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Streit um Leitung Zumindest das Jeetzetal erhält Kabel

Es gibt Streit um die geplante 110-kV-Freileitung von Tylsen nach Kunrau. In Beetzendorf gab es am Montag einen Bürgerdialog.

Von Walter Mogk 12.04.2017, 03:00

Beetzendorf l Eine Menge Besucher hatte die Avacon am Montagabend zu ihrem Bürgerdialog in Sachen 110-kV-Freileitung erwartet und entsprechend den großen Parksaal in Beetzendorf reserviert. Doch es kamen gerade einmal knapp 70 interessierte Bürger, darunter viele, die schon bei der Informationsveranstaltung der neugegründeten Bürgerinitiative (BI) Pro Erdkabel vor zwei Wochen dabei waren.

Um alle Fragen rund um das Vorhaben beantworten zu können, hatte der Energieversorger jede Menge Experten aus dem eigenen Haus, aber auch von dem Leiferder Unternehmen K2 Engineering mitgebracht, das die Trassen-, Natur- und Umweltplanung übernimmt. Um es vorweg zu nehmen: Am Plan einer Freileitung statt des von der BI favorisierten Erdkabels hält die Avacon fest. Und zwar aus Kostengründen, wie Johannes Schmiesing, Teamleiter Netzentwicklung Strom, erläuterte. Demnach würde für ein Erdkabel mit 25,87 Millionen Euro das 3,706-fache an Geld ausgegeben werden müssen wie für eine Freileitung (6,98 Millionen Euro). Das Gesetz sehe die Priorität der Verkabelung jedoch nur bis zu einem Kostenfaktor von 2,75 vor.

Nicht einberechnet wurden allerdings die deutlich geringeren Leitungsverluste, mit denen das Erdkabel über seine angenommene Lebensdauer von 40 Jahre gegenüber der Freileitung punktet. Zumindest dann, wenn es hoch ausgelastet ist. Doch genau das sei „hier nicht der Fall“, schränkte Johannes Schmiesing ein. Trotzdem werde man im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens beim Landesverwaltungsamt auch eine Verlustrechnung einreichen müssen. „Doch ich schätze, dass die das Ergebnis nicht wesentlich verändern wird“, so der Teamleiter.

Widerspruch kam von den Freileitungs-Gegnern im Saal. Dass das Unternehmen heutige Auslastungswerte ansetzt, „obwohl Sie schon heute wissen, was Sie morgen an Energie durch diese Leitung schicken müssen“, sei „unstatthaft“. Im Höchstfall soll die Leitung eine Durchlast von 200 Megawatt haben, im Normalbetrieb werden derzeit aber gerade mal 20 bis 40, im Störfall bis zu 100 Megawatt transportiert.

Der Groß Gischauer Enrico Lehnemann zweifelte die gesamte Berechnung der Avacon an. Seiner Ansicht nach könne der Kostenfaktor von 2,75 sehr wohl unterschritten und damit ein Erdkabel verbindlich werden. Das würden Gutachten aus Brandenburg zeigen. „Die Verhältnisse dort kann man mit denen in der Altmark doch durchaus vergleichen“, meinte er. Günter Wolf, Avacon-Projektmanager für Planung und Bau von Hochspannungsleitungen, verteidigte dagegen die Zahlen, die auf den tatsächlichen Kosten der letzten fünf Projekte in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt basieren würden.

Und doch gibt es Bewegung auf Seiten der Avacon. Johannes Schmiesing kündigte an, dass zumindest die drei Kilometer lange Strecke durch das Jeetzetal bei Siedenlangenbeck auf jeden Fall ein Erdkabel erhält. „Wir haben die Diskussion aufgenommen und sind zu diesem Entschluss gekommen“, konstatierte der Teamleiter. Auch weil ein eigenes Umweltgutachten des Unternehmens zu dem Schluss gekommen sei, „dass eine Freileitung durch das Jeetzetal nicht genehmigungsfähig ist“, wie Avacon-Projektmanager Stephan Radtke ergänzte. Die damit verbundenen Mehrkosten für die Freileitungsvariante sind in der beim Bürgerdialog am Montag vorgelegten Kalkulation allerdings noch nicht eingerechnet.

Der Anregung, das Streitthema mit den Bürgern weiter im Rahmen eines extern moderierten Runden Tisches zu diskutieren, will sich die Avacon nicht verschließen. „Darüber habe ich auch schon nachgedacht“, gab Johannes Schmiesing zu. Auf jeden Fall habe man im Unternehmen verstanden, dass „wir einiges anders machen müssen“. Und das sei vor allem dem Widerstand der Bürger vor Ort zu verdanken.