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Interview Dalbert: Jäger mehr einbinden ist möglich

Vor ihrem Besuch in Oebisfelde sprach die Volksstimme mit Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert. Auch über das Thema Wolf.

Von Harald Schulz 16.05.2016, 03:00

Volksstimme: Frau Ministerin, über welche Instrumente soll eine einvernehmliche Zusammenarbeit beider Länder für ein funktionierendes Biosphärenreservat dauerhaft erreicht werden?

Dalbert: Mit der Erarbeitung des Eckpunktepapieres ist zugleich eine weiterführende inhaltliche Abstimmung zwischen den beiden zuständigen Ministerien in den Bundesländern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie mit der Naturparkverwaltung und den Trägern des ehemaligen Naturschutzgroßprojektes in Niedersachsen, insbesondere dem Landkreis Gifhorn, erfolgt. Es wird zwischen den beiden Bundesländern beziehungsweise Ministerien eine Vereinbarung geben, die die Zusammenarbeit regelt.

Die länderübergreifende Zusammenarbeit im Drömling hat durch die Naturschutzgroßprojekte in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen bereits Tradition und es bestehen generell gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit wie beim länderübergreifenden Unesco-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe und beim länderübergreifenden Nationalpark Harz.

Welche Funktionen und Aufgaben wird dabei die Naturparkverwaltung Drömling in Oebisfelde übernehmen? Kommt es zur Änderung des Status Quo?

Die Verwaltung des Naturparks Drömling bildet den Grundstock der zukünftigen Biosphärenreservatsverwaltung im Drömling. Eine personelle Verstärkung insbesondere für den Bereich zur Umsetzung des von der Region gemeinsam mit der Naturparkverwaltung erarbeiteten Tourismuskonzeptes soll durch Niedersachsen gesichert werden. Die Aufgaben bleiben ähnlich und richten sich aber noch stärker an den Kriterien für Unesco-Biosphärenreservate aus. Dabei werden eine einheitliche Regional- und Tourismusentwicklung für den gesamten Naturraum des Drömling einen noch höheren Stellenwert als bisher erhalten.

Werden den Einwohnern im Biosphärenreservat und dessen Anrainern Mitsprache und Mitgestaltungsrechte bei möglichen Veränderungen der Biosphäre-Grenzen eingeräumt?

Die Ausweisung des Biosphärenreservates erfolgt in Sachsen-Anhalt über ein Verordnungsverfahren. Die Unterlagen werden, wie gesetzlich vorgeschrieben, öffentlich ausgelegt und jeder kann sie einsehen und sich zu Wort melden. Zudem sind mit den regionalen Akteuren nicht nur die Eckpunkte, sondern zum Teil bereits sehr detailliert die Abstimmungen erfolgt. Dies wird in der Form einer Verordnung geschehen. Dem Verordnungsentwurf werden sogenannte TK10-Karten beigefügt, so dass die Abgrenzungen für alle nachvollziehbar eingesehen werden kann.

In der Diskussion um das Eckpunktepapier und vor allem nach dem von der länderübergreifenden Arbeitsgruppe Drömling organisierten Besuch im niedersächsischen Biosphärenreservat Elbtal im September 2015 ist mit den regionalen Akteuren Konsens erzielt worden, dass ein Beirat aus Vertretern der Region die Arbeit der Biosphärenreservatsverwaltung begleiten soll. Die Einrichtung eines Beirats wird in jedem Fall im Verordnungsentwurf Eingang finden.

Wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, dass insbesondere landwirtschaftliche Betriebe existenzsichernd im Einzugsbereich des Biosphärenreservats wirtschaften können?

Im Drömling bestehen seit jeher leistungsstarke Landwirtschaftsunternehmen. Für sie sind wesentlich die Vorgaben der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union unabhängig vom Status Naturpark oder Biosphärenreservat. Zugleich gibt es seit über zwei Jahrzehnten eine enge Zusammenarbeit der Naturparkverwaltung mit den landwirtschaftlichen Unternehmen im Drömling und deren Interessenverbänden. Nur so war und ist es möglich, sowohl die Interessen der Landwirtschaft als auch des Naturschutzes zu befördern und dort, wo Konflikte unvermeidbar sind, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Beides – GAP und die Zusammenarbeit vor Ort – wirkt existenzsichernd und ist ein Plus für die Region.

Stichwort sanfter Tourismus: Der Drömling als Naherholungsregion gilt bei den Angeboten der Gastronomie, insbesondere bei den Herbergen, als eine Region mit großem Nachholbedarf. Wo sehen Sie Möglichkeiten, gezielte Anreize zu setzen?

