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Wirtschaft Kein Personal fürs Lenkrad

In Deutschland mangelt es an Busfahrern. Offenbar gibt es zurzeit etwa 2000 freie Stellen.

Von Markus Schulze 12.01.2018, 02:00

Klötze l Ein TV-Beitrag von ARD und ZDF lieferte es zutage: In Deutschland fehlen Busfahrer. Derzeit sollen es mindestens 2000 sein. In Branchenkreisen heißt es gar, dass die Talsohle noch längst nicht erreicht sei und die Zahl in den nächsten Jahren drastisch ansteigen könnte, weil ein hoher Prozentsatz der Beschäftigten bald in Rente gehen werde. Allerdings, so unken die Unternehmen, sei es gar nicht so einfach, neues Personal zu finden. Denn offenbar möchte kaum noch jemand Busfahrer werden. Die Gründe seien vielschichtig: Teurer Führerschein, ungünstige Arbeitszeiten und ein relativ geringes Einkommen, das laut der Internet-Plattform „Gehalt.de“ im Durchschnitt zwischen 1910 und 2505 Euro liegen soll.

Der Bundesverband Deutscher Omnibusfahrer (BDO), der sich, wie Fachmagazine schreiben, aktuell auch um eine Erhöhung der Dieselsteuer, drohende Fahrverbote und die Einführung einer Bus-Maut sorgt, hat die Zeichen der Zeit längst erkannt und wirbt bereits seit einer Weile mit der Kampagne „Beweg was – werd Busfahrer“ um Nachwuchs. Überall wird händeringend nach Lösungen gesucht, um dem Fahrermangel zu begegnen. Beispielsweise starteten die Berliner Verkehrsbetriebe im Sommer 2017 ein aufsehenerregendes Projekt namens „Geflüchtete in den Fahrdienst“, bei dem 16 Flüchtlinge zu Busfahrern ausgebildet werden. Die Branche lässt sich also nicht unterkriegen. Da kommen Meldungen, wie zuletzt von der Wolfsburger Polizei, wonach ein Busfahrer von einem Fahrgast zunächst verbal und dann auch tätlich angegriffen wurde, ziemlich ungelegen.

Dass die Unternehmen über kurz oder lang auf eine Misere zusteuern, ahnt auch Dietrich Adloff, Vorstand der Klötzer Verkehrsgesellschaft AG (KVG), wenngleich das Problem bei der KVG noch nicht akut sei. Aber: „Der Fachkräftemangel trifft die ganze Wirtschaft. Auch wir sind davon betroffen“, sagt Adloff im Gespräch mit der Volksstimme. Das Dilemma: Es gebe viele Betriebe, aber nur wenige Aspiranten. Und diese hätten dann quasi die freie Auswahl, wobei nur das beste Angebot infrage käme: Wo verdiene ich am meisten? Wo lassen sich die Arbeitszeiten am besten mit dem Privatleben vereinbaren? Und welcher Arbeitgeber ist flexibel und lässt grundsätzlich mit sich reden? Darauf werde geachtet.

„Und genau in diesen Punkten konkurrieren wir mit allen anderen“, weiß Adloff, der an die Bewerber nichtsdestotrotz weiter hohe Anforderungen stellt. So müssten diese zum Beispiel technisches Verständnis mitbringen, verantwortungsbewusst sein, ein freundliches Auftreten haben und belastbar sein. „Es gibt keinen Tag, an dem kein Bus fährt“, unterstreicht der KVG-Vorstand.

Dass alle Wirtschaftszweige, insbesondere auch in der Altmark, am Fachkräftemangel leiden, habe aus seiner Sicht mehrere Ursachen, etwa den Wegzug junger Leute in den Westen. „Die allermeisten kommen nicht wieder“, ist er sich sicher. Nimmt man nur die Verkehrsbetriebe, dann sei die Abschaffung der Wehrpflicht „keine Glanzleistung“ gewesen, meint Adloff. Schließlich hätten bei der Truppe etliche junge Menschen ihren Führerschein gemacht. „Klar, nicht jeder wird Busfahrer, aber da fehlen uns pro Jahr 1000 Leute“, schätzt Adloff. Er fügt hinzu: „Da wurde eine Kette unterbrochen, die sich nicht mehr zusammenfügen lässt.“

Stichwort Busführerschein: Die Kosten dafür seien laut Adloff regional unterschiedlich, lägen aber wohl bei 8000 Euro. Aber wer ist schon willens und fähig, solch einen stattlichen Betrag aufzubringen? „Es gibt eine Förderung von der Agentur für Arbeit“, berichtet Adloff. Auch die Unternehmen sprängen bei der Finanzierung in die Bresche, entweder ganz oder teilweise. „Wir haben das schon gemacht, andere auch. Das ist nichts Besonderes mehr“, erzählt Adloff und merkt an: „Das ist eine Stange Geld. Damit kann man die Leute nicht alleine lassen.“ Vielmehr gelte es, Anreize zu schaffen.

Die KVG habe derzeit 36 Busfahrer beziehungsweise Busfahrerinnen. 40 Prozent davon seien Mitte 50, informiert Dietrich Adloff und stellt fest, „dass eine Reihe unserer älteren Mitarbeiter in absehbarer Zeit ausscheidet“. Für die KVG käme erschwerend hinzu, dass die Generation der Nachrücker, also 35 Jahre und älter, schlichtweg nicht vorhanden sei. Doch Dietrich Adloff bleibt gelassen. „Ja, der Fachkräftemangel und damit der Mangel an Busfahrern ist ein Problem, aber keines, an dem man verzweifeln müsste. Mir ist um die Zukunft nicht bange. Zu gegebener Zeit werden sich Lösungen finden.“

Und vielleicht, so spekuliert der KVG-Vorstand, schlüpfen schon bald Roboter in die Rolle des Busfahrers. „Technisch wird das möglich sein. Aber rechtlich sind da noch einige Hürden zu überwinden.“