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Lohnverlust Glunz-Werk steuert auf Tarifkonflikt zu

Die Firma ist aus dem Tarifbereich des Arbeitgeberverbandes ausgetreten und plant Einschnitte für die Beschäftigten.

Von Walter Mogk 08.03.2016, 14:32

Nettgau l Im Nettgauer Holzwerkstoffzentrum der Glunz AG droht ein schwerer Tarifkonflikt, nachdem das Unternehmen den Austritt aus dem Tarifbereich des Arbeitgeberverbandes der holzverarbeitenden Industrie Sachsen-Anhalt erklärt hat. Eine erste Verhandlungsrunde mit der Tarifkommission der Industriegewerkschaft (IG) Metall führte am 18. Februar zu keinem Ergebnis. Im Gegenteil: „Die Geschäftsleitung ließ in dieser Versammlung die ‚Katze aus dem Sack‘“, teilte die Gewerkschaft mit.

So sei vom Rechtsanwaltsbüro Pavel im Auftrag der Glunz AG ein Sanierungstarifvertrag aller Glunz-Werke vorgeschlagen worden, der unter anderem die Einführung der 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich, die Kürzung des Jahresurlaubs von 30 auf 27 Tage, den Verzicht auf eine Einkommenserhöhung für die kommenden zwei Jahre sowie die Festsetzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf jeweils 1000 Euro vorsieht.

Außerdem sollen die tariflichen Zuschläge über alle Werke vereinheitlicht und eine flächendeckende neue Lohn- und Gehaltsgruppenstruktur eingeführt werden. Besitzstände, die bei der Neueingruppierung entstehen, plane das Unternehmen mit künftigen Tariferhöhungen zu verrechnen. Zudem solle es künftig eine Anwesenheitsprämie geben. Mitarbeiter, die wenig oder gar nicht krank sind, könnten mit einer Erhöhung der Beträge rechnen, bei häufiger Erkrankung seien dagegen Kürzungen vorgesehen. Nur wenn alle Punkte für immer vereinbart werden, solle es für die kommenden zwei Jahre keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

IG-Metall-Verhandlungsführer Wilfried Hartmann nannte das Angebot „empörend“. Bei Glunz werde seit Jahren nicht investiert und die Lohnquote sei im Verhältnis zum Umsatz vielfach geringer als im üblichen produzierenden Gewerbe. „Anstatt Einkommenskürzungen vorzunehmen, sollte Glunz zunächst den eigenen Holzeinkauf optimieren. Wird das Holz teuer geordert, sind die Auswirkungen erheblich“, so Hartmann. Glunz wolle die Einkommen der Beschäftigten schmälern, um eigene Fehlplanungen zu korrigieren.

Die Gewerkschaft hat berechnet, dass der Forderungskatalog der Arbeitgeber für Facharbeiter einen Einkommensverlust von zirka 3000 Euro im Jahr bedeutet - bei einer Erhöhung der Jahresarbeitszeit um 70 Stunden.

Die Zeichen stehen auf Sturm, nachdem die geforderte Rücknahme der Tarifvertrags-Kündigungen für alle Standorte durch die Unternehmensleitung nicht erfolgt ist. „Unsere Kollegen sind nicht bereit, auch nur auf einen Cent zu verzichten. Seit Bestehen des Standortes haben wir unseren Beitrag zur Sicherung dieses Werkes erbracht. Zum Beispiel indem die Belegschaft vier Stunden pro Woche mehr arbeitet. Jetzt reicht es. Unsere Kollegen sind bereit, für die gemeinsamen Forderungen zu kämpfen und werden keine Kürzungen mehr hinnehmen“, erklärte der Nettgauer Betriebsratschef Axel Krüger, der auch in der Tarifkommission des Unternehmens sitzt.

Für die weiteren Verhandlungen legte die IG Metall ihre Forderungen auf den Tisch: fünf Prozent mehr Lohn, höhere Ausbildungsvergütung, Übernahme und Fortschreibung der derzeit gültigen Tarifverträge, Abschluss eines Tarifvertrages zur Altersteilzeit und eine Vereinbarung zur schrittweisen Anpassung an das Tarifniveau der holz- und kunstoffverarbeitenden Industrie in Niedersachsen. „Wenn die Geschäftsleitung nicht bereit ist, darüber zu verhandeln, lässt sich der Tarifkonflikt kaum verhindern“, heißt es seitens der Gewerkschaft.

Im Nettgauer Glunz-Werk sind derzeit fast 400 Mitarbeiter beschäftigt, von denen nach Angaben der IG Metall 313 von den Vorhaben der Geschäftsleitung betroffen wären.

Eine Stellungnahme der Glunz AG zum aktuellen Tarifstreit und zu den Forderungen der Gewerkschaft war gestern bis zum Redaktionsschluss nicht zu erhalten.