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Gesundheit Leiden, die kaum einer kennt

Sonntag leuchten am Magdeburger Katharinenturm zwei Hände - das Logo des Tages einer seltenen Krankheiten.

Von Bernd Kaufholz 27.02.2021, 00:00

Magdeburg l In der 22. Schwangerschaftswoche wird ein Ultraschallbild vom Kind einer 28 Jahre alten, werdenden Mutter gemacht. Beim Blick auf die Aufnahme entdeckt der Arzt Unregelmäßigkeiten. Er schaut in eine Tabellle anhand derer er bezogen auf die Schwangerschaftswoche Maße von Extremitäten ablesen kann. Die Angaben erhärten seinen Verdacht: Die Länge der Oberschenkel des Ungeborenen liegt unter dem Durchschnitt. Es besteht der dringende Verdacht, dass die seltene Krankheit Achondroplasie, Kleinwüchsigkeit, vorliegt.
Die Eltern stehen vor einer schweren Entscheidung: Abtreibung, sich mit der möglichen Behinderung abfinden oder sich an einen Spezialisten für seltene Krankheiten wenden, um sich über Therapiemöglichkeiten zu informieren, sich genetisch beraten zu lassen und mögliche Komplikationen zu besprechen. Was auch mit Blick auf den weiteren Schwangerschaftsverlauf wichtig sein kann.
Auf 20.000 Geburten ein Fall von Kleinwüchsigkeit
Professor Klaus Mohnike, Oberarzt an der Kinderklinik am Magdeburger Universitätsklinikum, gehört zu den Spezialisten. Er ist zugleich Chef des Mitteldeutschen Kompetenznetzes Seltene Erkrankungen (Artikel unten) und eine internationale Kapazität auf dem Gebiet der Kleinwüchsigkeit.
„Ausgegangen wird von einem Fall auf 20.000 Geburten“, weiß der Arzt. „Weltweit sind mehr als 250.000 Menschen betroffen. In Deutschland werden in jedem Jahr 40 bis 45 Kinder mit Achondroplasie geboren.“
Bereits kurze Zeit, nachdem er als junger Arzt 1975 an der Medizinischen Akademie, Vorgängerin des heutigen Universitätsklinikums, begonnen hatte, interessierte sich der Magdeburger für den Bereich der seltenen Krankheiten, von denen es rund 8000 verschiedene gibt. Und besonders für Kleinwüchsigkeit.
Einige Ärzte – Genetiker, Radiologen und andere Fachbereiche – trafen sich alle halbe Jahr innerhalb einer Arbeitsgruppe, um die neuesten Erkenntnisse auszutauschen und Fälle zu besprechen. Mohnike übernahm 1978 die Achondroplasie-Sprechstunde an der Medizinischen Hochschule Magdeburg.