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Pflanzenwelt Halbparasiten können schön aussehen

Sie heißen Läusekraut und Klappertopf und gehören zu den Halbparasiten in der Pflanzenwelt. Zu entdecken sind sie rund um Beetzendorf.

Von Folker Rattey 01.08.2018, 20:00

Beetzendorf l Parasiten sind im Reich der Lebewesen keine Seltenheit. Sie leben auf Kosten anderer Arten. Die bekanntesten Beispiele sind Band- und Spulwürmer als tierische Innenparasiten, Läuse und Zecken als Außenparasiten und Viren und Bakterien als Krankheitserreger. Dass Parasiten auch im Pflanzenreich auftreten, ist weniger bekannt. Da unterscheidet man zwischen Halb- und Vollparasiten.

Die Vollparasiten sind chlorophyllfrei. Sie entziehen einer sogenannten Wirtspflanze alle lebensnotwendigen Stoffe. Das trifft beispielsweise für die Schuppenwurz und die Vogelnestwurz zu. Beide Arten sind in der Altmark nachweisbar.

Die Halbparasiten bilden im Gegensatz dazu grüne Laubblätter aus. Sie können also die Fotosynthese durchführen und entziehen der Wirtspflanze nur Wasser mit den darin gelösten Nährsalzen. Äußerlich ist diesen Pflanzen der Parasitismus nicht anzusehen.

Interessanterweise kommt es bei der Pflanzenfamilie der Braunwurzgewächse (früher Rachenblütler) zu einer Häufung der Halbparasiten. Das trifft für die Gattungen Wachtelweizen (Melampyrum), Läsekraut (Pedicularis) und Klappertopf (Rhinantus) zu. Diese Gattungen sind durch attraktive Arten gekennzeichnet und sollen im folgenden genauer dargestellt werden.

So zum Beispiel der Hainwachtelweizen (Melampyrum nemorosum). Bei dieser Art handelt es sich um eine der schönsten Blütenpflanzen der Altmark. Die verwachsenblättrige, zweilippige Krone ist goldgelb und färbt sich später rotbraun. Die am Grunde der Blüte befindlichen Deckblätter sind lebhaft violett gefärbt, was der mehrblütigen, einseitswendigen Blütentraube ein unvergleichliches Aussehen verleiht. Nicht selten tritt der Hainwachtelweizen in größeren Mengen auf und man muss einfach stehen bleiben, um den schönen Anblick zu genießen. Er wird bis zu 50 Zentimeter hoch und blüht von Juli bis August. Mit speziellen Saugorganen (Haustorien) werden die Wirtspflanzen (Gräser und Holzgewächse) angezapft. Das eigene Wurzelsystem der Halbparasiten ist nur schwach entwickelt.

Bei der Namensgebung der Wachtelweizenarten dürften die weizenkornähnlichen Samen Pate gestanden haben. Eine weitere Art, der Wiesenwachtelweizen, ist in unseren bodensauren Wäldern häufig zu beobachten. Seine gelben Blüten leuchten großflächig aus der eintönigen Bodenvegetation hervor.

Eine weitere halbparasitisch lebende Braunwurzgattung ist das Läusekraut (Pedicularis). In unserer Region sind zwei Arten nachgewiesen worden, die aber leider nicht mehr existieren beziehungsweise vom Aussterben bedroht sind. Ein spektakulärer Fund vom Waldläusekraut (Pedicularis silvatica) gelang im Jahre 2001 am Grenzstreifen zwischen Brome und Steimke. In einer feuchten Zwergstrauchheide gedieh ein individuenreicher Bestand, der allerdings heute leider bis auf wenige Exemplare zusammengeschrumpft ist. Entwässerungsmaßnahmen trugen mit dazu bei. Das Waldläusekraut ist ebenfalls eine sehr dekorative Pflanze. Dazu tragen die fiederschnittigen Laubblätter und die rosenroten zweilippigen Blüten bei. Der deutsche Name geht auf den Einsatz gegen Läuse zurück.

Auch der wissenschaftliche Name Pedicularis hängt damit zusammen (pediculus lat.: Laus). Vor einigen Jahrzehnten konnte auch das Sumpfläusekraut (Pedicularis palustris) westlich von Salzwedel in einer Wiesengesellschaft nachgewiesen werden. Beide Läusekrautarten sind für Deutschland Rote-Liste-Arten und stark bedroht.

Zuletzt soll noch der Klappertopf (Rhinanthus) erwähnt werden. Zwei Arten zu dieser Gattung sind noch auf den altmärkischen Wiesen nachweisbar und parasitieren auf den Wurzeln zahlreicher Gräser. Der eigentümliche Name ist davon abzuleiten, dass die reifen Samen in den trockenen Fruchtkapseln beim Schütteln ein klapperndes Geräusch verursachen. Mit den hell- bis goldgelben Blüten stellen auch diese Halbparasiten ein Schmuckelement unserer Wiesenflora dar. Es fragt sich bloß, wie lange noch. Dem gegenwärtigen Artensterben in der altmärkischen Landschaft sind viele dieser schönen Pflanzen zum Opfer gefallen.