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Porträt Magdeburger Puppenspielerin auf wilder Reise

Wieso Freda Winter aus Magdeburg eigentlich keine Puppenspielerin werden wollte, es am Ende aber doch wurde:

Von Christina Bendigs 11.01.2020, 00:01

Magdeburg l „Ich war eine Frau, ein Greenhorn und umgeben von Männern über 50“, erinnert sich Freda Winter an ihre Zeit als Tischlerin an der Deutschen Oper in Berlin. Aus Trotz oder zumindest dem Wunsch nach Abgrenzung hatte sie sich zunächst ganz bewusst dafür entschieden, nicht in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten, die Puppenspielerin ist. Stattdessen entschied sie sich für eine Ausbildung zur Tischlerin.

So richtig erfüllt fühlte sie sich jedoch nicht von diesem Beruf. „Puppenspiel kann man bis 28 studieren“, erzählt sie. Und da habe sie dann doch noch der Ehrgeiz gepackt. Heimlich übte sie für die Aufnahmeprüfung, erhielt dabei Unterstützung von Kollegen ihrer Mutter Irene Winter. Als sie schließlich kurz vor der Prüfung mit der Sprache herausrückte, „hat sie sich gefreut wie Hollerbusch“.

Bereits während des Studiums lernte Freda Winter unterschiedliche Häuser kennen, war auch am Magdeburger Puppentheater aktiv. Bis heute ist sie begeistert von den vielen Möglichkeiten und der Größe des Hauses – mit eigener Werkstatt, Tischlerei, Atelier und vielem mehr. Als sie schließlich gefragt wurde, ob sie gemeinsam mit weiteren Kommilitonen geschlossen am Puppentheater Magdeburg anfangen möchte, „war ich total geflasht“. Die heute 35-Jährige hatte sich damals noch nicht damit befasst, was sie nach ihrem Studium machen wollte, ob sie nicht vielleicht sogar frei arbeiten wollte. „Aber dann lief alles wie ein Uhrwerk immer weiter. Es war dann einfach so“, erzählt sie.

Die Puppenspieler waren seinerzeit eingeladen, selbst Konzepte einzureichen. Und da sie begeistert war von Walter Moers’ „Wilde Reise durch die Nacht“ entwickelte sie gemeinsam mit Kollegen selbst eines – das schließlich auch genommen wurde und inzwischen zahlreiche Zuschauer im Puppentheater begeisterte. Am kommenden Wochenende erfährt das Stück seine Wiederaufnahme, Karten sind noch erhältlich.

Gemeinsam mit Lennart Morgenstern und Florian Kräuter wurde das Stück mit viel Experimentierfreude auf die Bühne gebracht. Angelehnt an die Inszenierungen von Schauspieler Stefan Kaminsky, für den Freda Winter eine Schwärmerei in beruflichen Dingen entwickelt hatte, und unter der Regie von Nis Søgaard, mit einem Text von Tim Sandweg und Hilfe bei der Animation der Illustrationen von Video-Künstler Oliver Feigl wurde das Stück mit starken Bezügen zum Live-Hörspiel inszeniert.

Das Stück kam Freda Winter entgegen, weil sie hier auch mit ihrer Stimme experimentieren konnte. Mit ihrer Stimme zu arbeiten mochte sie schon immer. Beim Festival „Lichtblicke“ in Nürnberg haben die Beteiligten kürzlich einen Preis mit der Inszenierung gewonnen. Auf die Vorstellungen freut sie sich daher auch schon, auch wenn es ihr vor dem Lernen der Texte etwas graut: „Ich hasse Text lernen, das ist wie stoisches Gedichte auswendig lernen.“ Doch wenn sie dann erst wieder auf der Bühne steht und auch der Körper in Aktion ist, staunt sie manchmal selbst, wie schnell die Dialoge wieder präsent sind.

Gern würde Freda Winter wieder mal ein solches Konzept entwickeln. Im Moment fehle es aber am passenden Stoff, sagt sie. Und in andere Projekte ist sie ebenfalls eingebunden. Für die Geschichten zur Dämmerung (Schnitzeljagd) in der Villa P. etwa will sie ein Diorama, ein in die Tiefe gebautes Bild, eine Art 3D-Minibühne, bauen, übernimmt kleinere Synchronisationsaufträge, spielte unter anderem in einem Stopmotion-Film der Firma Hylas Film eine rumänische Wahrsagerin.

Die Bühne zu verlassen und nur als Synchronsprecherin zu arbeiten, könnte sie sich nicht vorstellen. Als Synchronsprecherin würde man nicht mehr vor Publikum agieren, sondern nur in seiner kleinen Sprecherbox sitzen. „Mir würde echt die Bühne fehlen. Ich bin eine Rampensau geworden“, sagt sie. „Ich merke schon, wenn ich viel Freizeit habe, dass ich dann denke: Und was machen wir jetzt?“, erzählt sie.

Wohin sich das Puppentheater entwickeln wird, vermag sie nicht vorherzusehen. „Es wird immer medialer“, sagt sie. Ob ihr das gefällt, darüber ist sie noch unschlüssig. „Für mich ist Puppentheater live und spürbar, ich weiß nicht, ob das geht, wenn so viel Technik um einen herumschwirrt“, so Freda Winter weiter. Ihrem Gefühl nach ist und bleibt Puppentheater ein klassisches Handwerk, das jedoch aufgebrochen und weiterentwickelt werden kann.