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Schädliche Insekten Männer auf Puppensuche

Puppenzählen ist im Betreuungsforstamt in Klötze angesagt. Das lässt Schlüsse auf einen eventuellen Befall der Kiefernbestände zu.

Von Siegmar Riedel 03.02.2018, 02:00

Klötze l Plastiksäcke voller Erde aus den Wäldern der Region türmen sich derzeit in den Kellergängen des Betreuungsforstamtes in Klötze auf. In einem kleinen Raum sitzen Hartmut Unger und Ernst-Günter Mertens an einem Tisch, der ebenfalls voller Erdboden ist. Mit den Fingern schieben sie die Haufen auseinander. Finden sie die Puppe eines Insekts, wird die in ein Kästchen gelegt.

Die winterliche Puppensuche ist in jedem Jahr eine mühselige Angelegenheit, ermöglicht aber ziemlich genaue Prognosen, welcher Kiefernbestand in den kommenden Monaten eventuell massenhaft von Schadinsekten befallen werden könnte. Dann kann gezielt bekämpft werden.

Das Prozedere kennt Frank Niebel vom Betreuungsforstamt genau. „Um den Beginn einer Massenvermehrung schädlicher Insekten zu verhindern, ist eine regelmäßige Kontrolle unerlässlich“, erklärt der Fachmann. Praktiziert werde diese Puppensuche schon seit 1891. Gesucht werde nach den Puppen des Kiefernspanners, der Forleule und des Kiefernspinners sowie nach den Kokons der Kiefernbuschhornblattwespe. Hinter diesem komplizierten Namen verbirgt sich ein äußerst gefährliches Insekt. Dieser Schädling verursachte 2016 einen Kahlfraß im Bereich Ipse und Gardelegen.

Gesucht wird auch nach den Gegenspielern der Schadinsekten, den Kokons der Schlupfwespe und den Tönnchen genannten Hüllen der Raupenfliegen. Sie gelten als nützliche Insekten, weil sie die Kokons der Kiefernbuschhornblattwespe durchbohren und so zerstören.

Das vereinfachte Prinzip des Verfahrens: Überschreitet die Anzahl der Schadinsekten einen bestimmten Wert, droht eventuell ein Befall. Ist dagegen die Menge der Gegenspieler verhältnismäßig groß, werden sie wahrscheinlich die schädlichen Insekten im Griff haben.

Exakte Vorgaben sollen dabei die Zuverlässigkeit der Prognosen erhöhen. Für die Winterkontrolle repräsentiert eine 100 mal 50 Zentimeter große Probefläche einen zwischen 100 und 200 Hektar großen Baumbestand. Dafür wird von der Probefläche die obere Waldbodenschicht bis auf die Mineralschicht abgenommen und durchsucht. Ideal für die Entnahme der Proben sind 30 bis 70 Jahre alte Kiefernbestände mit einer Fläche größer als zwei Hektar, möglichst ohne Grasbewuchs zwischen den Bäumen. In einem solchen Bestand werden zehn Suchflächen ausgewählt: fünf direkt an Baumstämmen, fünf zirka 30 Meter entfernt vom Stamm.

„Entnommen werden die Proben zwischen Ende November und Ende Januar“, erläutert Niebel. „Voraussetzung: Es muss starker Frost gewesen sein. Und Frost hatten wir diesen Winter schon.“

Temperaturen unter null sind deshalb wichtig, weil die Schadinsekten sich erst bei Minusgraden von der Baumkrone Richtung Waldboden bewegen.

Proben sammeln die Forstmitarbeiter von Kiefernbeständen im Revier Kunrau im Süden bis nach Osterwohle im Norden, vom Revier Jübar im Westen bis Brunau im Osten. Die Erdschicht wird jeweils getrennt eingetütet und im Forstamt nach Puppen durchsucht. Insgesamt handelt es sich um 51 Suchflächen.

Für eine Prognose ist es jedoch noch zu früh. Kiefernspinnerraupen haben Hartmut Unger und Ernst-Günter Mertens bisher nicht gefunden. „Ist wohl ein ganz normales Jahr“, sagt Frank Niebel, „nichts Dramatisches.“ Die gefundenen Puppen werden in der Nordwestdeutschen forstlichen Untersuchungsanstalt in Göttingen ausgewertet. Dort werden auch Empfehlungen für eventuelle Maßnahmen gegeben.

Ergänzt wird die Winterkontrolle übrigens durch eine Überwachung der Schmetterlingspopulationen von März bis August, je nach Art. Dabei kommen Sexuallockstoffe (Pheromone) zum Einsatz.