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Randauer Wiesn Oktoberfest en miniature

Garage, Festzelt, Trachten, Haxen, Maß und eine Menge Tschingderassabum - Impressionen vom kleinsten Magdeburger Oktoberfest in Randau.

Von Katja Tessnow 12.10.2015, 01:01

Randau l Wer am letzten Sonnabend spätnachmittags durch Randau fährt, fühlt sich nach Süddeutschland verlegt. Aus allen Himmelsrichtungen strömt kostümiertes Volk zusammen – jedenfalls nach hiesiger Auffassung kostümiert: Lederhosen, Dirndl, Feder am Hut und so weiter. Das scheint hier jeder so zu tragen, jedenfalls am Sonnabend. Schon am frühen Abend wird man keine Menschenseele mehr antreffen in der östlichen Stadtrandlage; die Fenster verdunkelt, die Straßen leergefegt. Bis auf den letzten Platz besetzt sind dagegen die Garage der Freiwilligen Feuerwehr und das angebaute Festzelt. Durch seine Wände schimmern schunkelnde Massen. Später werden sie auf die Bänke steigen, auf dem Boden knien (den Takt der Musik schlagend) und gefühlt jede Viertelstunde den Schlachtruf vom Prosit der Gemütlichkeit erschallen lassen.

Die Tanzdiele füllt sich mit jeder ausgeschenkten Maß, wiewohl es viele Randauer mit einer halben Maß Bier bewenden lassen und speziell die Randauerinnen sich hier und da lieber auf Sekt, Wein und manche auch auf Wasser verlegen. Die hausgemachten Haxen gehen trotzdem weg wie warme Semmeln. Das freut den Fleischer Benjamin Robert, zugleich stellvertretender Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr am Ort und vor sechs Jahren Ideengeber für die Begründung einer Randauer Oktoberfesttradition. Die Idee zündete.

„Feiern wie die Bayern können wir schon lange und auf der Mückenwiesn ist dagegen überhaupt nichts los“, führt Ortsbürgermeister Günther Kräuter zur Eröffnung eine nicht ganz ernst gemeinte Attacke gegen die Magdeburger Großausgabe des Festes. In Randau kommen dazu rund 200 Gäste zusammen; für mehr reicht der Platz nicht. Der Bürgermeister baut das Zelt mit auf und ab, hat sich zwischenzeitlich auch eine Lederhose zugelegt und gesteht im Angesicht der kostümierten Dorfbevölkerung, dass ihm die weibliche im Dirndl doch ausnehmend gut gefalle, speziell „obenrum“.

„Wir hatten vor sechs Jahren zunächst überlegt, ein Erntedankfest zu feiern, aber dann kam der Kamerad Benjamin mit der Oktoberfestidee“, berichtet Klaus Schulz, Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Randau, aus der Festgeschichte. Weil die bajuwarische Party eben gerade deutschlandweit in Mode ist und offenbar auch hiesige Feierlaune hebt, einigten die Kameraden sich schnell auf das süddeutsche „Kostümfest“ voller Bierseligkeit. Ein paar Randauer soll es allerdings schon doch geben, die nichts damit anfangen können. „Sie bleiben eben zu Hause“, sagt Schulz und stemmt die Maß zum Prosit. Viele können es jedenfalls nicht sein.

Organisiert wird das Randauer Oktoberfest mit Sponsorenhilfe, aber vor allem im Ehrenamt. Das Dorf beschenkt sich selbst mit dem Fest und pflegt damit den Gemeinschaftssinn. „Das funktioniert hier bestens. Wenn man Hilfe braucht, ist sofort jemand da“, sagt der stolze Ortsbürgermeister und Wehrleiter Schulz pflichtet ihm bei. Während drinnen die Gäste auf den Bänken (friedlich) toben, erinnert draußen ein Randauer den Bürgermeister daran, dass er am Sonntagmorgen zum Abbauen zu erscheinen hat. Kräuter nickt und muss sich beim Feiern etwas zurückhalten. Jeden Sonntagmorgen hat er nämlich noch einen anderen Spezialauftrag zu erfüllen – Brötchen und Gehacktes aus Schönebeck besorgen. „Das gibt es da sonntags frisch und ich fahre jede Woche meine Runde und hänge es ein paar Familien auf Bestellung an die Türklinke.“ So ist das im Dorf, auch wenn es offiziell ein Stadtteil ist. Die Feuerwehr ist Festzentrale und der Bürgermeister fährt die Brötchen aus. Das dürften Randau und Bayern neben der Party gemeinsam haben.