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Kinderbetreuung Keine Entspannung der Kita-Krise

Durch Aus- und Neubauten schafft Magdeburg neue Kita-Plätze im Akkord. Dennoch hinkt das Angebot der Nachfrage hinterher.

Von Katja Tessnow 12.09.2017, 01:01

Magdeburg l Die Zahl der im Jugendamt Magdeburg als platzsuchend registrierten Eltern ist in den vergangenen Monaten stetig gewachsen und liegt aktuell bei rund 520. Der Anteil ausländischer Eltern unter jenen, die das Amt um Mithilfe bei der Unterbringung ihrer Kinder ersuchen, ist überproportional hoch. Auf der Warteliste standen im Juni 2017 genau 117 deutsche und 405 ausländische Kinder.

„Das liegt unter anderem daran, dass die ausländischen Kinder hier in großen Schüben auf einmal eingetroffen sind und ihre Eltern anfangs nur zögerlich, aber nun mehr und mehr das Betreuungsangebot nutzen wollen“, sagt Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD).

Trümper erkennt an, dass die Unterbringung ausländischer Kinder – der Rechtsanspruch gilt für sie ohnehin genauso wie für jedes deutsche Kind – dem Spracherwerb und der Integration darüber hinaus sehr dienlich ist. „Natürlich ist es von großem Vorteil, wenn ein ausländisches Kind schon vor dem Eintritt in die Schule eine Kita besucht.“

Allerdings steht Trümper auch nach wie vor zu einer Überzeugung, die er bereits vor einem Jahr – im August 2016 – in einer Ratsdebatte zum Thema umriss: „Ich kann nicht einer deutschen Mutter sagen, dass kein Platz da ist, aber Flüchtlinge in den Kitas unterbringen.“

Auf die aktuell gestellte Nachfrage, ob also heute gelebte Praxis ist, dass deutsche Kinder bei der Platzvergabe bevorzugt werden, weicht Trümper zunächst aus: „Ich weiß nicht, wie die Kita-Träger das vor Ort entscheiden.“ Müsste er entscheiden, so Trümper, würde er allerdings klar Eltern mit Arbeit und damit besonders akutem Platzbedarf bei der Vergabe bevorzugen. Eltern erst unlängst eingewanderter Kinder verfügen in der Regel noch über keinen Job.

Trümper weiß, dass er sich mit seinem Handlungsvorschlag auf rechtlich dünnes Eis begibt, denn geltendes Landesrecht diktiert das Recht auf Betreuung für jedes Kind in Sachsen-Anhalt – unabhängig davon, ob die Eltern einer Arbeit nachgehen, geschweige denn, woher sie stammen. „Dann sollen die eben klagen“, empfiehlt Trümper Eltern, die sich benachteiligt fühlen in eher saloppem Tonfall und schiebt nach: „Da müssen sie einen Verdienstausfall nachweisen.“ Schlechte Karten für arbeitslose Eltern vor Gericht, solange selbst Eltern in Arbeit keinen Betreuungsplatz in Magdeburg finden können.

Den Rechtsanspruch auf Betreuung für jedes Kind will Trümper nicht mutwillig unterlaufen, vielmehr sieht sich das Stadtoberhaupt in einer Notlage. „Wir können nicht zaubern. Wir haben auch durch Zuzug aus den Umlandregionen inzwischen mehr als 2000 Kinder von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Magdeburg. Wenn erst der Familiennachzug richtig einsetzt, erwarten wir noch mehr.“

Seit 2012 ist Magdeburgs Kita-Landschaft durch Aus- und Neubauten und eine Erschließung aller möglichen Kapazitäten bis hin zur regelmäßigen Überbelegung um bis zu 10 Prozent (nach Landesrecht mittelfristig in Notlagen erlaubt) um rund 2000 Plätze gewachsen. Für 2018 prognostiziert das Sozialdezernat noch einmal einen schon jetzt gesicherten zusätzlichen Bedarf von mehr als 1100 Plätzen – für die Schaffung von knapp 1500 neuen Kita-Plätzen hat der Stadtrat Magdeburg bereits Beschlüsse gefällt.

Trümper vermutet: „Das wird noch nicht reichen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir weitere Kitas werden bauen müssen.“ In der Folge vermutlich auch weitere Schulen. Auf der Ratssitzung steht die Neugründung eines kommunalen Kita-Betriebes auf der Tagesordnung.