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Kastrationspflicht Debatte über Streunerkatzen in Magdeburg

Streunerkatzen machen Kommunen oft das Leben schwer. Deswegen finanziert das Land jetzt eine Studie, unter anderem in Magdeburg.

Von Jana Heute 04.03.2018, 06:00

Magdeburg l Auch im Jahr 2018 zahlt das Umweltministerium Sachsen-Anhalt 10.000 Euro dafür, dass wild lebende Streunerkatzen in festgelegten Gebieten in Magdeburg und dem Bördekreis eingefangen und kastriert werden. Das Ganze wird zugleich dokumentiert. Die Aufgabe übernehmen zwei Tierschutzvereine: das Bündnis für Tiere e. V. Magdeburg und der Wolmirstedter Tierschutzverein. „Wir haben uns für das Pilotprojekt beworben und den Zuschlag erhalten. Seit Herbst 2016 läuft es“, erzählt Mirjam Karl-Sy, Vorsitzende vom Bündnis für Tiere.

Der Magdeburger Verein ist schon seit Jahren dran am Thema und fordert konsequent die Einführung einer Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht für Streunerkatzen. Das würde zum einen die Katzenbesitzer in die Pflicht nehmen, ihre Samtpfoten für die Kastration zum Tierarzt zu bringen, bevor sie die Vierbeiner vor die Tür lassen. Den Tierschutzvereinen wiederum würde das viel Arbeit, finanzielle Sorgen und rechtliche Unsicherheiten abnehmen, sagt Karl-Sy. Denn: Wenn die Vereine auf eigene Kosten Streunerkatzen einsammeln, kastrieren lassen und wieder aussetzen, riskieren sie auch Ärger mit dem Besitzer, so es denn doch einen gibt. „Das ist alles schon vorgekommen. Eine Kastrationspflicht würde rechtliche Klarheit bringen“, so die Vereinschefin.

Rund 400 Kommunen in Deutschland haben eine solche Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht für Streunerkatzen bereits eingeführt. Paderborn war Vorreiter. Doch in Ostdeutschland gebe es bislang nur wenige Städte und Gemeinden, die mitmachten, sagt Karl-Sy. In Sachsen-Anhalt ist es bislang lediglich Bad Dürrenberg.

Das Ordnungsamt der Saalekreis-Stadt berichtet von positiven Erfahrungen seit Einführung der Kennzeichnungs- und Kastrastrationspflicht 2010. „Davor gab es häufig Meldungen, dass wieder neue Welpen gefunden wurden“, berichtet Mitarbeiter Holger Riedel der Volksstimme. Das Tierheim sei des Problems kaum noch Herr geworden. Dann fiel in der 12.000-Einwohner-Stadt die Entscheidung, neben der Kastrations- auch eine Kennzeichnungspflicht für die Streuner einzuführen. „Sie müssen tätowiert oder gechippt werden, ähnlich wie beim Hund“, erklärt der Amtsmitarbeiter. Besitzer würden angehalten, die Freiläufer kastrieren zu lassen. Herrenlose Katzen hingegen würden auf Kosten der Stadt eingefangen, kastriert und dort wieder ausgesetzt, wo sie gefunden wurden. „Auf null kriegt man die Population dadurch nicht, aber wir haben seither weniger Meldungen über Welpenfunde“, berichtet Holger Riedel weiter. Die eingeführte Verpflichtung sei ein Druckmittel. Auf Bußgelder habe man bisher aber verzichtet, meint er. In Bad Dürrenberg ist man davon überzeugt, dass die Kastrationspflicht bei der Eindämmung der unkontrollierten Vermehrung hilft.

In Magdeburg wollte man diesen Schritt bislang nicht gehen. Zur Forderung mehrerer Tierschutzvereine hieß es immer wieder, es gebe in der Stadt gar kein Katzenproblem. Dennoch wurde zeitweise sogar ein Futterverbot diskutiert. Vor fünf Jahren führte die Verwaltung schließlich die Meldepflicht für Futterstellen ein. Das hat schon etwas gebracht, findet Vereins-chefin Karl-Sy. Erfasste und betreute Futterstellen trügen dazu bei, dass die Fütterung nicht unkontrolliert erfolge. Die Katzen vermehren sich wohlgenährt noch besser, was freilich nicht gewollt ist.

Allein das Bündnis für Tiere Magdeburg betreut aktuell 38 Futterstellen. Elf davon fallen in das laufende Pilotprojekt vom Land. So konnten dort in nur einem Jahr mit dem Projektgeld 62 Katzen kastriert werden. Regelmäßig werden die Tierbestände erfasst. Ziel der Studie ist es herauszufinden, wie effektiv sich das gezielte Kastrieren der Streuner auf die Population in einem bestimmten Gebiet auswirkt. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden.

Das Projekt sei zunächst bis Ende 2018 befristet. Eine Verlängerung werde angestrebt, erklärt die Sprecherin des Umweltministeriums Jenny Schwarz auf Nachfrage. Das sei aber abhängig von den verfügbaren Haushaltsmitteln.

Könnte es im Ergebnis sogar eine landesweite Kastrationspflicht für Streunerkatzen geben? Dafür bestünde im Tierschutzgesetz keine Ermächtigung, erklärt die Sprecherin. Lediglich für bestimmte Areale. „Eine Anordnung der Kennzeichnung oder die Beschränkung des Auslaufes von Katzen“ könne nur in Gebieten verfügt werden, in denen „ein Problem bei freilebenden Katzen aus Sicht des Tierschutzes“ festgestellt werden könne.

Nach einer landesweit einheitlichen Regelung sieht es danach also eher nicht aus.