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Streit um Zufahrt Röwitzer im Clinch mit der Stadt

Seit Jahren schwelt in Röwitz ein erbitterter Streit um eine Grundstückszufahrt. Doch eine Lösung ist auch nach Jahren nicht in Sicht.

Von Siegmar Riedel 19.08.2016, 03:00

Röwitz l Alles begann 1995. Der gebürtige Kölner Uwe Theißig kaufte ein Grundstück samt Wohnhaus und Stallungen in Röwitz. „Seit Kindesbeinen sitze ich im Sattel. Deshalb war es schon immer mein Traum, einen eigenen Hof zu haben“, begründet Theißig im Gespräch mit der Volksstimme. Weil in den alten Bundesländern derartige Höfe vergeben oder zu teuer seien, sei er auf den Röwitzer Hof aufmerksam geworden. „Ich hatte dem Vertreter der Immobilienverwaltungs GmbH extra gesagt, dass ein Wegerecht vorhanden sein muss“, betont der 67-Jährige. Das sei ihm zugesagt worden. In einer Karte sei die Einfahrt auch eingezeichnet gewesen. Doch alles kam anders.

1996 zog Uwe Theißig in das Haus ein und nutzte für seine landwirtschaftlichen Maschinen die Zufahrt an der Straße Dorfplatz. Rund zwei Drittel der Einfahrt gehören der Stadt Klötze, ein Drittel der ehemaligen Tierproduktion. Später übernahm der heutige Nachbar von Theißig das Grundstück nebenan. „Erst später ist mir klar geworden, dass der in der Karte eingezeichnete Weg zum Teil überbaut ist“, berichtet Theißig.

Die ersten Jahre verlief alles ruhig. Theißig gab eine Grenzfeststellung in Auftrag mit dem Ergebnis, dass die Grundstücksgrenze rund ein Drittel seines Pferdestalls und die Hälfte eines von ihm genutzten ehemaligen Rinderstalls abschneidet. Diese Bereiche, die im Inneren nicht extra abgesperrt sind, nutzt jetzt der Nachbar. Der Streit eskalierte.

„Dann kam der Nachbar, wann, kann ich nicht mehr sagen, und reklamierte Einfahrt und Weg als sein Eigentum“, sagt Theißig. Ihm verbot er, die Einfahrt zu nutzen. Mit einem Bauzaun wird die Grenze des Nachbargrundstücks umstellt.

Eigentlich wäre das alles kein Problem, wenn zu DDR-Zeiten nicht so lasch mit Eigentum und Grundstücksgrenzen umgegangen worden wäre. Denn der Grundstücksstreifen von der Stadt wäre breit genug für einen Traktor. Dieser Weg führt bis zum Grundstück von Uwe Theißig. Der Pferdefuß: Ein Gebäudeerker steht auf dem Weg und macht eine Durchfahrt unmöglich.

Jetzt war guter Rat teuer. Mit dem Nachbarn hatte sich Theißig überworfen. Beide fochten ihren Streit schon vor Gericht aus. Eine gütliche Einigung erscheint unmöglich. Nun sollte die Stadt helfen. „Sie ist Eigentümerin des Weges“, sagt sich Uwe Theißig. Der zweite Pferdefuß: Der Stadt gehört aber das Gebäude samt Erker auf dem Weg nicht. Demzufolge lehnt die Stadt einen Abriss auf ihre Kosten ab. Sie stellte aber Mineralgemisch zur Verfügung, damit Theißig etwa 80 Meter von der bestehenden Einfahrt entfernt einen weiteren städtischen Weg nutzen kann, der seitlich zu seinem Hof führt.

„Die Zufahrt ist im Grunde nicht schlecht“, gesteht Uwe Theißig ein. „Aber wertmäßig ist das eine Beeinträchtigung des Grundstückes, wenn ich mal verkaufen will.“ Will er denn das Grundstück verkaufen? „Jein. Ich hab‘ hier so viel reingesteckt und weiß nicht, ob ich gesund bleibe.“ Die Landwirtschaft betreibt der 67-Jährige nur als Hobby.

Ulf Dittfach, Leiter Ordnungs- und Bauamt der Stadt, bot Theißig an, er könne eine Abbruchverfügung bei der Baugenehmigungsbehörde erwirken und auf eigene Kosten abreißen lassen. Das lehnt der aber ab und sagt: „Die Stadt selber sollte klare Verhältnisse schaffen, um den Dauerärger zu beenden.“

Die Stadt aber sieht sich nicht in der Pflicht, etwas zu unternehmen. „Wenn die Eigentumsverhältnisse so sind, dann ist das so“, sagt Bürgermeister Matthias Mann. Herr Theißig habe beim Kauf gewusst, „dass er sein Grundstück nur mit dem Hubschrauber erreichen kann“. Ihm sei wohl nicht klar gewesen, dass der Nachbar ihm die Zufahrt verwehren könne. Um dem Konflikt aus dem Weg zu gehen, habe die Stadt die Zuwegung von der Seite her ermöglicht. Damit sei Herr Theißig aber nicht zufrieden. „Bei mir ist das Ermessen jedenfalls ausgereizt“, stellt Matthias Mann klar.

Das sieht Ulf Dittfach ähnlich. „Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren“, sagt er. „Aber meine Aufgabe ist es, zum Wohl der Stadt zu handeln und sie vor Schaden zu bewahren.“ Das Gebäude, das abgerissen werden soll, war da, bevor Herr Theißig zugezogen sei. Er könne dessen Argumente nicht nachvollziehen. „Die Quintessenz ist doch: Herr Theißig macht hier Rechte geltend, die nicht zum Tragen kommen.“

Uwe Theißig seinerseits wirft der Stadt Untätigkeit wegen der gefährlichen Bauruine vor und Ulf Dittfach, dass er ihm drohe, das Wohnrecht zu entziehen. In einem Schreiben vom Mai 2016, das der Redaktion vorliegt, steht: „Von hier aus werde ich ferner die Bauaufsichtsbehörde um Prüfung ersuchen, ob unter Berücksichtigung der dort wertungsfrei zu erstellenden Einschätzung ein sofortiges Abbrechen des Lagergebäudes zwingend erforderlich ist, um baurechtmäßige Zustände herzustellen oder aber, ob nicht, weil es durchaus zunächst ein milderes Mittel sein könnte, die Nutzungsuntersagung für Wohnzwecke des Wohnhauses ihres Mandanten zu verfügen wäre.“

Ulf Dittfach dazu: „Ich drohe nicht, lasse mich aber gern von Argumenten überzeugen. Wir leben hier schließlich nicht in einer Bananenrepublik. Wir kommen hier nicht weiter.“ Wenn Herr Theißig das nicht einsehe, müsse er das von anderer Stelle klären lassen. Was vertretbar sei, habe die Stadt sofort erledigt, sagt Ulf Dittfach und betont: „Das Grundstück von Herrn Theißig ist nicht rechtlich gesichert an eine Straße angebunden.“ Die Stadt solle ein Gebäude abreißen, dessen Eigentümer sie nicht sei. Und deutlich: „Es ist nicht einzusehen, dass die Steuerzahler in Lockstedt und anderen Ortsteilen für das Problem von Herrn Theißig aufkommen sollen, weil wir als Stadt den Bagger zum Abriss kommen lassen.“

Die Karre ist festgefahren. Und Uwe Theißig weiß: „Auf dem Klageweg habe ich wenig Chancen.“