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Partnerschaft Kleine Revolution für Algenfarmer

Die Klötzer Algenfarm hat sich einen Namen gemacht. Was sich dort vollzieht, bezeichnet Geschäftsführer Ullmann als „kleine Revolution“.

Von Siegmar Riedel 24.07.2017, 03:00

Klötze l „Bisher ging es hier nur um die Auslastung der Algenproduktion“, erklärt Jörg Ullmann, was er als Meilenstein für die Algenfarm Roquette am Rand der Stadt ansieht. „Jetzt geht es aber um Szenarien für die Kapazitätserweiterung. Das ist eine kleine Revolution für das Werk in Klötze.“

Um auch weiterhin alle Kundenwünsche erfüllen zu können, streben die Klötzer eine Kooperation mit Investoren an, die in Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern Algen produzieren möchten. „Beide Firmen passen wie Puzzleteile gut zusammen“, begründet Ullmann diesen Schritt. Und weil die Klötzer führend sind bei der Forschung an Verfahren zur Algenproduktion, ist es nicht verwunderlich, dass auch das Know-how für die Anlagen in Neustadt-Glewe seinen Feinschliff in Klötze bekommt.

Dafür ist in diesen Tagen Carolin Peper zuständig. Die 23-jährige gebürtige Potsdamerin lebt seit sieben Jahren in Großbritannien. Ihre Masterarbeit schreibt sie an der Universität of Edinburgh. Thema: „Wirtschaftlichkeitsanalyse für die Produktion von Mikroalgen in einem neuen Produktionssystem“. Nach dem Abschluss ihrer Studien soll Carolin Peper Leiterin des neuen Betriebs in Neustadt-Glewe werden. Forschungsgrundlagen und erste Rechenmodelle gehören deshalb derzeit zu ihren täglichen Aufgaben.

Bis zum Produktionsstart im Nachbarbundesland soll es drei Phasen geben. „Die erste ist die Versuchsphase für Neustadt-Glewe zum Test. Die läuft gerade“, erläutert Jörg Ullmann im Volksstimme-Gespräch. Im kommenden Jahr folgt die Pilotphase mit der Produktion der ersten Kilogramm Algen und dem Feintuning am Herstellungssystem. Der eigentliche Beginn der Produktion dort ist für 2019 geplant.

„In Neustadt-Glewe ist nur die Algenproduktion vorgesehen“, betont Jörg Ullmann. „Was davor und danach passiert, wie Trocknung, Verarbeitung der Algen und Vertrieb, passiert in Klötze.“

An dem Standort der neuen Kooperationspartner ist eine gewisse Infrastruktur bereits vorhanden. Dort wollte ein Berliner Unternehmen 2014 auf dem Gelände einer ehemaligen Gärtnerei eine „Indoor Mikroalgenzuchtanlage“ aufbauen. Mehrere Millionen Euro sollten investiert werden. Doch auch ein halbes Jahr nach dem symbolischen Spatenstich war auf dem Gelände nichts geschehen. Die Stadtverwaltung von Neustadt-Glewe zog deshalb die Reißleine und stoppte das Projekt zusammen mit der dortigen Kreisverwaltung.

Die neuen Investoren wagen nun mit den Algenfarmern aus Klötze einen Neustart. Nach den vielversprechenden Tests in den Klötzer Laboren wird derzeit eine Pilotanlage in Neustadt-Glewe gebaut. Dort Sollen Algen in Becken angebaut werden, in sogenannten Open-Pond-Systemen.

Weil diese Becken in einer überdachten Halle stehen, ist die Reinheit der Algen gewährleistet. Das Anbausystem wird dafür weiterentwickelt und an die gewünschte Alge angepasst. „Die neue Technologie wird extrem kostenoptimiert und wirtschaftlich arbeiten“, kündigt Jörg Ullmann an.

Die Klötzer Algenfarm hat damit Zugriff auf alle drei der gebräuchlichen Technologien zur industriellen Algenproduktion: In Klötze werden Algen in einem geschlossenen Röhrensystem hergestellt sowie in Fermentern. Das sind große Edelstahlbehälter, in denen Algen auf einer Zuckerart wachsen, ohne vom Licht für die Fotosynthese abhängig zu sein. Hinzukommt nun mit Neustadt-Glewe die Produktion in offenen Becken.

In zwei Wochen ist die dreimonatige Arbeit von Carolin Peper in Klötze vorerst beendet. Etwas länger dauert mit sechs Monaten das Forschungspraktikum von Manon Camaille. Die 23-jährige Französin studiert an der Universität von Straßburg Biotechnologie.

Manon Camaille hatte zuvor noch nichts mit Algen zu tun, berichtet sie. Auf die Klötzer Algenfarm ist sie im Internet gestoßen. Hier befasst sie sich jetzt in einem Forschungsprojekt mit dem „Mechanismus, wie bestimmte Inhaltsstoffe in Mikroalgen gebildet werden“, beschreibt Jörg Ullmann. Dabei würde es um den Ursprung der Inhaltsstoffe gehen, wie sie entstehen und wie sie gesteuert – angereichert oder reduziert – werden können. Welche Inhaltsstoffe das sind, soll vorerst noch ein Betriebsgeheimnis bleiben und wird nicht verraten.

„Camaille hat dabei schon sehr gute, bahnbrechende Ergebnisse erzielt“, verriet Jörg Ullmann. Ihre Erkenntnisse seien extrem wichtig für die Entwicklung bestimmter Algenprodukte. Ihre Arbeit werde eingebunden in die längerfristige Forschung in der Algenfarm.

Im September wird die junge Französin ihre Forschungsarbeit verteidigen. Jörg Ullmann versprach: „Dabei werden wir sie natürlich nach Kräften unterstützen.“