1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Museumsschiff wird vom Rost befreit

Gustav Zeuner Museumsschiff wird vom Rost befreit

Im Magdeburger Dampfer "Gustav Zeuner" gibt's 2019 keine Führungen. Das Schiff wird in einem multinationalen Projekt saniert.

Von Rainer Schweingel 02.03.2019, 00:01

Magdeburg l Wer werktags am Kettenschleppdampfer „Gustav Zeuner“ in Magdeburg vorbeispaziert, der könnte meinen, hier sei etwas ganz Schlimmes passiert. Denn in regelmäßigen Abständen steigen aus dem Schiffsbauch Männer in Vollschutz – ganz wie es Ermittler bei einer Tatortabsuche nach Gewaltverbrechen tun.

Doch der Eindruck täuscht. Die vermeintlichen Ermittler sind ganz normale Arbeiter. Und der Tatort ist der Arbeitsplatz namens Museumsdampfer „Gustav Zeuner“. Und dessen „Bauch“ muss mal wieder aufgeräumt werden.

Wasser ist durch das Deck in die Innenräume eingedrungen, das Rost ausgelöst hat, erklärt Jens Klein. Der Projektleiter der Magdeburger Gesellschaft für Innovation, Sanierung und Entsorgung (Gise) hat für die Sanierung den Hut auf, das Jobcenter und die Landeshauptstadt Magdeburg finanzieren. Seit Herbst 2018 übernehmen 22 Arbeitsuchende die Aufgabe, die „Gustav Zeuner“ unter Deck wieder flottzumachen.

Das Besondere: Hier arbeiten zwölf Deutsche mit zehn Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan zusammen und sind verantwortlich fürs Grummeln im Schiffsbauch. Gemeinsam wird geschliffen, gerackert und gepinselt.

Einer von ihnen ist Nidhal Saadia. Der Syrer arbeitet sich im Schiffsbauch unter Vollschutz mit der Schleifmaschine voran und entfernt Rost. Als die Volksstimme ihn fragt, sagt er strahlend in seinem frisch gelernten, aber noch holpernden Deutsch: „Es ist anstrengend, aber es macht Spaß. Und ich kann mein Deutsch weiter verbessern“, so der gelernte Mechaniker.

Das Gise-Projekt gibt ihm wie auch Denny Bolek ein paar Kajüten weiter die Gelegenheit, seine eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern und gleichzeitig bei sinnvoller Arbeit dazuzulernen. Auch Denny Bolek, der gerade speziellen Rostschutz verpinselt, sagt: „Mit den Kollegen aus Syrien und Afghanistan gibt es Spaß, auch wenn es manchmal mit der Verständigung noch schwierig ist.“ Insgesamt aber läuft es gut, schätzt auch Vorarbeiter Jens Strutz ein. "Ist schon eine gute Truppe hier“, sagt er.

Einen Nachteil gibt es allerdings doch, und zwar für alle Freunde der historischen Schifffahrtstechnik. „Es tut uns leid. Aber wegen der Sanierung sind in diesem Jahr keine Führungen möglich“, kündigt Projektleiter Jens Klein an.

Rund 9000 Gäste jährlich hatten seit der Eröffnung 2010 der „Zeuner“ in ihren Bauch geguckt und sich von Fachleuten die Antriebstechnik des Kettenschleppers erläutern lassen.

„Für die Sanierung mussten wir aber die gesamte Inneneinrichtung ausbauen und zwischenlagern“, so Jens Klein weiter. Sind die Arbeiten unter Deck abgeschlossen, geht es mit den Aufbauten weiter. Deshalb wird es dieses Jahr keine Führungen mehr geben.

Ab Mai 2020 ist es wieder möglich, die „Gustav Zeuner“ kostenlos zu besichtigen. Ein Besuch der „Zeuner“ und der anderen an Land liegenden Schiffe lohnt sich dennoch. Es gibt Schautafeln. Zudem können Passanten täglich Fortschritte bei den drei anderen Schiffen in direkter Nachbarschaft sehen. Dort werden – ebenfalls von Gise-Mitarbeitern – der Eimerkettenschwimmbagger „Otter“, eine Schute und ein ehemaliger Tauchschacht an Land saniert. Voraussichtlich 2021 sollen dann die drei historischen „Schiffe“ fertig sein.

Mindestens bis dahin bleibt das Areal rund um die „Gustav Zeuner“ dann letztendlich doch ein „Tatort“ – und zwar einer für Sanierung sowie für alle, denen etwas an Magdeburger Schifffahrtsgeschichte liegt.