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Hilfe für Arme Mehr Kunden bei der Magdeburger Tafel

Die Magdeburger Tafel besteht seit 20 Jahren - und ist für viele Menschen eine wichtige Institution.

Von Christina Bendigs 17.10.2017, 01:01

Magdeburg l „Ich muss mich überall einschränken“, sagt Heike aus Magdeburg. Sie sitzt allein an einem Tisch in den Räumen der Tafel-Ausgabestelle an der Karl-Schmidt-Straße in Magdeburg und wartet, dass ihr Los aufgerufen wird, damit sie einen Korb mit Lebensmitteln abholen kann. „Ich bekomme seit einem Jahr Hartz IV“, sagt die 52-Jährige, die nicht mit Nachnamen genannt werden möchte.

Gelernt hat sie einst den Beruf der Köchin „in einer Großküche“, erzählt die Magdeburgerin. „Nach der Wende fing es dann an“, erzählt sie. Immer wieder sei sie zwischenzeitlich arbeitslos gewesen. Zuletzt war sie als Reinigungskraft tätig. Doch gegen die Putzmittel entwickelte sie Allergien: „Ich darf jetzt nicht mehr in dem Beruf arbeiten“, erzählt sie. Zunächst bekam sie Arbeitslosengeld, nun Hartz IV. Dass sie zur Magdeburger Tafel geht, um ein bisschen zu sparen, „ist nicht gerade angenehm, aber man braucht es“. Und die Mitarbeiter seien alle sehr nett.

So wie Heike geht es auch vielen anderen Magdeburgern, bei denen das Geld einfach nicht zum Leben reicht – darunter Rentner, Langzeitarbeitslose, Alleinerziehende. Sandra zum Beispiel ist 35 Jahre alt. Sie hat drei Kinder, eines lebt bei ihr. Sie hat kein Auto und keinen Führerschein, aber einen landwirtschaftlichen Beruf gelernt. Aussichten, in ihrem Beruf Arbeit zu finden, hat sie kaum. Aber zumindest hat sich ihr Leben in den vergangenen Monaten durch einen Umzug verbessert. Während sie die Lebensmittelspenden der Tafel anfangs brauchte, um zu überleben, ist es inzwischen eine Möglichkeit, ein wenig Geld zu sparen.

Die Mitarbeiter der Tafel geben täglich etwa 250 bis 280 Lebensmittelkörbe heraus, monatlich circa 5000. Sie werden für zwei Euro verkauft. Je nach Spendenaufkommen sind sie mal mehr mal weniger gut gefüllt. Zweimal pro Woche können sich Bedürftige einen solchen Korb abholen. Ihre Bedürftigkeit müssen sie mit einem Bescheid nachweisen und bekommen dann einen Tafelausweis, in dem abgestempelt wird, wann sie dort waren.

Die Magdeburger Tafel sei sehr gut ausgestattet, berichtet Alexandra Rießler. Sie ist die Geschäftsführerin der Gesellschaft für Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung (AQB), die die Tafeln betreibt. In anderen Städten könnten Bedürftige nur einmal alle zwei Wochen oder nur einmal monatlich das Angebot nutzen. Zusätzlich zu den Lebensmittelkörben gibt es auch Mittagessen bei der Magdeburger Tafel. Monatlich werden circa 1500 Portionen herausgegeben.

Die Zahl der Nutzer hat sich seit 2013 nahezu verdoppelt: 3557 waren im Jahr 2013 registriert, darunter 1110  Kinder. 2016 waren es 6422, darunter 2058 Flüchtlinge und 1886 Kinder. Der Anstieg kam mit der Flüchtlingskrise. Und so kommen auch viele ausländische Menschen, um sich bei der Tafel für einen Obolus Lebensmittel zu kaufen. Ferrenz aus Ungarn zum Beispiel gehört zu ihnen. Aber er kam schon vor der Flüchtlingskrise. Seit drei Jahren nutzt er das Angebot der Tafel.

Früher hätten die Mitarbeiter der Tafel auch Lebensmittel gehortet, um an Tagen, an denen es weniger Spenden gab, nicht mit leeren Händen dazustehen, erinnert sich Alexandra Rießler. Das war zu jener Zeit, als die Tafel ihren Sitz noch im Buckauer Bahnhof hatte. Dort gab es auch jede Menge Platz, um sie einzulagern.

Das ist mit dem Umzug in die Karl-Schmidt-Straße nicht mehr möglich. „Wir sammeln morgens die Spenden ein und geben sie nachmittags wieder heraus“, erzählen sie. 50 Tonnen Lebensmittel werden monatlich abgeholt, angenommen und wieder weitergereicht. Unter anderem tragen dazu auch die Tafelgärten bei. Und im Sommer kämen auch viele Kleingärtner, die überschüssiges Obst und Gemüse abgeben würden.

Dennoch: Es werden immer Spenden gebraucht, sagt Alexandra Rießler. Wichtig ist, dass Kühlketten eingehalten werden, damit die Lebensmittel auch wirklich in Ordnung sind.

Hin und wieder kommt es vor, dass jemand keine Spende abbekommt. Dann versuchen die Mitarbeiter, ihn auf jeden Fall beim nächsten Mal zu berücksichtigen.

Streit gibt es nicht mehr, seit die Mitarbeiter die Lose eingeführt haben. Um 13.30  Uhr zieht jeder, der auf einen Korb wartet, eine Zahl. Dann geht es der Reihe nach. Früher gab es oft Streit an den Ausgabestellen, erinnern sich Alexandra Rießler und Anleiterin Anja Rohrbeck, die schon seit 14 Jahren für die Tafel arbeitet. Nicht selten gab es dann Polizeieinsätze. Doch inzwischen hat sich das geändert.

Die Magdeburger Tafel wurde 1997 gegründet. 2005 eröffnete die zweite Ausgabestelle in Olvenstedt. Seit 2006 sind zudem drei mobile Ausgabestellen eingerichtet worden. „Wir dachten, dass wir damit die festen Ausgabestellen entlasten können, aber wir haben neue Kundenfelder erschlossen“, erzählt Alexandra Rießler.

Dankbar ist sie für die Unterstützung von den acht Ehrenamtlichen, die die vier Anleiter und die 31 Kräfte aus Maßnahmen unterstützen. Unter anderem arbeiten auch acht Flüchtlinge bei den Tafeln mit. Ein Segen für die Teams. Denn auf diese Weise klappt die Verständigung viel besser.