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Contaku Skurril und bunt: Manga-Fans in Magdeburg

Mit der Contaku, der Convention für japanische Popkultur, ist Magdeburg einmal mehr zum Treffpunkt der Cosplay-Szene geworden.

Von Karolin Aertel 11.08.2019, 17:46

Magdeburg l Es war ein skurriler, mitunter verstörender Anblick, den Annekatrin Berger bot. Vier Arme ragten aus ihrem Körper. Die Fingernägel messerklingenlang, ihre langen schwarzen Haare wild zerzaust. Ihre Augen leuchten weiß, die Pupille oval. Statt glatter jugendlicher Haut, am Oberkörper blutiges Fleisch. Annekarin war ein Monster. Sie war Laura - eine Figur aus „The Evil Within“, einem Konsolenspiel. Eine Woche hat sie an diesem Kostüm gearbeitet. Für den blutigen Körper hat sie schichtenweise Latexmilch und Taschentücher verwendet, die Struktur mit Cornflakes und Watte gefertigt. Die zwei zusätzlichen Arme aus Papprollen, Klebeband und Frischhaltefolie gebaut. Alles, für die „16. Contaku“, Magdeburgs Cosplay-Convention.

Seit fünf Jahren gehört die 22-jährige Dresdnerin der Szene an; fühlt sich einer Familie angehörig. Man kennt sich, obgleich die Cosplayer über ganz Deutschland verstreut sind. Daher kennt sie auch Alina Coppus aus Genthin. Die 19-Jährige ist als Leslie verkleidet, ein Patient aus der psychiatrischen Anstalt des gleichen Compuerspiels – „The Evil Within“. Alinas Kostüm ist ein Last-Minute-Outfit. Aus einem weißen Kaputzenpulli hat sie sich eine Zwangsjacke genäht. Eine weiße Kurzhaarperücke gibt der eigentlich Lang- und Schwarzhaarigen ein gänzlich anderes Aussehen.

Die meisten Cosplayer, die sich am Wochenende im Amo trafen, wären im Alltag nicht mehr wiederzuerkennen. Perücken, Kostüme, andersfarbige Kontaktlinsen - sie schlüpften in die Rollen von Anime- und Mangafiguren, von Comic-Helden und Fantasiewesen. Eine Szene, die ihren Ursprung in Japan hat.

Die wenigsten Kostüme sind so verstörend wie jene von Annekatrin und Alina. Den meisten können Attribute wie niedlich und schön zugeschrieben werden. Außergewöhnlich sind sie jedenfalls alle. Und für jene, die in den Genres nicht firm sind, kaum einem Manga, Anime oder Comic zuordenbar. Doch die Cosplayer erklären gern. Urteilen nicht über jene, die sich dafür nicht interessieren.

Umgekehrt ist das jedoch häufig der Fall. An abschätzige Blicke, Gelächter und Kommentare ist man gewohnt. Zumindest, wenn man sich im Kostüm in der Stadt bewegt. Auf dem Weg zu einer Convention beispielsweise. Oder zu einem Fotoshooting. Denn das ist etwas, was viele Cosplayer machen. Sie haben eigene Youtube-Kanäle und Instagram-Accounts, auf denen sie sich in den verschiedensten Kostümen zeigen. So wie Justine und Jasmyn beispielsweise. Ihre Namen wollen sie lieber nicht in der Zeitung lesen.

Justine fängt in Kürze eine Ausbildung bei der Stadt an und weiß nicht, wie ihr neuer Arbeitgeber darauf reagieren würde. Im Kostüm ist sie jedenfalls nicht zu erkennen. Die beiden cosplayen Nico und Rin aus der Anime-Serie „Love Live“. Die Kostüme haben sie bei einem Fachhändler gekauft. Sie sind fantasievoll und bunt. Und sie sind knapp, beinah sexy. „Leider verstehen viele Männer das falsch“, erzählt Jasmyn. „Viele sehen das als Einladung.“ Eine solche ist es aber ganz und gar nicht.

Seit etwa vier Jahren gehört die 18-Jährige der Szene an. Sie kam, wie die meisten, über Pokito TV dazu. Ein Rahmenprogramm, das 2004 auf RTL II nachmittags lief und Anime-Serien, Trends und Spiele zeigte. Dazu gehörte auch „Detectiv Conan“. „Meine Freundin hat mich ewig genervt, dass ich mir das anschauen soll. Irgendwann hab ich das gemacht und war infiziert.“ Sie begann Mangas zu zeichnen, zu Cosplay-Conventions zu gehen und sich zu shooten.

Bei der Contaku ist sie das zweite Mal dabei. Schätzt, dass es eine kleine Convention ist, bei der es besser ist, Freunde zu treffen. Den früheren Veranstaltungsort, der Moritzplatz, habe beiden allerdings besser gefallen. Es sei schöner und familiärer gewesen, als das deutlich größere Amo.

Bereits im vergangenen Jahr wechselte der Veranstalter Andy Lotz, Inhaber des Comic-Kombinats, die Lokalität. Es habe zu viele Zwischenfälle gegeben, respektloses Verhalten der Migranten, die dort leben. Das Amo sollte den Cosplayern mehr Schutz geben. Hat es auch. Doch es sollte auch noch mehr Leute zur Convention ziehen. Die Besucherzahl, die Andy Lotz sich gewünscht hat, konnte das Szenetreffen jedoch nicht erreichen. Trotzdem waren über 1000 Cosplayer und Gäste allein am Sonnabend da. Das Amo war dabei weniger gefüllt. Die meisten saßen draußen auf der Wiese oder im Grünen im Biergarten. Klar, es war schönstes Sommerwetter. Und letztlich wollen die Cosplayer mit ihren aufwendig gestalteten Kostümen ja auch gesehen werden. Zu übersehen, waren sie jedenfalls schon mal nicht.