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Denkmalschutz Stadt Magdeburg droht Grabstein-Retter

Der Magdeburger Lutz Kaufmann hat auf eigene Faust Grabsteine im Nordpark aufpoliert. Die Stadt droht deshalb nun mit einer Anzeige.

Von Christina Bendigs 03.12.2018, 00:01

Magdeburg l Klewitz, Coqui, Zerrenner – wer im Nordpark spazieren geht, stößt dort auf so manche Magdeburger Persönlichkeit. Darunter sind die Namen von Professoren, einer Nonne und anderen. Einige Straßen in Magdeburg tragen ihre Namen. Doch auf den Grab- und Gedenksteinen im Nordpark sind die Namen teilweise schon gar nicht mehr lesbar.

Einer, der daran arbeitete, dass sich das ändert, ist Lutz Kaufmann. Der 72-Jährige hat eine ganze Reihe von Steinen wieder aufpoliert. Strahlend weiß sind die Marmorplatten nun schon von weitem zu sehen und die Namen der Magdeburger Persönlichkeiten wieder lesbar. Denn Lutz Kaufmann, der sagt, er habe bei seiner Ausbildung gelernt, wie man das macht, hat einfach selbst Hand angelegt.

In zahlreichen Arbeitsstunden hat er die Steine gereinigt und die Inschriften nachgezogen. Eigentlich müsste die Stadt nun noch kleine Hinweisschilder neben den jeweiligen Steinen aufstellen, wer derjenige war, findet Kaufmann. Dann könnten sich die Magdeburger über die Namensträger informieren.

Das Ansinnen von Lutz Kaufmann ist gut gemeint. Und von vielen Seiten habe er Respekt und Anerkennung erfahren, erzählt er. Doch bei der Stadtverwaltung und dem kommunalen Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe stößt das Engagement auf Unmut – so sehr, dass dem Senior nicht nur eine Anzeige droht, sondern ein Experte damit beauftragt werden soll, den Schaden zu begutachten, den Lutz Kaufmann an zwei Denkmälern angerichtet habe.

„Auch wenn er mit einem guten Vorsatz Denkmale, vorzugsweise Grabmale, in der Stadt bearbeitet, sind aus denkmalpflegerischer Sicht die Ergebnisse nicht fachgerecht und nicht denkmalgerecht“, informiert Pressesprecher Michael Reif auf Nachfrage.

Die Untere Denkmalschutzbehörde habe inzwischen eine Restauratorin mit einem Gutachten beauftragt, in dem der Aufwand für die Schadensbeseitigung an drei Objekten, darunter am Grabmal von Johanne Duvigneau auf dem Südfriedhof und am Theodor-Kozlowski-Denkmal am Kleinen Werder, ermittelt werden solle, berichtet Reif weiter. Ziel sei, den vorherigen Zustand wiederherzustellen.

Dass die Stadt zu solchen harten Mitteln greift und mit einer Anzeige droht, habe Gründe. „Am 16. März dieses Jahres haben Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde und des Eigenbetriebes Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg mit Herrn Kaufmann ein längeres Gespräch geführt“, erklärt Michael Reif. Hintergrund sei gewesen, dass er mehrere Denkmale auf dem Westfriedhof bearbeitet hatte und dabei nicht fachgerecht vorgegangen sei. Reif: „Wir hatten ihm damals auch mitgeteilt, dass wir ihm die entstehenden Kosten zur Wiederherstellung des Ursprungszustands der damals betroffenen Denkmäler und Grabsteine aus Kulanz nicht in Rechnung stellen.“

Außerdem sei er darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass es bei einer erneuten Bearbeitung von Denkmälern und Grabsteinen ohne Genehmigung zu einer Anzeige oder zu einer Untersagungsverfügung kommen würde. „Offensichtlich hat sich Herr Kaufmann nicht an die damaligen Absprachen gehalten“, so Reif.

Dass man tatsächlich einiges falsch machen kann, wenn man ohne Fachwissen Steine bearbeitet, bestätigt Frank Schuster als Landesinnungsmeister des Steinmetzhandwerks. Die Restauration nehme einen großen Anteil der Ausbildung und der Meisterausbildung des Restaurators ein. Es gebe Leute, die dieses Fach studieren, um Steine fachgerecht restaurieren zu können.

„Bestimmte Facharbeiten sollten nur von jemandem ausgeführt werden, der das gelernt hat“, ist Schuster sicher. Würde er als Steinmetz einen entsprechenden Auftrag erhalten, würde er zunächst Rücksprache mit dem Denkmalamt halten, um abzustimmen, was genau gemacht werden kann und soll und welche Farben verwendet werden dürfen.

"Man denkt immer, an Steinen kann man nicht viel kaputt machen“, sagt Schuster. Doch bei der Verwendung einer falschen Farbzusammensetzung, könnte der Stein zum Beispiel fleckig werden oder den Glanz verlieren. Deshalb sähe er das Engagement bei allem positivem Hintergrund ebenfalls kritisch. „Na ja, und er würde auch nicht einfach zu mir nach Hause kommen und mein Auto putzen“, so Frank Schuster.

Und es gibt andere Mittel und Wege, sich für den Erhalt von Grabmalen einzusetzen, informiert die Stadtverwaltung. Im Rahmen von Grabmalpatenschaften auf den kommunalen Friedhöfen werden ausgewählte Grabstätten angeboten. Diese Grabstätten können für Bestattungen erworben werden, informiert Michael Reif.

Das Grabmal auf diesen Grabstätten bleibt Eigentum der Landeshauptstadt Magdeburg. Auf der Grundlage einer Vereinbarung verpflichtet sich der Pate, das Grabmal zu restaurieren bzw. verkehrssicher zu erhalten. Diese Maßnahme sei eine Variante, um erhaltenswürdige Grabmale langfristig für nachfolgende Generationen als ein Zeugnis der Zeitgeschichte zu bewahren.

Lutz Kaufmann kann den ganzen Wirbel nicht verstehen. Schließlich sei er bereits von zahlreichen anderen Leuten, die er mit einer Auffrischung eines Grabmals oder Gedenksteins überraschte, gelobt worden und habe sich über diese Anerkennung gefreut. Für ihn ist klar: „Für die Stadt mache ich nichts mehr, wenn mein Engagement so aufgenommen wird.“