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EinzelhandelEs rumort hinterm Magdeburger Lichterzauber

Der Magdeburger Stadtrat streitet über Rezepte für eine lebendige Stadt.

Von Katja Tessnow 09.12.2019, 00:01

Magdeburg l Einen Schlagabtausch lieferten sich die Magdeburger Stadträte auf ihrer Sitzung am 5. Dezember 2019 zur Fortschreibung des Maßnahmeplans Handel in der Innenstadt und in den Stadtteilzentren. Immerhin fast eine halbe Million Euro sollten 2020 in Projekte zur Förderung des Einzelhandels fließen. Jetzt werden es knapp 40.000 Euro weniger.

Der Magdeburger Wirtschafts-Beigeordnete Rainer Nitsche (CDU) verstand die Welt nicht mehr, als ein Gewitter über ihn hereinbrach. „Ich atme tief und schweige“, gipfelte die Tirade von SPD-Fraktionsvize Falko Grube über die aus Sicht seiner Fraktion mangelhafte Qualität des aus dem Wirtschafts-Dezernat vorgelegten Beschlusspapiers. Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) trat später nach. Die Drucksache habe nicht die Qualität, die wünschenswert wäre. Sie sei nicht vernünftig vorbereitet worden.

Zur Sache. Auch wenn der Trubel zum Weihnachtsgeschäft es kaschiert, der Einzelhandel ächzt unter Einbußen – in Magdeburg wie überall im Land. Der wachsende Online-Markt ist ein Grund. In Magdeburg kommen dauerhafte Straßensperrungen rund um die Innenstadt und an Stadtteilzentren hinzu. 2017 fanden Händlervertreter, Hochschulen, Kommunalpolitiker und andere um die lebendige Stadt besorgte Menschen zusammen, um ein Maßnahmepaket zur Händlerhilfe zu schnüren. Im Stadtrat stand dessen Fortschreibung und die Ausstattung mit 490.500 Euro zur Debatte.

Der Wirtschafts-beigeordnete warb für den Beschluss des Paketes, weil es ein gemeinsam mit dem Innenstadthandel, Pro M und weiteren Partnern erarbeitet und abgestimmt sei. SPD, Grüne/future! und Tierschutzpartei/BfM machten im Gegenteil per Änderungs-antrag für die Streichung von gleich sechs Punkten aus dem Maßnahmeplan mobil. „Beim Wochenmarkt geht es nicht nur um ein paar neue, bunte Sonnenschirme“, schimpfte SPD-Fraktionschef Jens Rösler.

Eine grundsätzliche Neuausrichtung müsse her. Während Märkte in anderen Städten Anziehungspunkte und echte Attraktionen im Stadtleben sind, dümpeln die Magdeburger tatsächlich vor sich hin – Konsens im Rat. Dass SPD und Grüne dem zentralen Wochenmarkt aber deshalb die ihm zur Qualifizierung fürs Erste zugedachten 41.000 Euro streitig machen wollten, erschloss sich einer Ratsmehrheit nicht; das Marktgeld überstand die Attacke ungekürzt.

Anders endete die Debatte um zwei Internet-Portale, die helfen sollen, das Einkaufen in Magdeburg zu stärken und eine entsprechende Beilage in der Volksstimme. Nitsche bleibe den Beweis der Sinnhaftigkeit schuldig, so Rösler. „Von Millionen Klicks ist jedenfalls keine Rede.“ Neben den Zuschüssen für Markt und Werbung stellten SPD und Grüne Subventionen für die Modavision, die Show der regionalen Modehändler, das Management für Geschäftsstraßen in den Stadtteilen und ein Sonderbudget für die Gewinnung spezieller Kundenkreise (zum Beispiel nach Altersgruppen) für den lokalen Einzelhandel zur Disposition.

„Ich bin irre irritiert“, reagierte CDU/FDP-Fraktionschef Wigbert Schwenke. Er verstehe den Antrag beim besten Willen nicht. „Das sind Projekte, die schon länger laufen und bisher nicht infrage gestellt wurden.“ Zur Güte machte Schwenkes Fraktion den Vorschlag, zunächst nur den Gesamtetat von etwa einer halben Million Euro festzuschreiben und über jedes einzelne Projekt noch einmal zu diskutieren – Ablehnung. Für die AfD räumte auch deren Fraktionschef Frank Pasemann Unverständnis für die Attacke von rot-grün ein und forderte mehr Mut bei der Förderung der regionalen Wirtschaft ein. Gartenpartei-Mann Marcel Guderjahn beklagte, dass unter anderem der heftig unter Druck stehende Einzelhandel in Buckau keine Berücksichtigung im Hilfspaket findet. Der Wirtschaftsbeigeordnete gelobte Änderung. „Da wollen wir auch etwas machen.“

Der Abstimmung fielen am Ende die Zuschüsse für Online-Auftritte im Dienste des Handels vor Ort und jene für zielgruppengerechte Werbung zum Opfer. Im Gegenzug lehnte eine Ratsmehrheit den ergänzenden Antrag der rot-grünen Allianz ab, zusätzlich 35.000 Euro zum Ausbau der „Lichterwelt“ bereitzustellen. Unter anderem Anlieger an der Sternstraße und der Großen Diesdorfer Straße wünschen sich, dass ihre Straßenzüge ins festliche Lichtkonzept einbezogen werden, auf dass das Funkeln nicht nur die Innenstadt, sondern auch Stadtteilzentren belebt. Eine Ratsmehrheit wies den Ad-hoc-Ausbau ab, schloss ihn aber für die Folgejahre nicht aus. Das neue Vorweihnachtsglitzern hält für den versammelten Rat als Erfolgsrezept zur Belebung der Innenstadt her.

Das Fazit der Debatte fällt dürftig aus: 38.500 Euro weniger zur Händlerförderung in Magdeburg, aber statt der gestrichenen keine neuen Ideen.