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Innenstadtfest Der Mann hinter dem Martinimarkt

Klaus Bergmann von der Klötzer Stadtverwaltung ist der Meister des Martinimarktes. Er organisiert das Fest zum letzten Mal.

Von Meike Schulze 25.10.2018, 06:00

Volksstimme: Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben, jetzt wo die Vorbereitungen im Endspurt liegen. Wie lange sind Sie schon Marktleiter?

Klaus Bergmann: Seit zehn Jahren und alleine. Davor habe ich zusammen mit dem damaligen Marktleiter, Werner Steding, gemeinsam diese umfangreiche Arbeit im Außenbereich erledigt.

Dann gibt es ja ein Jubiläum zu feiern!

Ja (lacht). Ein anderes gab es schon. Im September hatte ich 65. Geburtstag. Das bedeutet, dass es der letzte Martinimarkt unter meiner Leitung sein wird.

Sie arbeiten schon eine gefühlte Ewigkeit bei der Stadt, wie lange genau?

Jetzt bin ich im 43. Jahr. Seit einigen Jahren bin ich der dienstälteste Mitarbeiter. Frisch verheiratet und von der Armee wieder da, wurde ich mit 22 Jahren der erste Sportstättenleiter, den die Stadt je hatte. Dann qualifizierte ich mich für den Verwaltungsberuf, wurde dem Bauamt zugeordnet und war später Referatsleiter im Ressort Verkehr, Energie, Umweltschutz, Wasserwirtschaft und Landwirtschaft.

Sie stammen aus Sachsen, was man Ihnen kaum noch anhört. Also sind Sie der Liebe wegen nach Klötze gekommen? Erzählen Sie mal.

Geboren bin ich in Hohenstein-Ernstthal, direkt an der Sachsenring-Rennstrecke, und groß geworden in Stollberg im Erzgebirge. Meine Armeezeit hatte ich bis 1976 zwischen Barth und Zingst an der Ostsee und habe dort 1975 bei einem Tanzabend in Zingst meine Frau, die aus Klötze stammt, kennengelernt.

Können Sie sich noch an Ihren ersten Martinmarkt in Klötze erinnern?

Nein, leider nicht. Bei meiner Arbeit hatte ich aber schon immer etwas damit zu tun, war unter anderem für die Straßensperrungen und für die Arbeit der heutigen Stadtwirtschaft verantwortlich.

Sind Sie selbst Rummelfan und Karussellfahrer?

Früher war ich das, habe jedes Karussell mitgenommen.

Fahren Sie heute noch Karussell?

Mitunter, aber seltener. Während der Markttage habe ich so gut wie keine Freizeit, sondern andere Aufgaben. Da wird es immer sehr stressig und meine Frau sieht mich eigentlich gar nicht, außer wenn sie mir beim Päckchen packen für die Kinder hilft. Jeder, der bei der Supertalent-Show mitmacht, bekommt ja Geschenke und Freikarten.

Apropos: Die Show war einst Ihre Idee. Erinnern Sie sich noch an die Anfänge?

Natürlich. 1994 ging es mit der Mini-Playback-Show los. Große Unterstützung gab es von der Grundschule. Dann folgte 2003 eine Neuerung mit der Show „Klötze sucht den Superstar“ und seit 2010 suchen wir das Supertalent. Da wirken jedes Jahr bis zu 30 Kinder und Jugendliche mit, was echt toll ist.

Auch für andere Dinge um den Martinimarkt waren Sie Ideengeber. Welche genau?

Die Martinimarkt-Tassen, die es dieses Jahr auch in grün gibt, Beutel, Shirts und Pullover sind alle auf meinem Mist gewachsen sowie auch der große Ballon. Ich war schon damals der Auffassung, dass hier etwas an den Himmel muss, um dieses Fest einmalig zu machen. Den Ballon habe ich mit einer Ballonfirma zusammen entworfen, ihm das Gesicht gegeben und ihn herstellen lassen. Ein großer Dank gilt hierbei der Firma EAK aus Klötze, die die Kosten für die Herstellung übernommen hat. Besonders Christian Hundertmark hat mir volles Vertrauen entgegengebracht und mir freie Hand vom Entwurf bis zur Herstellung gelassen. Andreas Gayko stellt uns jedes Jahr kostenlos einen Kran zur Verfügung, damit der Ballon zirka 48 Meter hoch über dem Festgelände hängen kann. Auch ihm gilt mein Dank.

