1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Tunnelbau in Magdeburg hält Kunden fern

Einzelhandel Tunnelbau in Magdeburg hält Kunden fern

Seit Anfang Mai laufen die Arbeiten zum Tunnelbau am Hauptbahnhof. Erste Händler verzeichnen einen Rückgang der Kundschaft.

Von Marco Papritz 05.10.2015, 01:01

Magdeburg l Etwa 90 Millionen Euro kostet der Bau des neuen Citytunnels, die von Bund und Stadt getragen werden. In welcher Höhe der Umsatzverlust von Händlern des City Carrés ausfällt, der auf gesunkene Kundenzahlen zurückzuführen ist, kann Centermanager Guido Reuter nicht in Zahlen ausdrücken. Wohl aber den Besucherrückgang selbst. „Die Einfahrtszahlen im Parkhaus sind um 20 Prozent gesunken. Bei den Besucherzahlen im Center ist ein Rückgang um 10 Prozent festzustellen“, so Reuter auf Volksstimme-Nachfrage. Die fehlenden Besucher benennt er mit jenen, die westlich des Magdeburger Rings wohnen und das City Carré vor dem Baustart noch für den Einkauf der Waren des täglichen Bedarfs nutzten „und sich nun aufgrund des Umweges, den sie in Kauf nehmen müssten, andere Möglichkeiten zum Einkaufen suchen.“ Wenn der sogenannte Frequenzbringer (gemeint ist der Supermarkt) einen Rückgang zu verbuchen habe, sei dies „direkt mit negativen Auswirkungen für die anderen Händler verbunden“.

Noch schwerwiegender sei der Rückgang von Besuchern von außerhalb. „Zum Beispiel aus dem Harz, Stendal und Salzwedel, die gezielt zum Großeinkauf nach Magdeburg kommen und nun nicht mehr die Ernst-Reuter-Allee nutzen können“, so Reuter. Kritik übt er an der Umleitungsführung U6 und der unzureichenden Ausschilderung. „Schon auf Brücken müssten deutliche Hinweise an die Gäste gegeben werden, wie die Innenstadt zu erreichen ist“, so Reuter. Ärgerlich sei zudem die Tatsache, dass Navigationssysteme nicht auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

Dies soll sich im Frühjahr des kommenden Jahres ändern, kündigt Arno Frommhagen von der Interessengemeinschaft (IG) Innenstadt an. Dann sollen die entsprechenden Signale gesendet werden. Man stehe mit der Stadt in gutem Kontakt, was die Folgen des Tunnelbaus für den Innenstadthandel angeht. Änderungen sind geplant. So sollen die Ampelanlagen der Wiener Straße als Zubringer zur Innenstadt mit einer längeren Grünphase geschaltet werden, so dass ein besserer Fluss vom Magdeburger Ring aus ermöglicht wird. Eine Verbesserung der Ausschilderung sei in diesen Tagen vorgesehen. „Die bisherige war aus unserer Sicht teilweise mangelhaft“, so der IG-Vorsitzende. Viele kleine Schritte und ein Marketingkonzept, das derzeit erarbeitet wird, sollen dazu führen, „dass das anstehende Weihnachtsgeschäft unter den Gegebenheiten nicht leidet.“ Frommhagen bestätigt den Umsatzrückgang beim Innenstadthandel. „Dementsprechend ist die Stimmung unter den Händlern.“

Die Ursachen sieht er in einem Zusammenspiel aus einem Überangebot an Einzelhandelsflächen in Magdeburg, dem wachsenden Geschäft im Internet (Onlineshopping) und der Baustellensituation in der Innenstadt. Frommhagen: „Wir merken sehr deutlich, dass die Frequenz in der Innenstadt zurückgegangen ist.“ Vor dem Start der Bauarbeiten für den Citytunnel standen in der Innenstadt 12 Geschäfte leer – gegenwärtig sind es 40. Dass kein weiterer leerstehender Laden hinzukommt, darum kämpfen Johannes Koch und seine Geschäftspartnerin, die seit dreieinhalb Jahren das Steakhaus an der Otto-von-Guericke-Straße/Ernst-Reuter-Allee führen. „Mit dem Tunnelbau ist der Umsatz um 40 Prozent zurückgegangen“, zieht Koch Bilanz. Das Steakhaus befinde sich daher in einer „leichten wirtschaftlichen Schieflage“. Die Baustellensituation der vergangenen Monate, die den Weg in die City erschwert hat, zeigt Konsequenzen: Drei Festangestellte konnten nicht weiter beschäftigt werden, die Anzahl der Mitarbeiter schrumpfte von 15 auf 12. Aus dem Tief wolle man sich jetzt wieder herausmanövrieren. Koch: „Unsere Bücher sind bis Jahresende voll. Zusammen mit unserem Vermieter, der Wobau, hoffen wir eine Lösung zu finden.“ Das Steakhaus ist 1995 eröffnet worden.