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Kiefernschädlinge Wenn Männer Puppen suchen

Im Betreuungsforstamt in Klötze suchen Männer Insekten in angelieferter Erde. So ermitteln sie die Gefahr durch Schädlinge.

Von Siegmar Riedel 09.02.2017, 02:00

Klötze l „Das ist die winterliche Puppensuche“, erläutert Forstamtsleiter Helmut Jachalke im Volksstimme-Gespräch. „Damit überwachen die Revierleiter des Landeszentrums Wald in Kiefernbeständen die waldschädigenden Insekten.“ Dazu würden der Kiefernspinner gehören, der Kiefernspanner, die Forleule und der Kiefernschwärmer. Alles Schmetterlinge, deren Raupen sich von den Nadeln der Kiefernbäume ernähren.

Auch die Kiefernbuschhornblattwespen werden mit dieser alljährlichen Aktion im Januar überwacht. „Die waren verantwortlich für den Kahlfraß in Ipse und bei Gardelegen im vergangenen Jahr sowie in den Bereichen Letzlingen und Jerchel im Jahr 2009“, verdeutlichte Jachalke die Gefahr.

Und wie funktioniert diese Kontrolle? Die Insekten haben die Angewohnheit, so erklärt der Experte, bei den ersten Frostgraden aus der Krone der Kiefern in den Boden darunter zu wandern, um dort, vor Kälte geschützt, zu überwintern. Damit kommt die Chance der Forstmitarbeiter, denn sie können die Insekten erst zählen, wenn diese am Boden sind.

Gesucht wird dabei auch nach den Gegenspielern der hier aufgezählten Schädlinge in der Bodendecke. Das vereinfachte Prinzip: Überschreitet die Anzahl der Schadinsekten einen bestimmten Wert, droht eventuell ein Befall. Ist dagegen die Menge der Gegenspieler verhältnismäßig groß, werden sie wahrscheinlich die Schadinsekten im Griff haben.

Mitarbeiter der Forstämter Letzlingen und Klötze wenden diese Stichprobenverfahren im gesamten Altmarkkreis Salzwedel an. In Abhängigkeit vom Standort, dem Bewuchs, den Bodenbedingungen und anderem wird der Boden nach einem festen Verfahren abgesucht. Wichtig ist: Es muss bereits Frost geherrscht haben, weil die Insekten erst dann ihre Wanderschaft Richtung Boden beginnen.

Weil die Suche nach den Puppen und Raupen für die Mitarbeiter bei Kälte sehr auf die Knochen gehen würde, haben sie sich eine andere Methode einfallen lassen: Sie sacken den aufliegenden Humus von dem zu untersuchenden Standort ein, fahren ihn zum Forstamtsgebäude und durchsuchen den Boden dort.

„Die bisherigen Suchergebnisse lassen zur Zeit nicht auf eine kritische Entwicklung in diesem Jahr schließen“, verrät Helmut Jachalke.

Wenn aber bei der Anzahl der Schadinsekten ein Schwellenwert überschritten wird, gibt es im folgenden Frühjahr eine weitere Kontrolle. „Zum Beispiel wird bei einer Probefällung gekuckt, ob in den Kronen Raupen zu finden sind“, erläutert Jachalke. „Manchmal können das, wie in Letzlingen, bis zu 16 000 Raupen pro Baum sein.“ Dann werde entschieden, welche Maßnahmen ergriffen würden. Es kommt auch vor, dass beispielsweise die Raupen des Kiefernspinners bei den ersten warmen Sonnenstrahlen aus dem Boden in die Baumkronen kriechen und dort munter weiter fressen.

Doch das ist noch nicht alles: In manchen Jahren gibt es bei den Schadinsekten eine zweite Generationsfolge. So bei der Blattwespe im August. „Die ist dann schwer zu fassen“, erklärt Helmut Jachalke, „weil die Raupen nur zum Teil in den Boden kriechen und sonst an den Ästen kleben bleiben.“ Eine Kontrolle sei dann nur durch Beobachtung der Fraßschäden möglich. „Sehr aufwändig und kompliziert“, sagt er.

Mitte Januar haben die Forstmitarbeiter mit dem Zählen der Insekten begonnen. Den Forstamtsleitern hilft bei der Beurteilung der Situation die Vernetzung mit den Ämtern in benachbarten Bundesländern und auch Luftbilder.

Parallel zu den genannten Kontrollen gibt es für die Überwachung von Kieferngroßschädlingen im Sommer Pheromonfallen. Die bestehen aus einem Zylinder, in dem sich ein Sexualpheromon, ein Sexualbotenstoff, befindet. Damit werden die männlichen Falter abgefangen und gezählt. So wird eine Prognose für die Entwicklung dieses Schädlings im folgenden Jahr möglich.

Im Keller des Forstamtes mussten am gestrigen Mittwoch noch 25 Säcke durchforstet werden. Jeder ist einem Bereich zuzuordnen. Die gefundenen Insekten werden in Schachteln gesteckt und in der Nordwestdeutschen forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen ausgewertet. Dort werden jeweils Empfehlungen gegeben, ob eine und welche Behandlung für einen Standort angebracht ist.