Breitband Kein Glasfaseranschluss auf eigene Faust?
Nicht alle Vermieter in Salzwedel scheinen einverstanden, wenn sich Mieter selbst um zügiges Internet bemühen.
Salzwedel
Die Menschheit ist vernetzt. Immer und überall. Ein Smartphone reicht, um auf das Wissen der Welt zurückzugreifen. Kaum etwas funktioniert noch ohne Internet. Shopping, Fernsehen, Autofahren: Nichts, was nicht in irgendeiner Form bereits den Weg in die Digitalisierung gefunden hat. Und dieser Weg ist längst nicht beendet.
Spätestens die Corona-Pandemie hat vielen Deutschen vor Augen geführt, dass in Sachen schnelles Internet noch viel zu tun ist. Arbeit im Homeoffice oder auch Unterricht zu Hause am Computer bedingt eine adäquate Verbindung, um die Datenmenge abrufen beziehungsweise verschicken zu können. Ganz abgesehen von Firmen, wo ohne eine schnelle Leitung fast nichts mehr geht. Demnach sind die Menschen auf einen entsprechenden Ausbau angewiesen. Andere Länder sind da schon wesentlich weiter.
Keine Einzellösung geplant
Unter anderem die Firma Avacon Connect treibt das Thema Glasfaserausbau derzeit in Salzwedel voran. Wenn 40 Prozent der Haushalte einen Vertrag mit dem Unternehmen abschließen, kann der Ausbau beginnen, erklärte Bürgermeisterin Sabine Blümel in der Vergangenheit gebetsmühlenartig. Auch wieder kürzlich in der Stadtratssitzung.
Ein Mieter der Mispag-Wohnungsbaugenossenschaft Salzwedel hat sich dafür entschieden und wollte mit dem Unternehmen einen entsprechenden Vertrag abschließen. Doch ob es dazu kommt, ist fraglich. Denn ganz so einfach scheint es nicht zu sein, wie aus einem Schreiben der Mispag an den Mieter hervorgeht. „Die Genossenschaft verweist in diesem Zusammenhang deutlich darauf, dass derzeit keine Gestattung oder andere Form der Zusammenarbeit mit den einzelnen Anbietern vorhanden ist.“ Also auch nicht mit Avacon Connect.
Vielmehr wolle sich der Vermieter „im Sinne der Nutzer“ an einer langfristig wirtschaftlichsten Lösung für die gesamte Genossenschaft beteiligen. Weiter steht in dem Schreiben: „Wir werden keine Einzellösung unterstützen und bitten von jeder Anfrage an die Genossenschaft dahingehend abzusehen.“
Zum Vergleich: „Einfach einen Antrag stellen und Anschluss buchen!“ Das sagt hingegen Christian Märtens, Chef der Wohnbaugesellschaft (Wobau), in Richtung seiner Mieter. Dort sei es jedem freigestellt. Zudem wolle die Wobau künftig auch die TV-Versorgung durch die Avacon abdecken lassen. „Und das zu Sonderkonditionen“, versichert Märtens.
Alternativlose Technologie
Doch zurück zur Mispag. Öffentlich geworden ist die Kritik des Mieters durch Stefan Korneck. „Als Unternehmer und auch Unternehmervertreter in der Vollversammlung der IHK Magdeburg kann ich dieses destruktive Verhalten vom Mispag-Vorstand in keiner Weise nachvollziehen“, ärgert er sich. Vielmehr biete sich aus seiner Sicht eine einmalige Chance für die Region Salzwedel mit dem flächendeckenden Ausbau der alternativlosen zukunfts- und leistungsfähigen Glasfasertechnologie bis ins Haus. „Ich kann nur spekulieren, dass hier Personen in eigentlichen Führungspositionen sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sind und nachhaltige, infrastrukturelle Entscheidungen - obwohl kostenfrei - nicht treffen können beziehungsweise wollen.“
Stefan Korneck fürchtet ein strukturelles Defizit mit Spätfolgen, da die Entwicklungsdynamik noch unterschätzt werde. „Der regionale wie auch überregionale Wettbewerb lässt Salzwedel schon frühzeitig auf die Verliererseite wandern, da Klötze, Gardelegen, das Wendland und so weiter hier wesentlich geschlossener agiert und die ,Zeichen der Zeit’ erkannt haben!“
„Anfragen an die Anbieter von der Genossenschaft - um eben Aussagen treffen zu können - zu Möglichkeiten der Zusammenarbeit blieben bisher bis auf die Zusendung allgemeiner Kontaktdaten unbeantwortet“, heißt es dazu vom Vorstand der Mispag, der den Ball damit in Richtung Anbieter spielt. Die Mitglieder hätten Einzelverträge zur Telefon- und Internetnutzung und seien darin weiterhin vollständig frei in der Wahl. „Die Genossenschaft wollte auch ob der unterschiedlichen Interessen der Generationen nie Vorgaben machen“, bekräftigt das Unternehmen abschließend.
Mieter hat kein Anspruch auf schnelles Internet
„Die Genossenschaft hat bereits im Vorjahr Verhandlungen mit beiden in der Stadt tätigen Wettbewerbern (Telekom und Avacon) geführt“, erklären indes Hartmut Pollack, Aufsichtsratmitglied, und Oliver Krieshammer vom Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Stadt Salzwedel, „dafür spielten nur die Nutzerinteressen eine Rolle.“ Die (große) Genossenschaft sei als unabhängiges Wirtschaftsunternehmen einzig ihren Mitgliedern verpflichtet, betonen beide. „Aus diesem Ansatz heraus ergab sich ein Wettbewerbsvorteil für die Deutsche Telekom.“ Die Mitglieder der Genossenschaft könnten auch bei der Avacon einen Anschluss buchen, heißt es weiter: „Allerdings würde es nie zu einer Möglichkeit der Nutzung kommen, da die Avacon nur bis zum Haus kommt, aber eben nicht ins Haus.“
Die abgeschlossenen Verträge mit der Telekom würden für die Nutzer der Wohnungsbaugenossenschaft eine Realisierung bis Sommer 2021 vorsehen, heißt es weiter. Abhängig von Wetter und Corona-Auflagen. Die Umsetzung sei für die Salzwedeler bereits an der Ebertstraße zu sehen. Bis dato würden die Mitglieder noch mit bis zu 50 Mbit, punktuell auch mehr, surfen können, so Pollack und Krieshammer.
„Der Mieter hat keinen Anspruch auf schnelles Internet“, erklärt zum Fall der Mispag Rechtsanwalt Carsten Meyer aus Salzwedel, „das geht aus der Rechtssprechung hervor.“ Das sei ähnlich wie beim Anbau einer Satelliten-Schüssel für den Fernsehempfang, dem der Vermieter ebenfalls zustimmen müsse.