Für den Drömling ist 2015 ein Konzept erstellt worden, um über Tourismus und Vermarktung die Standortvorteile auszubauen. Die Naturparkverwaltung hat dabei wesentlich mitgewirkt. Die Biosphärenreservatsverwaltung wird zukünftig die Kommunen bei der Umsetzung unterstützen können. Dabei wird die Region mit dem Label „Unesco-Biosphärenreservat“ überregional werben können und neue Zielgruppen erreichen.

Müssen die Biberpopulationen im Drömling und deren Auswirkungen auf die Umweltzonen/Landwirtschaft nach Ihrer Auffassung zukünftig kritischer beurteilt werden?

Der Biber zählt zu den streng geschützten Arten. Dennoch verlangen die Folgen der Aktivitäten des im Drömling heimischen Bibers oft ein schnelles Reagieren, um Schäden für die landwirtschaftliche Nutzung zu minimieren. Eine unter diesem Aspekt für erforderlich erachtete Einflussnahme auf Vorkommen des Bibers unterliegt den im Paragraf 45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes definierten Voraussetzungen und Möglichkeiten. Das Ausschöpfen der rechtlich zulässigen Maßnahmen zur Konfliktminimierung und die fachliche Beurteilung zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen bilden das Grundgerüst, um menschliche Nutzung und Schutz der Art weitestgehend in Übereinstimmung zu bringen.

Die Ausweisung unterschiedlicher Schutzgebietskategorien hat in diesem Zusammenhang keinen Einfluss auf den Umgang mit dieser Art. Das Zusammenwirken von Unterhaltungsverband Oberer Ohre, der Naturparkverwaltung und der Landesreferenzstelle hat sich im Drömling bewährt.

Der Nachweis von Wölfen im Drömling ist geführt. Welche Schutzmaßnahmen für Mensch wie Wolf halten Sie erforderlich, um das Mitein­ander im Naturpark Drömling wie in einem möglichen Biosphärenreservat zu gewährleisten?

Mit der Überarbeitung der Leitlinie Wolf wird eine aktualisierte Anweisung für die Behörden und eine Information für die Bürger in Sachsen-Anhalt zum Thema Wolf vorliegen. Da im Drömling regelmäßig mit Wölfen zu rechnen ist, müssen sich die Nutztierhalter auch in dieser Region darauf einstellen und entsprechende Präventionsmaßnahmen ergreifen.

Das Land unterstützt dies durch die Förderung von Präventionsmaßnahmen und durch den Ausgleich von Schäden durch Wolfsübergriffe. Trotzdem bleibt der Wolf ein sehr emotionsgeladenes Thema. Deshalb ist von Seiten des Landes beabsichtigt, die Aufklärung und Präventions-Beratung zu intensivieren.

Das erfolgt durch Mitarbeiter der Landes- und Kreisverwaltungen, sowie ehrenamtlich, beispielsweise durch Naturschutzverbände. So auch im Drömling.

Können Sie sich vorstellen, dass die Jägerschaft intensiver als bisher dabei unterstützt wird, Raubwild wie Dachs, Marderhund, Mink und andere zu bejagen, damit die Populationen der Singvögel und erdbrütenden Vogelarten mehr Schutz erhalten? Könnten solche Maßnahmen nach Ihrer Einschätzung auch in einem Biosphärenreservat erfolgen?

Der negative Einfluss nichtheimischer Arten wie Waschbär, Marderhund und Mink auf die heimische Fauna ist unbestritten und erkennbar. Die stark zunehmenden Bestände dieser Arten, insbesondere des Waschbären, sind dafür ein deutliches Zeichen. Sie erfordern ein landesweites Gegensteuern. Allerdings müssen derartige Maßnahmen mit der Sicherung und Erhaltung der für die beeinträchtigten Arten erforderlichen Lebensräume einhergehen. Insbesondere bei den Wiesenbrütern haben die Nutzungsintensität und die Struktur der Landschaft mindestens einen ebenso großen Einfluss, wie vorhandene Prädatoren.

Das gilt auch in den Grenzen eines Biosphärenreservates Drömling. Innerhalb dessen Grenzen sind Maßnahmen zum Schutz sowohl von bodenbrütenden Vogelarten als auch anderen Arten durch präventives Vorgehen gegen Raubwild im Einklang mit den Bestimmungen zum Schutzgebiet und den bestehenden vorhandenen Zonen zu treffen. Eine weitere Unterstützung der Jägerschaft ist möglich, sollte aber spezifisch ausgearbeitet werden und sich konkret an bestimmte Zielstellungen orientieren.