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Südkorea Wiedervereinigung als Vorbild

Ein Fernsehteam aus Südkorea ist auf dem Grünen Band unterwegs. Im Böckwitzer Museum sprachen sie von ihrem Wunsch nach Wiedervereinigung.

Von Markus Schulze 20.06.2018, 03:00

Böckwitz l Es war einmal ein eiserner Vorhang. Der reichte von der Barentsee im Norden bis zum Schwarzen Meer im Süden, zog sich durch 24 Staaten, war etwa 12.500 Kilometer lang und trennte den demokratischen Westen vom sozialistischen Osten. Besonders traf es Deutschland, das fast 40 Jahre lang geteilt war. In dieser Zeit blieb der unmittelbar an der Grenze gelegene Bereich nahezu unberührt. Auf einer Länge von knapp 1400 Kilometern erhielt die Natur im Schatten von Wachtürmen und Stacheldraht eine Atempause. Es entstand ein wertvoller Lebensraum für zum Teil seltene Tier- und Pflanzenarten. Das Grüne Band ist der größte Biotopverbund Deutschlands und weckte nun auch das Interesse der südkoreanischen Rundfunkanstalt KBS (Korean Broadcasting System), einem öffentlich-rechtlichen Sender. Auf ihrer Reise entlang des einst gefürchteten Streifens legten Redakteur Ji Yong Soo und Kameramann Kim Hyun Ki am Montagnachmittag einen Zwischenstopp im Böckwitzer Museum ein. Begleitet wurden die Fernsehleute von Dolmetscherin Chin Im aus Aschaffenburg und Prof. Dr. Shi-Ryong Park von der Universität Chungbuk.

Der ist ein Experte für Störche und kam bereits am Sonntag auf seine Kosten. Da waren die Asiaten nämlich im brandenburgischen Rühstädt zu Gast, das auch als Storchendorf bekannt ist. Zwischen den 240 Einwohnern tummeln sich alljährlich gut und gerne 60 Störche. Indes stand Adebar in Südkorea kurz vor dem Aussterben, „aber mittlerweile gibt es ihn wieder“, ließ der Professor wissen.

Dass die Südkoreaner auf dem Grünen Band unterwegs sind, hat aber nicht nur mit den Störchen zu tun. Vielmehr ist der Grüngürtel auch ein Symbol für die Wiedervereinigung. Deutschland hat es geschafft, auf der koreanischen Halbinsel wird die Hoffnung durch das politische Tauwetter genährt. „Die Stimmung zwischen Nord- und Südkorea ist friedlicher geworden. Wir haben zurzeit keine Angst mehr vor einem Krieg“, sagte Ji Yong Son. Er zieht seinen Optimismus vor allem aus dem historischen Gipfeltreffen zwischen Südkoreas Präsidenten Moon Jae und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un Ende April im Grenzort Panmunjom. Dabei hatte Kim Jong Un als erster nordkoreanischer Führer seit 65 Jahren südkoreanischen Boden betreten, seinen Willen zum Ende des Atomwaffenprogramms erklärt und mit Moon Jae vereinbart, einen Friedensvertrag abzuschließen. „Wir sind ein Volk und haben das gleiche Blut in den Adern“, propagierte Kim Jong Un, der jüngst in Singapur auch dem US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump versprach, mit den Feindseligkeiten aufzuhören.

Die südkoreanischen Fernsehleute nehmen das zum Anlass, um guten Mutes vorauszublicken. „Es geht um die Frage, was wir mit der demilitarisierten Zone machen, wenn Nord- und Südkorea wieder vereint sind“, übersetzte Chin Im. Der Grenzstreifen sei 248 Kilometer lang und vier Kilometer breit. „Das Grüne Band ist ein Vorbild“, sagte Chin Im.

In Böckwitz wurden sie von der Vereinsvorsitzenden Ingrid Schumann und Willi Schütte empfangen. Beide wussten um die Beliebtheit des Grünen Bandes. „Erst am Sonntag hatten wir hier zwei Besucher“, berichtete Schumann. Eine baldige Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea erwartet sie hingegen nicht, denn: „Dem Kim Yong Un ist nicht zu trauen. Man weiß nicht, was er wirklich im Schilde führt.“

Außerdem erwähnte sie, dass eine Wiedervereingung in der Praxis schwer umzusetzen sei. „Früher sind die Kinder aus Zicherie und Böckwitz gemeinsam zur Schule gegangen. Heute gehen die Kinder aus Zicherie nach Brome, Rühen, Wittingen oder Wolfsburg zur Schule und die Kinder aus Böckwitz nach Kunrau, Klötze oder Beetzendorf. Wie soll da was zusammenwachsen?“

Die Zuversicht wollte sie ihren südkoreanischen Gästen aber natürlich nicht nehmen. Lieber erinnerte sie an den gemeinsamen Einmarsch von nord- und südkoreanischen Athleten am 9. Februar bei der Eröffnungsfeier für die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang. Und Willi Schütte führte Ji Yong Soo, Kim Hyun Ki, Shi-Ryong Park und Chin Im nach einem Kaffeetrinken durch die Ausstellung des Museums. Dort wird die deutsche Teilung von 1945 bis 1989 dargestellt, aber auch die Wiedervereinigung.

Genau danach, so beteuerte Ji Yong Soo, sehnen sich die Menschen auf der koreanischen Halbinsel. Sein Beitrag über das Grüne Band werde auf KBS in den Nachrichten und auch als Reportage zu sehen sein, kündigte Chin Im an. Von Böckwitz aus ging es für sie und ihre Landsleute am Dienstag weiter in das Wendland.