Wie groß ist das Festgelände, wie viele Schausteller bauen dieses Jahr dort auf und welche sind zum ersten Mal dabei?

Die Festmeile umfasst 16 000 Quadratmeter. Dieses Jahr haben wir 92 Geschäfte. Neu sind unter anderem Chaos-Airport, ein Laufgeschäft, die Riesenschaukel Artistico, das Hoch- und Rundfahrgeschäft Playball und der Ausschank Irish-Pub.

Das Publikum besteht aber auch auf bekannte Geschäfte. Welche sind die Dauerbrenner?

Riesenrad, Jaguarbahn, Auto-Skooter, Pferderennen, Entenangeln, Kinderkarussells, Enzianhütte, Kaminzimmer und etliche andere. Eigentlich haben wir nur tolle Geschäfte hier stehen.

Nach dem Fest ist vor dem Fest. Haben Sie schon eine Mappe mit Unterlagen für 2019?

Ja, die ist schon gut gefüllt, das ist eine Endlosschleife. Es muss so sein, damit es rund läuft.

Was ist dafür noch alles zu tun?

Das alles aufzuzählen, würde den Umfang sprengen. Das beginnt mit dem tabellarischen Erfassen der rund 330 Bewerbungen in Verbindung mit den wichtigsten Parametern wie Maße, Wasser- und Strombedarf sowie Art der Geschäfte. Nach Bewerbungsschluss wird eine Auswahl der Geschäfte vorgenommen.

Dabei wird alles verglichen und gründlich hinterfragt. Dann wird eine Zusagenliste und ein digitaler Plan vom Festgelände mit allen möglichen Standplätzen erstellt. Dafür sind aber schon die Gegebenheiten vor den einzelnen Grundstücken in der Festmeile und die Forderungen der einzelnen Grundstückseigentümer zu berücksichtigen. Dann werden Verträge erstellt und die Vorbereitung der vielen notwendigen Dinge beginnt. Dazu gehört die Werbung auf Großflächen, Plakaten, Aufstellern, in der Presse, dem Nahverkehr und so weiter. Dann geht es an die Überprüfung der E-Anschlüsse, Standrohre zur Wasserversorgung, die Sicherstellung der Müllentsorgung, die fünf WC-Wagen mit Wegweisung, Bauzaunbeschaffung, Wachschutz, Straßensperrung, Feuerwerk, zusätzliche Parkplätze für Besucher und Anwohner, Einweisung der Schausteller mit Kulturprogramm, Organisation beim Auf- und Abbau und und und. Jeder muss sich bei mir melden, wenn er hier auffahren möchte und auch im Vorfeld in etwa sagen, wann er eintrifft. Dann kann ich prüfen, ob das so möglich ist oder kann dem Schausteller vorgeben, wann er kommen darf. Das ist wichtig, um Chaos im Stadtbereich zu vermeiden und den großen Fahrgeschäften ein ungehindertes Auffahren zu ermöglichen.

Das hört sich nach jeder Menge Stress und Organisationstalent an.

Ja. Oft glühen mir am Abend die Ohren vom Telefonieren. Es werden zum Beispiel für die Oebisfelder Straße und gewisse Engstellen erst am Mittwoch Auffahrerlaubnisse erteilt, um den Aufbau im Stadtgebiet auch für einheimische Firmen erträglicher zu machen. Da hilft nur ein konsequentes Durchgreifen, sonst hat man richtig Ärger. Telefonate für den Aufbau werden schon oft Tage vorher geführt. Es müssen dann hier vor Ort die genauen Maße für das entsprechende Geschäft stimmen. Oft gibt es Differenzen. Und wenn es nicht passt, kann es passieren, dass derjenige wieder nach Hause fahren muss.

Und woher wissen alle, vor allem die neuen Geschäfte, wo sie zu stehen haben?

