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Hausbesuch Vom Essen und Schwatzen in Magdeburg

Der Torkrug gilt als Institution in Magdeburg. Wie die Gaststätte die Corona-Krise erlebt, hat die Volksstimme bei einem Besuch erfahren.

Von Marco Papritz 25.01.2021, 11:59

Magdeburg l „Die Knacker sind schon aus, alles andere ist noch zu haben.“ „Klar, das geht auch mit Kartoffeln.“ „Es sind schon einige Gäste zum Abholen da – kommen Sie bitte in circa 20 Minuten.“ Geduldig beantwortet Birgit Riedziewski die Fragen der Anrufer, die sich im Minutentakt in der Gaststätte „Zum Torkrug“ melden. Es ist Freitagvormittag und die Gastronomin auf Betriebstemperatur.

In das Klagelied, dass die Branche seit Monaten wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Verordnungen zur Eindämmung des Virus, die verständlicherweise stetig erweitern werden und mit Betriebseinschränkungen verbunden sind, möchte sie nicht einstimmen. „Anderen geht es auch schlecht, wir versuchen das Beste aus der Situation zu machen“, so Riedziewski, bevor sich der nächste Anrufer meldet.

Derzeit bietet der Torkrug einen Mittagstisch mit verschiedenen Gerichten für Selbstabholer an – wie bereits vor der Corona-Krise. Man habe sich lediglich anders strukturieren müssen. „Das läuft zwar gut, doch allein davon leben können wir nicht, so dass wir auf staatliche Unterstützung angewiesen sind“, sagt sie. Stammtische, Familienfeiern, Skatrunden. Dazu noch der Pensionsbetrieb – alles ist weggebrochen. Dennoch hat der Außer-Haus-Betrieb, dessen Gerichte über Facebook sowie WhatsApp kommuniziert werden, sein Gutes, so Steffen Riedziewski: „Das Team hat Arbeit und wir bleiben im Gespräch.“

Zehn festangestellte Mitarbeiter sowie vier Pauschalkräfte zählt der Torkrug – seit über 100 Jahren besteht das Gasthaus bereits und wird seit über 30 Jahren von Steffen Riedziewski betrieben. Diese Kontinuität ist ungewöhnlich in der heutigen Gastrolandschaft. Dies zeigt sich auch in Diesdorf, wo die Gaststätte an der Zerrennerstraße eine der wenigen Betriebe ihrer Art ist. Mittlerweile kommt dem Torkrug eine wichtige soziale Funktion zu – nämlich die des Austauschs beziehungsweise der Kontaktmöglichkeit – die angesichts beispielsweise von fehlenden Bäckereien im ehemaligen Bördedorf und derzeit geschlossener Friseurgeschäfte noch verstärkt wird. „Etwas ,sabbeln‘ muss schon sein – und wenn es nur ein, zwei Neuigkeiten sind, die man austauscht. Das ist mir auch wichtig“, so Birgit Riedziewski.

Denn Gäste fehlen der Gastwirtin nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen: „Zu vielen besteht seit Jahren ein guter Kontakt. Ich frage mich oft, ob es ihnen gut geht“, sagt sie nachdenklich. Denn man begleite ähnlich wie ein Arzt eine Vielzahl von Menschen und deren Leben. „Sei es bei Feiern wie Einschulung, Jugendweihe, Hochzeiten, runde Geburtstage ... dabei entstehen über die Jahre Bindungen“, so Birgit Riedziewski.

Eine ihrer Corona-Beobachtungen: „Von einer angeblichen Aggressivität unter den Menschen ist zum Glück nichts zu spüren.“