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Junge Archäologen Eintauchen in das Leben vor Christus

Die Pandemie hat auch die Jungen Archäologen der Altmark zum Stillstand gezwungen. Eine Rettungsgrabung brachte aber interessante Funde.

Von Anke Pelczarski 25.02.2021, 01:00

Rohrberg l Ruhig ist es in den Vereinsräumen der Jungen Archäologen der Altmark im Rohrberger Rathaus. Nur Vorsitzender Thomas Janikulla und Kassenwart Heiko Meyer haben sich verabredet. Sozusagen Vorstandsarbeit im Kleinen. Mehr sei aufgrund der Einschränkungen, bedingt durch die Corona-Pandemie, derzeit nicht drin.

Eigentlich, so erinnern sich die beiden, war sonst am Montagabend immer Treffpunkt für das gemeinsame Arbeiten. Fünf bis sieben Mitglieder, so der Schnitt, seien mit dem Auswerten und Aufarbeiten von Funden beschäftigt gewesen, die bei der zweiwöchigen Ausgrabung im Sommer 2019 nahe Rockenthin ans Tageslicht gekommen seien, erinnert sich der Chef. Doch seit Mitte März des Vorjahres sei alles anders. Lockdown. „Die Jahreshauptversammlung am 7. März 2020 konnte gerade noch stattfinden“, erinnert sich der Vorsitzende. Dann sei es ruhig geworden. „Auch das Sommerlager 2020 bei Rockenthin musste aufgrund der Lage leider abgesagt werden.“

Doch im Oktober, als etwas gelockert wurde, durften die Mitglieder – aktuell sind es 104, ergänzt Heiko Meyer – ihrem Hobby mal wieder frönen. Eine Rettungsgrabung in der nördlichen Altmark stand an. „Das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Halle/Saale hat uns um Unterstützung gebeten“, erzählt Thomas Janikulla. Bei einer Notbergung im Jahr 2018 sei ein Gräberfeld aus der vorrömischen Eisenzeit (einzuordnen etwa 800 bis zirka 50 vor Christus) genauer unter die Lupe genommen worden, das zuvor ein Sondengänger lokalisiert hatte. Im Jahr darauf hätten Vereinsmitglieder innerhalb von drei Tagen 89 Gräber entdeckt. Damit sei die gesamte Fläche nicht abgedeckt gewesen. „Deshalb haben wir im Vorjahr für eine Woche Quartier im Kinder- und Erholungszentrum Arendsee bezogen, sind von dort aus zur Stelle gefahren, die wir untersucht haben“, berichtet der Vorsitzende. Den genauen Ort nennt er mit Bedacht nicht: Sonst drohe die Gefahr, dass Raubgräber aktiv würden, begründet er diese Entscheidung.

Auf die Mitglieder und ihr Engagement sei Verlass gewesen: Etwa 30 von ihnen hätten – manche tageweise, andere länger – mit angepackt, um Zeugnisse der Geschichte sicherzustellen. „Wir konnten etwa 90 weitere Gräber lokalisieren und bergen“, nennt der Vorsitzende das Ergebnis. Bei dieser Menge habe jeder Ausgräber seinen eigenen Bereich gehabt, um den er sich kümmern durfte. „Solch eine Grabung ist interessanter als eine Siedlungsgrabung, weil der Erfolg des Findens eher da ist“, beschreibt Heiko Meyer.

Zum Vorschein gekommen seien Urnengräber, Brandschüttungsgräber sowie Einzelfunde, listet er auf. Allerdings seien nicht alle Urnen unbeschädigt gewesen: Die Last von Forstfahrzeugen habe für Zerstörungen gesorgt. Vor Ort seien Fundzettel per Hand ausgefüllt worden. Aber auch die elektronische Datenverarbeitung sei zum Einsatz gekommen. Dazu würden das Einmessen, das Scannen und auch das Fotografieren gehören, listet Thomas Janikulla auf.

Die Menge der Funde habe schon überrascht. Die Neugier, welche Beigaben in den Urnen zu finden seien, werde auch gestillt. „Wir sind froh, dass Bärbel Heußner und ihr Sohn Johannes mit dabei waren bei der Grabung“, erzählt der Vorsitzende. Bärbel Heußner sei eine Diplom-Prähistorikerin, die unter anderem auf das anthropologische Untersuchen von Leichenbrand spezialisiert sei. „Sie hat die Urnen mitgenommen und diese untersucht“, schildert Heiko Meyer.

So wissen die Jungen Archäologen jetzt beispielsweise, dass die Vorfahren aus den Kernen von Tollkirschen Perlen hergestellt haben – weil es in der Region keine Perlen gegeben habe. Johannes Heußner begleite die Ausgrabung wissenschaftlich. „Wir haben noch nicht das komplette Gräberfeld sichergestellt, wollen die Arbeit, wenn es möglich wird, dieses Jahr im Herbst fortsetzen“, blickt der Vorsitzende voraus. Dann hofft er wieder auf den Einsatz der Vereinsmitglieder, mit denen vorübergehend durch Whatsapp der Kontakt gehalten werde. „Zur Jahreshauptversammlung können wir uns leider nicht sehen. Diese war für den 6. März geplant. Doch wir haben den Termin abgesagt – wegen des Lockdowns“, sagt Thomas Janikulla.

Er hofft aber, dass das Grabungslager bei Rockenthin im Sommer wieder stattfinden kann. Es soll, wenn es die Bedingungen erlauben, Mitte August beginnen. Dann soll die erneuerte Grabungsausrüstung erstmals zum Einsatz kommen. „Wir haben im Dezember eine finanzielle Zuwendung vom Deutschen Verband für Archäologie erhalten“, erinnert der Vorsitzende. Vom Geld seien unter anderem ein neues Küchenzelt, eine Motorsäge, Freischneider, Notstromaggregat, Bierzeltgarnituren, Kleinwerkzeug und eine Duschstation gekauft worden, listet Heiko Meyer auf. Aber auch ein Beamer, drei Laptops sowie Verdunkelungsrollos und Lamellenvorhänge für den Vereinsraum konnten erworben werden. Beim Einholen von Angeboten habe sich nicht nur der Kassenwart sehr engagiert, sondern auch Vorstandsmitglied Markus Schulze und Vereinsmitglied Uwe Lasch, bedankt sich Thomas Janikulla.

Einzelne Vereinsmitglieder, schildert der Vorsitzende, seien darüber hinaus im Auftrag des Landesamtes baubegleitend im Vorjahr unterwegs gewesen, beispielsweise in Klötze, Peckfitz und Siedenlangenbeck. „Wir schauen dann bei Bauarbeiten, ob in der Erde archäologische Funde zu Tage kommen. Wenn diese in einer Vielzahl auftreten, dann muss näher untersucht werden“, erklärt Heiko Meyer. Diese Kooperationsaufgabe würden die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder, die sich das nötige Fachwissen erworben haben, gern übernehmen.