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Archäologie Von der Eiszeit bis zur Bombardierung

Interessante und mitunter rätselhafte Funde haben Archäologen auf der Baustelle zum neuen Blauen Bock in Magdeburg entdeckt.

Von Martin Rieß 04.08.2017, 01:01

Magdeburg l Verschiedenfarbige Bodenschichten zeichnen sich am Grund der Baustelle des Blauen Bocks ab. Thomas Weber, beim Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt für die Bodendenkmalpflege in der Region zuständig, sagt: „Hier kann man die Eiszeiten ablesen, die über die Region hinweggegangen sind.“ Wabenförmige Linien im Sand erinnern zum Beispiel an Permafrostboden, der bis in weite Tiefen gefroren war und in dem sich Risse bildeten. In diesem wiederum sammelte sich vor Zehntausenden Jahren der Staub, der heute in Linien zu erkennen ist.

Doch diese erdgeschichtlichen Spuren sind es gar nicht, die ihn und die anderen Archäologen an erster Stelle interessieren. Diesen geht es um die Spuren, die die Menschen hier hinterlassen haben.

All das, was in keinem Geschichtsbuch steht und wozu kein Dokument mehr vorhanden ist, möchten die Wissenschaftler hier ergründen. Thomas Weber sagt: „Wir müssen uns darüberklar werden, dass dieses zu den ältesten besiedelten Gebieten in unserer Stadt gehört.“

Eine Vielzahl an Fundstücken haben die Fachleute in den vergangenen Wochen vorsichtig freigelegt, nummeriert und katalogisiert, gesäubert und verpackt.

Grabungsleiter Michael Krecher berichtet: „Zum Beispiel haben wir Gefäße aus dem 15. Jahrhundert gefunden, die aus einer Apotheke stammen.“ Es handelt sich dabei zum Beispiel um eine Dose, die für Salben benutzt worden sein kann.

Zu den ältesten Fundstücken, die in einer Tiefe von etwas mehr als fünf Metern unter der heutigen Oberfläche gefunden wurden, gehören Keramikscherben. Sie wurden in einer ersten Schätzung von den Fachleuten auf das 13. Jahrhundert datiert.

Die jüngsten Funde, die geborgen werden, stammen aus dem 20. Jahrhundert. Michael Krecher erläutert: „Wir haben recht viel gefunden, was bei der Zerstörung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg in Kellern verschüttet wurde.

Hier haben wir uns dazu entschlossen, einige exemplarische Funde zum Beispiel an Porzellan mit zu sichern.“ Bei den Spuren aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts handelte es sich keineswegs nur um zeitgenössische Untergeschosse von Häusern. „Auch die mittelalterlichen Keller wurden zum Teil noch mit genutzt“, berichtet der Grabungsleiter.

Deutlich seltener als die Spuren aus gebrannten Erden sind die alten organischen Spuren, die die Jahrhunderte überdauert haben. Nennenswert ist hier der Rest von Holzbrettern, mit denen eine Art Sickergrube abgedeckt war. „Leider waren davon aber nur noch Spuren vorhanden, so dass wir die Stelle dokumentiert haben, aber nichts konservieren konnten“, berichtet der Grabungsleiter. Die Sickergrube befand sich neben einer Treppe und war am Boden mit Ziegelsteinen ausgekleidet.

Ein Glücksfall wäre für die archäologische Detektivarbeit zu den Lebensumständen der Menschen im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, wenn ein Brunnen oder gar eine Abfallgrube in einem Hof gefunden würden. Derzeit sind die Grabungsarbeiter aber noch in den Bereichen unterwegs, in denen die eigentlichen Häuser der Magdeburger Bürger standen.

Unter den Funden sind auch zahlreiche Bruchstücke von Ofenkacheln. Woher diese stammen, ist bislang unklar. Michael Krecher meint: „Die könnten aus dem Werra-Gebiet stammen.“

Thomas Weber ist sich da nicht sicher: „Wir haben bei Grabungen vor dem Bau des Parkhauses in der Bärstraße Formen für solche Kacheln gefunden. Die könnten auch gut passen.“ Klar ist nur: Weitere Untersuchungen der Fundstücke sind notwendig, um Klarheit zu den Objekten mit den Engelsgesichtern und den Pflanzenzweigen zu bekommen.