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Stresstest Uniklinikum stellt den Strom ab

Am Magdeburger Uniklinikum wurde am Dienstag der Ernstfall geprobt und für eine Stunde der Strom abgestellt.

Von Peter Ließmann 15.03.2017, 00:01

Magdeburg l Zweimal mussten Personen aus Fahrstühlen befreit werden und ein paar Steckdosen, die nicht mehr funktionierten - die erste Bilanz nach dem simulierten Stromausfall am 14. März 2017 fällt positiv aus. Was genau passiert oder eben nicht passiert ist, wird in den kommenden Wochen ausgewertet. „Wir gehen davon aus, dass ein paar Netzteile von Elektrogeräten den Stresstest nicht überlebt haben, das ist aber harmlos und war zu erwarten“, sagt Michael Carl, Sachgebietsleiter Elektrotechnik am Uniklinikum.

Der Stresstest begann am Dienstag genau um 10 Uhr. Die Netze-Magdeburg-GmbH, eine Tochter der SWM, nimmt das Uniklinikum komplett vom Netz - Stromausfall total. Jetzt müssen die Notstrom-Aggregate zeigen, was sie können.

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass innerhalb von 15 Sekunden die Dieselmotoren, die die Generatoren antreiben, laufen müssen. Drei davon, strategisch auf dem Campus verteilt, hat das Uniklinikum, und alle drei starten sofort, nach dem das Überwachungssystem den Stromausfall (rapider Spannungsabfall) gemeldet hat. Die 440-kW-Motoren (rund 600 PS, 12 Zylinder) treiben die Generatoren an, die den Strom für das Notstromsystem des Klinikums liefern. Nach wenigen Sekunden ist die Notstromversorgung auf dem Klinik-Campus stabil.

Welche Häuser, Bereiche und Stationen mit Notstrom versorgt werden, ist genau festgelegt. „Alle medizinischen Bereiche, in denen Menschen mit Hilfe von lebenserhaltender Technik versorgt werden, sind ans Notstromsystem angeschlossen“, sagt Michael Rüdiger, Geschäftsbereichsleiter Technik und Bau am Klinikum. Dazu gehören etwa die Intensivstationen und die Operationsbereiche. Auch die großen Zentralrechner des Klinikums bekommen Notstrom, dazu verschiedene Sicherheitseinrichtungen, wie etwa Notbeleuchtungen. „Alles andere wird bei einem totalen Stromausfall tatsächlich ,dunkel‘, das heißt, auch viele Computer stürzen ab“, so Michael Rüdiger.

„Wir haben vor der Übung alle Abteilungen darauf aufmerksam gemacht, so konnten sich viele dann doch auf den Stromausfall vorbereiten. Denn natürlich darf durch eine geplante Übung kein bedeutender Schaden entstehen, und es dürfen keine Menschen in Gefahr gebracht werden.“

Auf dem Weg zur Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie wird deutlich, dass tatsächlich der Ernstfall geprobt wird. Flure und Treppenhäuser sind nur noch spärlich beleuchtet, Fahrstühle stehen still, Computerbildschirme sind schwarz, Eingangshalle, Blumenladen und Cafeteria werden nur noch durch spärliches Tageslicht erhellt.

„Wir erhoffen uns von dem Stromausfall auch Erkenntnisse, ob unser Notfall-System funktioniert“, sagt Prof. Dr. Uwe Ebmeyer, stellvertretender Direktor der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie. „Manchmal liegt der Fehler ja im Detail.“

Auf den Intensivstationen und in den OP-Bereichen gibt es genaue Regeln, welche medizintechnischen Geräte an welche Steckdosen angeschlossen werden dürfen. Dafür sind die Steckdosen farblich gekennzeichnet: weiße Dosen führen Normalstrom, sind also an diesem Morgen „tot“, grüne Steckdosen führen Notstrom, orange Steckdosen halten bei Stromausfall die Spannung mittels einer Batterie für rund 30 Minuten. Für die eine Stunde Stresstest hat Prof. Ebmeyer alle OPs und Anästhesien abgesagt, die ganze Technik, etwa Beatmungsgeräte, wird aber mit Hilfe von Dummys getestet.

Wie verabredet, wird Punkt 11 Uhr der Strom für das Uniklinikum wieder eingeschaltet, es wird wieder „hell“, alle Systeme fahren wieder hoch, die Motoren mit den Notstromgeneratoren schalten sich automatisch wieder ab.

24 Stunden lang hätten sie das Klinikum mit Strom versorgen können, für diese Laufzeit muss Treibstoff, in diesem Fall Heizöl, gelagert werden. Das schreibt der Gesetzgeber vor. Und auch, dass die Motoren in monatlichen Abständen Probe laufen müssen. Dann aber ohne Stromabschaltung.

Die technischen Leiter am Uniklinikum sind froh, dass die Notstromversorgung den Stresstest wie erwartet erfolgreich absolviert hat. Allen ist der Orkan „Kyrill“ vom Januar 2007 noch in guter Erinnerung. Damals war das öffentliche Stromnetz für Magdeburg zusammengebrochen, die Notstrom-Dieselmotoren des Klinikums waren aber nicht angesprungen und das ganze Krankenhaus war für zwei Stunden ohne Strom. „Ein Alptraum, der sich nicht wiederholen darf“, sagt Michael Rüdiger.

Bei der Magdeburger Netze-GmbH ist der Stresstest ebenfalls problemlos verlaufen. „Die Ab- und wieder Zuschaltung hat reibungslos funktioniert“, sagte SWM-Pressesprecherin Cornelia Kolberg. „Die notwendige elektrische Energie konnte sofort wieder bereitgestellt werden.“ Immerhin: Das Uniklinikum hat einen täglichen Strombedarf wie eine Kleinstadt mit rund 22.000 Einwohnern.