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Prozessauftakt Untergetauchter wollte Ermittlungen abwarten

Am Landgericht Magdeburg hat der Prozess um eine Messerstecherei vor der Asylunterkunft am Bruno-Taut-Ring im August 2015 begonnen.

11.02.2016, 00:01

Magdeburg l Der Prozess vor dem Landgericht  hat am Mittwoch begonnen. Darum geht es: Im Sommer 2015 war ein Afghane, der offenbar einen Streit schlichten wollte, niedergestochen und lebensgefährlich verletzt worden. Der mutmaßliche Täter, ein 33-jähriger Tschetschene, war nach der Tat untergetaucht und erst Tage später gefasst worden. Nach der Anklageverlesung durch Oberstaatsanwältin Martina Klein gab Rechtsanwalt Volker Houben eine Erklärung im Namen seines Mandanten ab. Darin gab der Angeklagte Ruslan G. zu, den 25-jährigen Afghanen geschlagen und schwer verletzt zu haben – allerdings nicht in der Absicht, ihn zu töten. Das Messer habe er „kurz gegriffen“, so dass es nur wenige Zentimeter in die Haut eindringen konnte. Außerdem habe er nur auf Extremitäten gezielt. Nach der Tat sei er untergetaucht, um die polizeilichen Ermittlungen abzuwarten. Außerdem gab er an, zum Tatzeitpunkt abhängig von Crystal Meth gewesen zu sein. Bis zu einem halben Gramm der Droge habe er täglich konsumiert.

Sein kurzes Leben im Untergrund sei für ihn zudem sehr schwierig gewesen, da er ohne Freunde und Drogen habe auskommen müssen. Seine Wut sei sogar soweit gegangen, dass er die Genesung des Afghanen bedauert habe, da dieser durch seine Einmischung alles verursacht habe. Auf Nachfragen des Gerichts, die von einer Übersetzerin simultan übersetzt wurden, gab Ruslan G. an, sich nicht weiter äußern zu wollen.

Die Tat hatte damals landesweit für Schlagzeilen gesorgt und war auf großes öffentliches Interesse gestoßen. Der 25-Jährige aus Afghanistan war so schwer verletzt, dass er in Lebensgefahr schwebte. Der junge Mann musste notoperiert werden. Kurz nach der Tat war damals nur bekannt geworden, dass der Angreifer den Afghanen aus einer Gruppe heraus niedergestochen hatte, dann geflohen war und mehrere Tage untertauchte. Mehrere Bewohner der Unterkunft berichteten der Volksstimme übereinstimmend, dass die Gruppe Tschetschenen keine Bewohner der Flüchtlingsunterkunft am Bruno-Taut-Ring sind. Auch was Auslöser des Streits war, blieb zunächst unklar.

Durch die persönliche Erklärung von Ruslan G. kam etwas Licht ins Dunkel. Demnach habe er mit mehreren Landsleuten laut diskutiert. Der Afghane habe sich eingemischt. Als Ruslan G. den 25-Jährigen abgewiesen hat, habe der aus einiger Entfernung seine Mutter beleidigt. Daraufhin habe sich der Angeklagte dann auf den Afghanen gestürzt, ihn geschlagen und niedergestochen.

Ein Urteil wird es in den nächsten Wochen allerdings nicht geben. Von dem Angeklagten soll noch ein psychiatrisches Gutachten angefertigt werden. So soll festgestellt werden, ob der 33-Jährige durch seinen Drogenkonsum vermindert schuldfähig war. Der Prozess wegen versuchten Totschlags soll dann noch mal komplett neu beginnen. Bis zum Prozessbeginn sitzt Ruslan G. weiter in U-Haft. Während des Prozesses sollen noch weitere Zeugen gehört werden.