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Fernwärme Müll-Wärme soll Stadtfeld einheizen

Für eine zehn Kilometer lange Warmwassertrasse durch die Albert-Vater-Straße bis ins westliche Stadtfeld laufen die Vorplanungen.

Von Martin Rieß 20.01.2016, 00:01

Magdeburg l Fernwärme hat sich in Magdeburg bewährt: Große Gebiete im Stadtzentrum und die Neubauviertel wurden vor Jahrzehnten an das Netz angeschlossen. Zuletzt auch das Gebiet am Elbbahnhof. Über einen ganz großen Wurf denken derzeit die Städtischen Werke Magdeburg (SWM) in Richtung Stadtfeld nach.

Die Fernwärme wird in Magdeburg im Wesentlichen vom Müllheizkraftwerk in Rothensee produziert. Damit diese von dort in die Wohnviertel an der Spielhagenstraße und in der Beimssiedlung gelangen kann, muss eine neue Fernwärmetrasse gebaut werden. Die SWM werden in den kommenden Monaten eine mögliche Strecke durch die Albert-Vater-Straße, in Richtung Annastraße, vorbei am Schellheimerplatz und zur Fröbelstraße bis in die Beimssiedlung untersuchen. Für die Verlegung der Leitungen im Erdreich wird ein zwei Meter breiter Raum benötigt.

Johannes Kempmann ist Geschäftsführer der SWM und sagt: „In der Beimssiedlung haben wir beispielsweise nach der Wende 1990 neue Kesselanlagen eingebaut – die müssen nach 25 Jahren ohnehin erneuert werden.“

Anstelle auf Öl und Gas setzt das Magdeburger Energieunternehmen möglichst auf die Wärme aus dem Warmwasserrohr. Das hat mehrere Gründe. Im Gegensatz zu Öl und Gas zählt so ein großer Teil der Fernwärme als regenerative Energie. Grund ist der Anteil an organischen Stoffen wie Holz, die im Müll enthalten sind. Zudem sorgt die Wärme-Kraft-Kopplung der modernen Anlagen für eine hohe Effizienz.

Für die Bewohner der Häuser, die oft über Gas- und Ölheizungen für ganze Gebäudekomplexe versorgt werden, ändert sich vordergründig nichts: Die Thermostate und Heizkörper funktionieren wie gewohnt.

Rund neun Millionen Euro würden in das Projekt fließen. Unterteilt würde es in mehrere Bauabschnitte. Der erste würde drei Kilometer durch die Albert-Vater-Straße führen. Bis 2019 könnte der Abschnitt bis zur Fröbelstraße fertig sein. Und die Beimssiedlung als westlicher Endpunkt des Neubauprojektes wäre dann 2020 an der Reihe.

Verträge über die Wärmeversorgung haben die Städtischen Werke vor Monaten mit Großabnehmern wie den Genossenschaften vereinbart – die Volksstimme berichtete. Und auch die kommunale Wohnungsbaugesellschaft ist langjähriger Vertragspartner der SWM. Fest steht derzeit, dass mehr als 3800 Wohnungen und mehrere Schulkomplexe an das Fernwärmenetz mit angeschlossen werden können.

Mit der neuen Trasse können aber weitere Nutzer von der Investition profitieren. Neben Wohnimmobilien haben die Fernwärmeversorger auch Gewerbeimmobilien im Blick. Johannes Kempmann erläutert: „Das ist beispielsweise dann besonders attraktiv, wenn man die Heizungsanlage ohnehin erneuern muss.“ Wie eben in der Beimssiedlung.

Aber auch für Neubauten ist die Fernwärme eine interessante Option. Aufgrund des organischen Anteils am Müll kann sie nämlich genutzt werden, um den gesetzlich geforderten Anteil an regenerativen Energien an der Heizenergie von Gebäuden zu steigern. Da Fernwärme hohe zertifizierte Standards erfülle, müsse das Geld für die Energie­sparmaßnahmen an anderen Stellen dann nämlich nicht ausgegeben werden – so das Argument des Magdeburger Wärmeanbieters.

Überhaupt müssen die Städtischen Werke die Interessenten mit umweltpolitischen Argumenten und mit dem Preis überzeugen. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen gibt es in Magdeburg keinen Zwang für den Immobilieneigentümer, sein Gebäude an eine anliegende Fernwärme­trasse anzuschließen.

Bei aller Begeisterung ist die Fernwärme aber nicht an jeder Stelle geeignet. Angesichts der Wärmeverluste, die sich entlang der Strecke trotz guter Dämmung nicht vermeiden lassen, lohnt sich nur die Erschließung dicht bebauter Gebiete. Ein Eigenheim ließe sich daher in vielen Fällen nicht an das Netz mit der Energie aus dem Müll anschließen.

Johannes Kempmann macht aber auch klar: „Wir sind natürlich optimistisch, dass die Trasse kommt. Aber eine endgültige Entscheidung gibt es nicht.“ Die Städtischen Werke peilen dafür das Jahr 2017 an.