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Nicht Anfassen Gefährliche Bombenfunde

Längst nicht nur nach spektakulären Bombenfunden in Magdeburg sind die Räumtrupps des Kampfmittelbeseitigungsdienstes die Männer der Stunde.

Von Jana Heute 24.04.2016, 01:01

Magdeburg l Minen, Panzerfäuste, Granaten verschiedener Kaliber, Munition: Auch mehr als 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges leben die Magdeburger auf explosivem Untergrund. Und das längst nicht nur wegen immer noch verschütteter Fliegerbomben, deren Anzahl niemand kennt. Blindgänger in Fünf-Zentner-Größe, wie sie im Sommer 2014 beim Abriss eines Plattenbaus am Breiten Weg oder im Herbst 2013 am Hauptbahnhof gefunden worden waren. Die Suche nach möglichen Bomben begleitet nahezu jede größere Baustelle im Stadtgebiet, zumal wenn die Bauarbeiten in besonders sensiblen Bereichen stattfinden. Dazu zählen die Innenstadt, die zum Kriegsende Schwerpunkt der Bombenangriffe war, aber auch traditionelle Industriestandorte wie Rothensee oder Buckau.

„In Rothensee stehen wir buchstäblich neben jeder Baggerschaufel“, berichtet Axel Vösterling, Sprecher des Technischen Polizeiamtes Sachsen-Anhalt, zu dem der Kampfmittelbeseitigungsdienst gehört. Die Rede ist von gezielter Suche.

Fast gefährlicher seien jedoch die Zufallsfunde von Privatpersonen im Alltag, sagt Vösterling. Einfach deshalb, weil Passanten kaum die von Schmutz verklumpten und verrosteten Teile zuordnen, geschweige denn als Sprengmittel enttarnen können. Solche Funde, die „jeder in die Hand nehmen kann“, seien deshalb auch so „brandgefährlich“, betont Vösterling. Gerade jetzt im Frühjahr, wenn es die Menschen wieder in die Natur zieht, häuften sich die Funde. Auch spielende Kinder seien in Gefahr, warnt Axel Vösterling. „Unsere Männer sind fast täglich im Land unterwegs, um Funde zu analysieren und zu entsorgen“, erklärt der Sprecher. Zwischen 20 und 30 Funde bearbeitet das sechsköpfige Team vom Räumtrupp Nord des Kampfmittelbeseitigungsdienstes allein jedes Jahr in Magdeburg.

Besonnen und völlig richtig reagierten die zwei Jugendlichen, die Anfang April in Westerhüsen unter einem Baum eine Handgranate fanden und sofort die Polizei riefen (Volksstimme berichtete). „Sie haben genau das Richtige getan“, so Axel Vösterling. Schon beim Verdacht eines Kampfmittelfundes muss die Polizei informiert werden. Generell gelte: „Nichts anfassen!“, betont Vösterling. Kampfmittel anzufassen sei nicht nur verboten, sondern auch lebensgefährlich. So hatte ein Mann 2003 in Barleben mit einem Gasbrenner an Munition hantiert. Er und sein zweijähriger Sohn bezahlten dafür mit ihrem Leben.

Das Problem, so Axel Vösterling, sei, dass die Kampfmittel auch nach langer Liegezeit nichts von ihrer Gefährlichkeit verloren haben. Im Gegenteil, die Funde sind besonders heikel: Über 70 Jahre waren sie Umwelteinflüssen ausgesetzt, die Zündmechanismen sind häufig beschädigt, der Sprengstoff im Inneren aber verrottet nicht – in der Summe eine explosive Mischung. „Bereits geringste Veränderungen können unabsehbare Folgen haben“, warnt Axel Vösterling. Höchste Vorsicht ist also geboten bei verdächtigen Gegenständen.

Magdeburg war zum Kriegsende Frontgebiet. Munition, Waffen, Handgranaten und Blindgänger dürften daher noch für Jahrzehnte zum Erbe dieser dunklen Zeit zählen.