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Kriminalität Totenschädel für 100 Euro

In Magdeburg wurde ein Schädel zum Kauf angeboten. Für 100 Euro. Die Volksstimme ging der Frage nach, ob das erlaubt ist.

Von Peter Ließmann 04.11.2015, 00:01

Magdeburg l „Darf man das oder darf man das nicht ...“ – frei nach Goethes Dr. Faustus, der gern mit einem Totenschädel Zwiesprache hielt, stellt sich die Frage, ob es erlaubt ist, einen Totenschädel öffentlich zum Kauf anzubieten. Der aktuelle Anlass zu dieser Frage ist eine Zeitungsanzeige, mit der in Magdeburg ein „echter Schädel eines Erwachsenen (sehr alt, Bodenfund)“ für 100 Euro zum Kauf angeboten wurde.

Durch einen Volksstimme-Leser wurde die Polizei auf diese Anzeige aufmerksam. „Wir haben erst einmal kein Ermittlungsverfahren in dieser Sache eingeleitet, aber Kontakt zu dem Verkäufer aufgenommen“, sagte Beatrix Mertens, Pressesprecherin der Magdeburger Polizei. Und der Verkäufer habe sich auch bei der Polizei eingefunden, den Schädel dort abgegeben und gesagt, er habe ihn vor 50 Jahren auf einem Flohmarkt erworben. Man gehe von keiner Straftat aus, allerdings wurde der Schädel an das Landeskriminalamt zur Altersbestimmung geschickt. Grundsätzlich müssten beim Fund eines Schädels, wenn die Polizei darauf aufmerksam werde, verschiedene strafrechtliche Fragen geklärt werden. So könnte der Schädel etwa aus einem Einbruch in eine medizinische Einrichtung stammen, es könnte aber auch eine „Störung der Totenruhe“ dahinterstecken, etwa wenn Gräber geschändet wurden. „Aber, wie gesagt, im aktuellen Fall gehen wir von keiner Straftat aus“, so Beatrix Mertens.

Was eine „Leiche“ ist, regelt das Bestattungsgesetz, so Dr. Eike Hennig, Leiter des städtischen Veterinär- und Gesundheitsamtes. Wenn der angebotene Schädel älter als 15 Jahre ist, dann ist es keine Leiche mehr. Genauer: Kopf und Rumpf eines Menschen gelten laut Gesetz 15 Jahre lang als Leiche – und mit Leichen darf nicht gehandelt werden. Das regeln die deutsche Strafprozessordnung und das Transplantationsgesetz (§ 18). Und da ein Schädel als einzelner Bestandteil eines Körpers als Leiche oder aber als Organ gilt, darf damit nicht gehandelt werden.

Nach 15 Jahren beginnt dann eine gewisse Grauzone. Was nach typisch deutscher Bürokratie klingt, ist dennoch sinnvoll. Wenn es keine Festlegung, ab wann eine Leiche keine mehr ist, gäbe, hätten Archäologen ein Problem. „Sie könnten keine Skelettfunde aus Fundstellen entnehmen und untersuchen“, meint Dr. Hennig. Auch medizinische Einrichtungen, etwa das Uniklinikum, dürften keine echten menschlichen Skelette besitzen. Ob aber beispielsweise mit echten Menschenschädeln gehandelt werden darf, das ist für Eike Hennig ein ethisches Problem. „Für mich ist es ein unangenehmer Gedanke, dass mein Schädel irgendwann einmal in einem Wohnzimmerregal stehen könnte.“

Und nach katholischer Rechtsauffassung ist der Handel mit menschlichen Körpern grundsätzlich untersagt – auch wenn sie nur noch aus Knochen bestehen.