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Ristedter Kirche Die noble Geste der Anna Bölsche

Klaus Pacholik hat sein Buch über die Ristedter Kirche überarbeitet. Jetzt informiert er über die mittellose Stifterin einer Taufschale.

Von Markus Schulze 06.08.2017, 03:00

Ristedt l Kirchen, so meint Klaus Pacholik aus Ristedt, erfüllen verschiedene Funktionen. In erster Linie dienen sie natürlich zum Gebet, zum Gottesdienst, zur Taufe und zum Abendmahl. Doch die Bauwerke können noch viel mehr sein: stumme Zeitzeugen der Geschichte. Ein Symbol für christliche Werte. Ein Raum der Begegnung. Oder ein Erkennungszeichen für die Heimat. Wer jemals nach längerer Abwesenheit in den Wohnort zurückkehrt, wird vielleicht als Erstes den Kirchturm wahrnehmen – und sich prompt zuhause fühlen. Ob bewusst oder nicht. Ob gläubig oder nicht. Davon ist Klaus Pacholik, Pfarrer im Ruhestand, überzeugt. Von Berufs wegen hat er natürlich viel Zeit in Kirchen verbracht.

Doch auch heute lösen die sakralen Gebäude in ihm noch bestimmte Emotionen aus: Friede, Freude, Ruhe, Rückbesinnung. Und anderes. Kurzum: Klaus Pacholik ist fasziniert von Kirchen, insbesondere von jener in Ristedt, mit der er sich bereits seit geraumer Zeit beschäftigt. 2012, damals wurde die Ersterwähnung von Ristedt anno 1112 sowie die Weihe der Ristedter Kirche anno 1182 gefeiert, verfasste er eine Broschüre, die sich mit der Historie der Ristedter Kirche befasste.

Nun, fünf Jahre später, hat Pacholik eine überarbeitete Fassung herausgebracht. 33 Seiten, prall gefüllt mit Wissenswertem. Im Gegensatz zur ersten Auflage sind darin auch Informationen zu Anna Bölsche zu finden, der noblen Stifterin der Ristedter Taufschale.

Sie wurde 1596 in Wittingen geboren und kam aus einfachen Verhältnissen. Im Elternhaus waren Hunger und Entbehrung alltäglich, auch wenn der Vater als Pfarrer wirkte. Dennoch reichte sein Einkommen nicht, um die Familie zu ernähren. Als seine Tochter, besagte Anna Bölsche, 30 Jahre alt war, heiratete sie einen Mann, der als Verwalter bei den Grafen von der Schulenburg in Diensten stand. Doch die Ehe verlief kinderlos, der Mann verstarb und Anna Bölsche blieb allein zurück. Mit 53 Jahren heiratete sie erneut, doch schwanger wurde sie naturgemäß nicht. Auch der zweite Gatte schied dahin und ließ Anna Bölsche mittellos zurück.

Daraufhin zog sie zu ihrem Schwager, Burchardus Ossäus, der Pfarrer in Ristedt war. Dessen Frau erwartete 1666 ihr viertes Kind. Zur Taufe stiftete Anna Bölsche eine kostbare Beckenschlägerschale, die noch heute verwendet wird. Klaus Pacholik ist von dieser Großzügigkeit sehr angetan. „Auch wenn Anna Bölsche keine eigenen Kinder hatte, wollte sie doch etwas Gutes tun.“ In Anbetracht ihrer eigenen Armut und unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg sei das ein großes Opfer gewesen.

Dass sich Menschen für die Ristedter Kirche einsetzten, zeigt sich auch am Beispiel von Johannes Ungnade, der 1634 zusammen mit zwei Kirchenältesten aus Nesenitz den Abendmalskelch stiftete. „Auch in den Wirren des Krieges sollte die Gemeinde das Heilige Abendmahl in würdiger Form empfangen“, wie Klaus Pacholik schreibt. Zwar sei durch das Material (Zinn) klar gewesen, dass die Gemeinde arm war, „aber sie gab nicht auf.“ Das mache den Kelch als Zeichen des Glaubens und der Hoffnung umso wertvoller.

Übrigens wurde das Gefäß während des Dreißigjährigen Krieges von Soldaten geraubt. Erst 360 Jahre später, 2008, tauchte es bei einem Antiquitätenhändler in Aachen wieder auf. Durch die Unterstützung von Sponsoren und einem Zuschuss der Landeskirche kaufte die Gemeinde den Kelch für den stattlichen Betrag von 3000 Euro zurück. Seither ist er wieder in Gebrauch.

Diese und viele weite Geschichten sind in „Die Kirche in Ri­stedt“ nachzulesen. Erhältlich ist das Werk bei Klaus Pacholik in Ristedt, Ristedter Dorfstraße 18, gegen eine kleine Spende, wie er sagt. Sein Dank gilt allen, die ihm bei der Arbeit zum Buch behilflich waren, unter anderem dem Salzwedeler Archivar Steffen Langusch.

Klaus Pacholik hofft, dass sich auch in anderen Orten Personen finden, die Informationen über die Historie ihrer Kirchen haben und denen an der Erstellung einer Broschüre gelegen ist. Wer Interesse hat, kann sich gerne an Klaus Pacholik wenden, Telefon 03909/47 38 31.