Der Standplatz wird jedem von mir genau zugewiesen. Dafür sind im Vorfeld auch Anwohnergespräche nötig. Dadurch wird eine schöne gerade verlaufende Front der Geschäfte erreicht und sicherheitsrelevante Abstände und andere Dinge werden gleich mit berücksichtigt, wie Strom- und Wasserbedarf und so weiter.

Was ist, wenn ein Geschäft mal kurzfristig seine Teilnahme absagt?

Das gab es dieses Mal auch. Der Simulator hat vor sechs Tagen abgesagt und ich habe schnellstens Ersatz finden müssen, der von den Abmaßen und anderen Bedingungen her passt. Statt des Simulators kommt jetzt der Aviator. Der stand schon mal am Braunschweiger Hof und jetzt erstmals in der Kirchstraße.

Wie wird das Gleichgewicht der Geschäfte gewahrt und wie ergattern Sie die Premieren?

Alle Schausteller müssen sich immer wieder neu bewerben. Wer das nicht tut, hat Pech. Bewerbungsschluss ist immer der 31. Dezember des Vorjahres. Dann wird nach Art des Geschäftes und Platzbedarf sortiert und geplant. Es gibt Stellen, an denen jedes Jahr die gleichen Geschäfte stehen, und Stellen, auf denen die Angebote wechseln. Wenn ich privat unterwegs bin, auch mal in Soest in der Nähe des Ruhrgebietes, wo die größte Innenstadtkirmes Deutschlands stattfindet, werbe ich bei den Schaustellern für den Martinimarkt in Klötze. Und tatsächlich bewerben die sich dann mitunter. Ich spreche auch sonst überall spezielle Geschäftsinhaber von sehr guten Geschäften direkt an.

Ich kann mir vorstellen, dass das, was Sie leisten, von vielen verkannt wird.

Ja, das ist ganz bestimmt so.

Gab es für Sie ein persönliches Highlight auf dem Martinimarkt?

Ja, schon öfter. Vor drei Jahren zum Beispiel auf der Kirchstraße Pirates Adventures. Das ist das größte, modernste und teuerste Laufgeschäft in Europa, das hatte bis dato in Sachsen-Anhalt nur auf der Eisleber Wiese gestanden. Ich hatte das Geschäft einst in Soest entdeckt. Und fünf Jahre hat es gedauert, es hierher zu bekommen. Aber auch nur durch mündliche Werbung über deren Bekannte, die hier sehr zufrieden waren. Auf meine Frage an diese Schausteller, ob der Ausspruch „Klötze ist das Soest des Ostens“ übertrieben oder untertrieben ist, wurde mir geantwortet: „untertrieben“. Denn Soest hat durch das Ruhrgebiet ein viel größeres Umfeld als Klötze. Wenn man aber am Ende der Veranstaltung, die in Soest auch fünf Tage dauert, seine Einnahmen vergleicht, müsste der Klötzer Martinimarkt noch höher eingestuft werden. Dann höre ich oft, dass wir uns besser vermarkten sollten, zumal man Klötze noch nicht einmal richtig auf der Landkarte finden würde.

Was steht dieses Jahr an der Stelle?

Chaos Airport. Das ist auch ein großes Laufgeschäft. Es ist dem Flughafen Berlin nachgestellt. Und bevor der fertig wird, wollten wir das Geschäft hier mal stehen haben. Der Inhaber hat sich seit zwei Jahren beworben.

Sie sagten, es ist Ihr letzter Einsatz als Marktleiter, gibt es einen Nachfolger und wird der schon eingearbeitet?

Bis jetzt ist mir nichts Konkretes bekannt. Es ist zwar ein Name im Gespräch, aber Genaues weiß ich nicht.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Martinimarktes?

Dass die Stadt dem Fest den hohen Stellenwert gewährt, den es verdient. Der Martinimarkt hat eine enorme Strahlkraft für die gesamte Region. Ich wünsche mir, dass das auch die nächsten 100 Jahre so bleibt. Und dass die Ausrichtung des Marktes in den Händen der Stadt bleibt.