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Ehrung Ingenieur baut Brücken für die Literatur

Wer wird Magdeburger des Jahres 2019? Herbert Beesten ist einer der Kandidaten. Er verschafft der Literatur in Magdeburg eine Bühne.

Von Martin Rieß 03.12.2019, 00:01

Magdeburg l Ist Magdeburg eine Stadt der Literatur? Nur wenige Menschen, schon gar nicht Außenstehende, würden dies bejahen. Dass sich das ändert – daran arbeitet Herbert Beesten. Und er hat ehrenamtlich bereits Erfolge weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus erzielt.

Als Mitglied der Magdeburger Schreibkräfte und später auch als Vorsitzender des Fördervereins der Schriftsteller in Magdeburg hat er beispielsweise maßgeblich mit angeschoben, dass Magdeburg sich seit mehreren Jahren auf der Leipziger Buchmesse einen Namen gemacht hat. Der im Stil von Bruno Taut gebaute transportable bunte Pavillon ist seit mehreren Jahren zu den Buchmessen ein Hingucker mit Wiedererkennungswert für die Besucher der Messehalle. Mit Leben gefüllt werden der Stand und die Fläche um diesen von Herbert Beesten und seinen Mitstreitern. Sie suchen nach Autoren, die hier das Programm bestreiten, sie moderieren, kümmern sich darum, dass Magdeburg im Rahmenprogramm vertreten ist und sind Ansprechpartner für die Messebesucher.

Ein anderes Beispiel für den Einsatz von Herbert Beesten war 2019 das Programm des Fördervereins zum Jubiläum 100 Jahre Bauhaus. Immer wieder war dabei auch der Ingenieur zu erkennen, der der Autor von Hause aus eigentlich ist. Neben den literarischen Inhalten wurde da der Bau von Bienenstöcken im Bauhausstil initiiert, die dann als Kulisse für Lesungen dienten. Oder es wurden Bierdeckel mit Schlitzen verteilt, aus denen sich neuartige Kartenhäuser konstruieren ließen, und die Fassade des Hotels Ratswaage wurde zur Bühne für eine Installation mit unzähligen Besuchern. Herbert Beesten sagt: „Gerade dieses Projekt zeigt aber, dass man allein gar nichts ist.“ Unter anderem nennt er neben seinen Kolleginnen vom Schriftstellerverein auch Manuel Czerny und das Bürgerensemble Magdeburgs: „Er hat die Idee in ein dramaturgisches Meisterwerk verwandelt, bei dem Vision und Realität verwoben wurden.“ Oder Stefan Haberkorn, dessen Visualisierungen die Fassade des Hotels erst in eine Spielfläche verwandelt haben. Mit dabei waren auch die jungen Filmemacher vom „Film Kollektiv“. Kollektiv ist da ein gutes Stichwort, Herbert Beesten ist ein Teamwerker, der es versteht, verschiedene kreative Menschen zu einem großen Ganzen zusammenzubringen.

Neben den Aktivitäten in Deutschland trägt Herbert Beesten den Namen der Stadt weiter in die Ferne. Zur Weltausstellung in Mailand im Jahr 2015 war er als Mitglied der „KiloGraphen“ mit Karsten Steinmetz nach Italien gereist, und hatte dort eine Woche Literatur aus Sachsen-Anhalt vorgetragen.

Ebenso wie ein Auftritt auf internationaler Bühne 2019: Mit Franka Schumann hatte Herbert Beesten Taiwan einen Besuch abgestattet und dort Performances dargeboten. Der Magdeburger Verein Kulturanker, in dem Beesten auch mitwirkt, hatte den deutschen Beitrag für die Weltgartenausstellung „Taichun World Flora Exposition“ entwickelt und erstellt.

All dieser ehrenamtliche Einsatz, obwohl er sein Geld in einem völlig anderen Bereich verdient. Er hat in Magdeburg das Unternehmen Tarakos mitgegründet und aufgebaut, einen Software-Produzenten, der sich der Entwicklung von Virtual-Reality-Softwaretools zur Planung und Simulation von Logistik- und Produktionsanlagen verschrieben hat. Über Jahre war Herbert Beesten Geschäftsführender Gesellschafter, inzwischen ist er im Rahmen der Betriebsübergabe Geschäftsführer.

Der Weg dahin? Literatur hatte ihn schon in der Jugend begeistert. Als Herbert Beesten noch in Münster lebte, hatte ihn seine Tochter einmal ermuntert, an einem Poetry Slam teilzunehmen – eine jener Veranstaltungen, bei denen Autoren mit Texten gegeneinander um die Gunst des Publikums im Wettstreit stehen. Dass Herbert Beesten zehn Jahre später in Chicago beim Erfinder des Poetry Slams mit einem kleinen Programm auf der Bühne steht und an insgesamt neun deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften teilgenommen hat, wird er damals nicht geahnt haben.

Trotz aller literarischen Kontinuität steht mit dem Schritt in den Ruhestand für Herbert Beesten derweil ein Einschnitt an. Doch Ruhe wird er sich auch dann kaum gönnen. Er verrät: „Ich möchte mit Künstlerinnen und Künstlern in meinem Alter ein Wohn- und Kulturprojekt aufbauen.“ Es geht darum, für Menschen aus dem Kreativbereich für diesen Lebensabschnitt einen Raum zu schaffen, an dem sie leben und wirken können. Klar, dass dies auch bedeutet, dass dieses Zentrum einen öffentlichen Veranstaltungsort beherbergen soll. „Ich bin gespannt, ob das gelingen wird“, sagt Herbert Beesten. Wenn es gelingt, wird Magdeburg um eine neue Form des Zusammenlebens und um eine neue Kulturstätte reicher.

Alles rund um die Wahl zum „Magdeburger des Jahres 2019“ finden Sie hier.

Direkt zur Abstimmung geht es hier.