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Gastronomie Kampf um den öffentlichen Raum

Was kann Magdeburg tun für mehr Leben unter freiem Himmel? Im Stadtrat wurden mehrere Ideen diskutiert.

Von Katja Tessnow 16.07.2020, 01:01

Magdeburg l Immerhin so weit kommt die Stadt Magdeburg Gastronomen und Händlern in diesem besonderen Corona-Sommer entgegen: Für die Nutzung des öffentlichen Raums als Außenterrasse oder Handelsfläche müssen sie rückwirkend ab März keine Sondernutzungsgebühren zahlen. Der Stadtrat stimmte einem entsprechenden Antrag der Fraktion Grüne/future! einstimmig zu, obwohl er eigentlich gegenüber der Verwaltung keinen Gebührenerlass anweisen darf. Er wird aber umgesetzt, versprach der zuständige Baubeigeordnete Dieter Scheidemann (parteilos) in schönstem Beamtendeutsch. „Wir werden das als ermessenslenkenden Beschluss des Stadtrates so annehmen.“

Die Gebührenfreiheit soll bis mindestens zum nächsten Sommeranfang gelten; vorläufiger Stichtag 30. Juni 2021. „Das ist tatsächlich der frühestmögliche Zeitpunkt, wo wir Corona eventuell hinter uns haben“, urteilte SPD-Fraktionsvize Falko Grube. Der Gebührenerlass bis zu diesem Zeitpunkt – er gilt qua Beschluss auch für die Stellplätze von Carsharing-Anbietern und Fahrradabstellplätze – war komplett unstrittig im Rat.

Gescheitert sind Grüne/future! im Rat dagegen mit einer nachträglich erweiterten Forderung auf Entgegenkommen für Freiluftveranstalter und Gastronomen. Weil nicht jeder über großzüge Außenterrassen verfügt, aber just alles öffentliche Leben wegen der Corona-Kontaktbeschränkungen an die Luft strebt, solle die Verwaltung Anträge auf eine temporäre Umnutzung auch von Verkehrsflächen und Parkplätzen zur gastronomischen oder kulturellen Nutzung unbürokratisch und schnell bearbeiten und Interessierte offensiv auf aktuell erweiterte Nutzungsmöglichkeiten des öffentlichen Raums ansprechen.

„Das Thema ist als Folge der Corona-Krise hochgekommen“, erklärte Julia Mayer-Buch (Grüne) und dass Kommunen gerade jetzt zur Kreativität aufgerufen seien, um Gastronomie und Kultur zu unterstützen. Eine „sehr sinnvolle Idee“ nannte das Dennis Jannack (Linke). Und auch von einem, der sonst mit den Grünen im Rat eher auf (politischem) Kriegsfuß steht kam vehemente Fürsprache. Ratsvorsitzender Michael Hoffmann (CDU) war aus vollem Herzen für die Unterstützung von Gastronomen und anderen von der Corona-Krise Betroffenen. „Ich sehe sonst eine ganze Menge Insolvenzen.“ Was auch immer der Belebung der Außengastronomie diene, sei anstrebenswert. „Wir sind schließlich auch eine Studentenstadt.“

Gegenrede zur Umnutzung von Verkehrsflächen speziell für kulturelle Zwecke kam von der AfD. Dafür gebe es hinreichend andere Flächen, sagte Ronny Kumpf. Aber nicht jeder Gastronom verfüge über eine solche vor der eigenen Haustür, konterte Dennis Jannack (Linke). Eben, schloss sich sinngemäß Madeleine Linke, Fraktionschefin Grüne/future!, an und deshalb müsse man „mal temporär was wagen“. „Schließlich wird auch die Jury zur Kulturhauptstadt-Bewerbung honorieren, wenn Städte besonders kreativ mit der Krise umgehen.“

Alles Argumentieren half nicht. Am Ende lehnte eine Mehrheit aus CDU/FDP, SPD, und AfD den Vorstoß zur Flächenumnutzung ab.