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Altlastensanierung Bakterien "fressen" Teer im Grundwasser

Auf dem Gelände der ehemaligen Großgaserei in Magdeburg-Rothensee beginnt 2019 das letzte Kapitel der Altlastensanierung.

Von Stefan Harter 11.05.2017, 01:01

Magdeburg l Die Folgen der gedankenlosen Umweltverschmutzung zu DDR-Zeiten sind bis heute zu spüren. Im Fall der 1993 stillgelegten Großgaserei ist das Grundwasser unterhalb des einstigen Firmengeländes auf lange Zeit mit Abfallprodukten aus der Teerherstellung verseucht. In geringen Mengen tritt es auch in die Elbe aus. Mit dem letzten Teil der bereits im Jahr 2000 begonnenen Sanierung des Bereichs soll nun ein Schlussstrich gezogen werden.

Die Magdeburger Hafen-GmbH und die Landesanstalt für Altlastenfreistellung (LAF) kooperieren hierfür ein weiteres Mal. 2004 wurden zum Beispiel mehrere Teerseen aufwendig ausgebaggert, bis 75.000 Tonnen übelriechender Schlamm wurden entsorgt. Bis jetzt wurden 27 Millionen Euro zur Beseitigung dieser Altlasten investiert. Mit dem neuen Projekt, für das aktuell die Genehmigungsplanung läuft, kommen weitere 10 Millionen Euro dazu.

Dabei wird das 14 Hektar große Gelände zwischen Korbwerder und Kraftwerk-Privatweg u-förmig von Spund- bzw. Dichtwänden eingeschlossen, wie Klaus Heise, zuständiger Projektleiter bei der LAF, erklärt. „Sie sollen das durch jahrzehntelange Kontamination verunreinigte Grundwasser davon abhalten, in den Zweigkanal und die Elbe zu strömen“, sagt er.

Bis zu 27 Meter tief werden diese Wände in den Boden getrieben. Noch in diesem Jahr werden erste Proberammungen durchgeführt, um zu schauen, ob und wenn ja welche Auswirkungen sie auf die mittlerweile dort angesiedelten Unternehmen haben. Dazu werden Erschütterungsmessungen durchgeführt. „Solche Tiefen sind grenzwertig. Wir müssen gucken, ob die vorhandene Technologie das überhaupt schafft,“ sagt Heise.

Für die Anwohner der Ortslage Rothensee besteht auch nach der Maßnahme keine Gefahr, versichert Heise. Entsprechende Strömungsmodelle würden das zeigen. Das Grundwasser fließt ohnehin von West nach Ost. Ein Rückfließen aus dem „Gefängnis“ in Richtung der offenen Seite am August-Bebel-Damm würde es nicht geben. Zur Sicherheit werden aber in diesen Tagen an drei Stellen (Forsthausstraße und an der Kirche) Messstationen installiert. Dort wird stündlich die Grundwasserströmung kontrolliert, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen. Probleme bei Elbhochwasser soll es nicht geben, sagt Heise, „wir werden nicht nasse Keller organisieren.“

Falls die Modelle wider Erwarten versagen, gibt es eine „Rückfalloption“: Um die Schadstoffe nicht nur „einzusperren“, sondern abzubauen, könnten Bakterien eingesetzt werden. Diese seien ohnehin da, man würde dafür sorgen, „dass sie sich wohlfühlen“, damit sie die Giftstoffe schneller „fressen“. Ein einjähriger Feldversuch habe sehr gute Ergebnisse geliefert. Der Einsatz sei aber noch offen, so Heise.

Die LAF übernimmt 90 Prozent der anfallenden Sanierungskosten, den Rest die Hafen-GmbH als Projektträger. Ziel ist es, alte Industrieflächen wieder in den Wirtschaftskreislauf zu bringen und so Raum für Investitionen und Arbeitsplätze zu schaffen, erklärt Klaus Heise.

Nach der Beseitigung der Teerseen konnte die Hafen GmbH das Gelände erfolgreich vermarkten. Bereits 2001 war Nordlam in den Nordbereich gezogen, 2012 kam die Firma Ligno-Tech hinzu. Eine bereits 2010 angelegte Spundwand am Zweigkanal soll langfristig als Umschlagplatz dienen, sagt Ina Schulle von der Hafen-GmbH. Auf dem gesamten Gelände konnten bis auf eine alle Flächen vermarktet werden, erklärt sie weiter. Möglich sei das nur durch die bereits erfolgten Sanierungsmaßnahmen.

Neben der Großgaserei gibt es noch ein weiteres „Sorgenkind“ im Bereich Altlasten in Rothensee. Lösungen für die Sanierung der Flächen der alten Zinkhütte werden aber bereits diskutiert, sagt der LAF-Projektleiter.