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Katastrophenhilfe Apothekerin ohne Grenzen

Die Magdeburgerin Petra Isenhuth leistet Nothilfe nach Katastrophen. Sie gehört zu den Apothekern ohne Grenzen.

Von Michaela Schröder 02.05.2016, 01:01

Magdeburg l Petra Isenhuth unterstützt seit 2008 den Verein „Apotheker ohne Grenzen (AoG) Deutschland“. 2013 nimmt sie erstmals an einer Schulung für Nothilfeeinsätze in Katastrophengebieten teil.

Wenige Wochen später wütet der Taifun Haiyan über den Philippinen. Tausende Menschen verlieren ihr Leben, Millionen sind anschließend ohne Dach über dem Kopf. Die Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen schickt ein Team in das Katastrophengebiet. Mit an Bord ist Petra Isenhuth.

Es ist ihr erster Einsatz, sie ist aufgeregt. „Natürlich wird man in den Schulungen auf verschiedene Situationen und Anforderungen in einem Notfalleinsatz vorbereitet. Ich fragte mich dennoch, ob ich dem Leid vor Ort gewachsen bin“, erzählt die gebürtige Magdeburgerin, die seit 25 Jahren die Ost-Apotheke an der Berliner Chaussee betreibt. Ihre Entscheidung habe sie aber zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt.

„Da die nötige Infrastruktur komplett zerstört war, war es sehr schwierig, in die betroffenen Gebiete vorzudringen“, berichtet Petra Isenhuth. Mit einem Militärhubschrauber der südkoreanischen Armee wird das Apotheker-Team auf die philippinische Insel Leyte geflogen. „Unvorstellbar bot sich uns ein Bild der Zerstörung: Sturm und Flut hatten ein riesiges Chaos angerichtet. Häuser waren einfach weggespült, Blechdächer abgedeckt oder zusammengefaltet“, erzählt die 55-Jährige. Um den Opfern des Erdbebens möglichst schnell und wirksam zu helfen, wird mit anderen Hilfsorganisationen, Ärzten und Technikern ein Erste-Hilfe-Camp errichtet. Petra Isenhuths Aufgabe ist es unter anderem, lebenswichtige Arzneimittel bereitzustellen, auszugeben und das Depot zu koordinieren.

„Ein weiterer Schwerpunkt war, Patienten in entlegenen Dörfern mit unserer mobilen Apotheke zu versorgen“, erzählt Petra Isenhuth. Wo die Ärzte und Apotheker vor Ort sind, bilden sich endlose Schlangen mit Hilfesuchenden, die in brütender Hitze auf die medizinische Versorgung warten. Sprachliche Barrieren erschweren die Hilfe vor Ort. Nicht jeder Filipino spricht Englisch. 10 bis 12 Stunden ist Petra Isenhuth täglich im Einsatz, um die notleidenden Menschen mit Medikamenten zu versorgen. Die Unterbringung der ehrenamtlichen Helfer vor Ort ist karg. 10 Personen schlafen in einem kleinen Zelt. Es gibt keine Privatsphäre. Versorgt werden die ehrenamtlichen Helfer mit Armeeverpflegung. Nach 14 Tagen wird die 55-Jährige abgelöst.

Wenn Petra Isenhuth an die Zeit zurückdenkt, schwirren ihr viele Bilder im Kopf. Ein Moment ist ihr besonders in Erinnerung geblieben - eine Messe für die Verstorbenen. „Es war ein sehr emotionaler Moment. Jeder Bewohner hat mindestens einen Angehörigen verloren. Vor der Kirche wurden die Toten begraben. Auf einem Grab stand ein Pappschild mit den 23 Namen der verstorbenen Familienangehörigen“, erzählt die Apothekerin.

Im Sommer 2014 ist Petra Isenhuth im Balkan nach einer schlimmen Flutkatastrophe im Einsatz. In Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Serbien sind fast eine Million Einwohner vom Hochwasser betroffen.

Als die gefährliche Infektionskrankheit Ebola in Westafrika ausbricht, bewirbt sich Petra Isenhuth für den freiwilligen Einsatz in Westafrika. „Meine Familie war nicht begeistert, aber ich wollte einfach helfen. Es war schwierig, meinen Söhnen und Eltern meine Entscheidung zu verdeutlichen“, sagt die Magdeburgerin, „aber klar, ganz kann man das Risiko nicht ausschließen, sich zu infizieren.“ Bevor sie ihre Reise antritt, macht sie ihr Testament und erstellt eine Patientenverfügung. Fünf Wochen ist Petra Isenhuth 2015 für die Hilfsorganisation „Deutsches Rotes Kreuz“ in Liberia im Einsatz. Die Apothekerin koordiniert vor Ort die Versorgung mit Medikamenten und ausreichend medizinischem Material. „Es waren viele erfahrene Leute vor Ort. Die Zahlen waren damals schon rückläufig. Wir haben vorwiegend Grunderkrankungen behandelt und Verdachtsfälle geprüft“, berichtet Petra Isenhuth.

Im Juni plant die Apothekerin für drei Monate auf die Philippinen zu reisen. Eine weitere Aufgabe der Apotheker ohne Grenzen besteht auch darin, die Apothekenmitarbeiter vor Ort fortzubilden und anzulernen. „Wir unterstützen die Medikamentenversorgung in Entwicklungsländern und setzen uns weltweit sowohl in der humanitären Hilfe als auch in der langfristigen Entwicklungshilfe ein“, erzählt Petra Isenhuth. Die 55-Jährige ist vor allem sehr dankbar, dass ihre Mitarbeiter der Ost-Apotheke und ihre Eltern ihr den Rücken frei halten für ihre ehrenamtliche Arbeit.