde eigens ein Lied komponiert. Außerdem suchen zwei Helfer in Superhelden-Kostümen, „Spiru-Man“ und „Spiru-Girl“, den Kontakt zu den Einheimischen, klären auf und demonstrieren mittels ihrer sportlichen Figur, dass Spirulina sehr gesund ist. Für Jörg Ullman, der das Projekt nicht geschäftlich, sondern rein privat begleitet, steht das außer Frage. Er sagt: „Studien belegen, dass ein bis drei Gramm Spirulina pro Tag, eingenommen über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen, alle Symptome von Mangelernährung beheben kann.“

Diese Erfahrung haben auch Reatiga und Fernandez bereits gemacht. Im Gespräch mit der Volksstimme betonten sie, dass die erste Phase des Projekts, in dem 30 Kindern einen Monat lang Spirulina gegeben wurde, ein voller Erfolg war. Kinder, die zuvor Mangelerscheinungen wie gelbliche Haut oder eingefallene Augenpartien hatten, ging es deutlich besser. Der Appetit wurde angeregt, das Konzentrationsvermögen nahm zu.

In einer zweiten Phase des Projekts, in das zurzeit zwei Ärzte und ein Psychologe involviert sind, sollen nun 800 Menschen mit Spirulina versorgt werden. Mit der Regierung laufen sogar Gespräche, um noch weiter zu expandieren. Ziel soll es sein, Spirulina im großen Stil zu produzieren und als zusätzliche Nahrungsquelle in den ärmeren Gegenden von Kolumbien zu etablieren.

Jörg Ullmann, der von Reatiga und Fernandez im vergangenen Jahr angesprochen wurde, will die Initiative gerne unterstützen. Denn: „Man kann sich nicht vorstellen, wie arm die Leute in Kolumbien sind. Aber durch das Projekt kann man mit einfachen Mitteln ganz viel erreichen und dazu beitragen, ihr Leben zu verbessern und die Sterblichkeitsrate zu senken.“ Zumal Spirulina, wie Ullman erklärt, über viele Nähr- und Vitalstoffe verfügt und den Körper auf diese Weise blitzschnell mit allem Nötigen versorgt. Das Immunsystem wird gestärkt, das Krankheitsrisiko reduziert und die Gehirnleistung gesteigert. Für den Roquette-Geschäftsführer ist es daher kein Wunder, dass sich weltweit verschiedene Hilfsorganisationen für die Algenzucht einsetzen, um unterversorgte Menschen wieder aufzupäppeln.

Das Projekt in Kolumbien findet seine volle Bewunderung („fantastisch“), ebenso wie das Engagement von Pamela Reatiga und Javier Fernandez, die „tolle Arbeit“ leisten, wie Ullmann lobt.

Umgekehrt freuten sich die Kolumbianer darüber, in Ullmann einen Experten gefunden zu haben, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen möchte. „Das ist sehr wichtig für uns“, bekräftigten die Biologen, die den Klötzer dazu einluden, nach Kolumbien zu reisen und sich das Projekt aus nächster Nähe anzusehen. „Das Angebot nehme ich gerne an“, versprach Ullmann.