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Flüchtlinge Zertifikat aus Deutschland reicht nicht

Der Flüchtling Gazmend Syla aus Magdeburg muss bis Ende des Monats ausreisen - trotz bestehenden Ausbildungsvertrages.

Von Christina Bendigs 04.01.2016, 00:01

Magdeburg l Sabine Große zeigt sich kurz vor dem Jahreswechsel kämpferisch: Die Intersport-Chefin hat einen Kosovaren aus einem Asylbewerberheim in Wolmirstedt als Auszubildenden eingestellt. Seit September setzt sie sich dafür ein, dass sie den geschätzten Azubi behalten kann. Doch die Gesetze machen es schwierig. Die Abschiebung steht im Raum. Ein steiniger Weg liegt bereits hinter ihr. Und neue Hürden stehen bevor. Doch Sabine Große hat vor, auch diese zu überwinden, und kündigt an, notfalls mit einem Anwalt nach Priština, Hauptstadt und Regierungssitz des Kosovo, zu reisen, um ihren Azubi zurück nach Deutschland zu holen.

Er blickt indes in ein ungewisses Jahr 2016. Für den 29.  Januar hat Gazmend Syla einen Flug in den Kosovo gebucht. Nur die freiwillige Ausreise ermöglicht ihm die Chance auf ein Visum und auf die Wiedereinreise nach Deutschland. Würde er die Zwangsabschiebung abwarten, müsste er mit einem Einreiseverbot auf Jahre rechnen. Für das Visum muss er seine Fähigkeiten in der deutschen Sprache nachweisen. Der tägliche Umgang mit Kunden oder ein Zertifikat aus dem Goetheinstitut in Deutschland reichen dafür nicht aus, berichtet Sabine Große. „Die Behörden in Priština denken sonst, dass das Zertifikat gekauft worden sein könnte“, erzählt sie. Er soll ein Sprachzertifikat in Priština ablegen.

Das jedoch scheint das geringere Übel zu sein. Die größte Schwierigkeit werde darin bestehen, das Visum zu erhalten. „Wenn man gut zahlt, ist das alles kein Problem“, sagt Gazmend Syla. Doch wer ohne Schmiergeld, auf legalem Weg, ein Visum erhalten wolle, der habe es schwer.

Und so stehen für den jungen Mann nun viele Fragen im Raum: Wird er die Wohnung in Magdeburg behalten können? Welche Sachen wird er mitnehmen? Wo wird er in Priština unterkommen? Wie lange wird es dauern, bis er wieder nach Deutschland zurückfliegen kann, um die Pflichten aus seinem Ausbildungsvertrag zu erfüllen?

Sabine Große ist sich sicher: „Das wird keine Sache von vier Wochen.“ Warum sie sich den Stress dennoch antut? „Es kann doch nicht jeder seine eigenen Gesetze machen“, sagt sie. Als Unternehmerin fühlt sie sich vom Staat übergangen, denn schließlich hatte sie sich für Gazmend Syla entschieden, nachdem sie keinen passenden deutschen Azubi gefunden hatte. Er habe Qualitäten, die sie bei deutschen Auszubildenden vermisst habe, er arbeite selbstständig und fleißig. Umso bedauernswerter findet sie es, dass er vorerst nicht bleiben kann. Eigentlich sollte er schon bis Ende September ausgereist sein. Doch um ihr entgegenzukommen, hätten die Behörden die Aufenthaltsgenehmigung von Gazmend Syla verlängert. Und nachdem sie mit der Geschichte des Asylbewerbers an die Öffentlichkeit gegangen war, seien ihr die entsprechenden Behörden auch entgegengekommen und hätten sich bemüht. Doch die Gesetze könnten sie nicht ändern. Wenn das im ersten Moment auch schwer hinzunehmen ist, so kann Sabine Große die deutschen Gesetze beim Blick nach Priština jedoch schätzen. Schließlich sei darauf Verlass, und ob sie gelten oder nicht, hänge nicht von Schmiergeldzahlungen ab.

Gazmend Syla war als Jugendlicher schon einmal in Deutschland gewesen, damals als Kriegsflüchtling. Deshalb spricht er gut deutsch. Nun hat er sein Land aus wirtschaftlichen Gründen verlassen – die Bezahlung etwa als Angestellter im Gastronomiegewerbe reiche nicht aus, um davon leben zu können.

Sabine Großes Mann hat auch einen Asylbewerber aus dem Kosovo als Auszubildenden eingestellt. Ihm ist das gleiche Schicksal widerfahren wie Gazmend Syla. Auch er soll ausreisen, ein Sprachenzertifikat ablegen und ein Visum beantragen.

Für die beiden Azubis ist das vielleicht ein kleiner Trost: Sie werden den Weg zurück in den Kosovo nicht allein gehen müssen. Und in Deutschland gibt es Menschen, die sich für die Rückkehr der beiden einsetzen.