Bahnsprecher verteidigt die Entscheidung: Wenn eine Bahnverbindung bestehen soll, müsse sie auch genutzt werden Kritik am Aus für den Kaiser-Otto-Express nach Berlin
Magdeburg l Der Kaiser-Otto-Express, der montags bis freitags zweimal täglich von Magdeburg ohne Zwischenstopp nach Berlin und zurück fährt, soll zum 10. Dezember eingestellt werden (die Volksstimme berichtete). Der Regionalexpress RE 1 wird zwar ab diesem Zeitpunkt mit 102 Minuten nur noch eine reichliche Viertelstunde mehr Fahrzeit benötigen als der "Kaiserzug" (85 Minuten), weil ein Bauprojekt bei Berlin fertiggestellt wird. Doch der Unmut der Volksstimme-Leser ist nicht zu verkennen.
So schreibt Petra Wirbel: "Wer eine Zugverbindung nach Berlin sucht und buchen möchte, wird auf diese besondere Zugverbindung gar nicht hingewiesen." Beim Buchen eines Tickets für eine Fahrt nach Berlin sei sie nur per Zufall darauf gestoßen. "Also: Mal wieder ein hausgemachtes Problem!", konstatiert die Leserin.
Arno Frommhagen, Vorstandssprecher der IG Innenstadt, sieht Magdeburg "seit zwei Jahrzehnten in Geiselhaft der Bahn AG". Er erklärt: "Mit Unverständnis und harter Kritik reagiert die IG Innenstadt auf die Ankündigung der Bahn AG, zum 10. Dezember den Kaiser-Otto-Zug und damit die letzte ,qualitativ hochwertige Zugverbindung zwischen Magdeburg und Berlin\' einzustellen." Für Frommhagen ist die Einstellung bereits nach zwei Jahren eine Zumutung: "Ehe sich eine solche Zugverbindung herumgesprochen hat, braucht es seine Zeit. So etwas muss wachsen, ehe es allgemein bekannt ist."
IG Innenstadt: Städte im Osten systematisch benachteiligt
Die Streichung auch dieser Linie bestätige, dass die ostdeutschen Städte systematisch von der Bahn AG benachteiligt würden, schimpft Frommhagen: "Erst im Dezember haben Dresdner Verkehrswissenschaftler eine Studie vorgelegt, in der die Erreichbarkeit der 80 größten deutschen Städte mit der Bahn untersucht worden ist. Ergebnis war, dass es ein deutliches Ost-West-Gefälle gibt, die Mehrzahl der ostdeutschen Städte lag beim Ranking abgeschlagen im letzten Drittel. Für Berlin, das auf Rang elf landete, hat die starke Konzentration von ICE-Strecken punktuell Verbesserungen gebracht - allerdings auf Kosten ostdeutscher Städte." Spätestens jetzt, so die IG Innenstadt, müsse mit dem Schmusekurs der Stadtverwaltung mit der Bahn AG Schluss sein. "Bei einer solchen Konzernpolitik wundert es die Innenstadthändler schon lange nicht mehr, dass die Bahn immer mehr an Akzeptanz verliert. Da bleibt selbst uns nur der Rat an die Bürger, Alternativen anzunehmen", erklärt Frommhagen mit Blick auf Angebote im Fernbusverkehr.
Keine Schmuse-Verfechter sind auch die Grünen. Christoph Erdmenger, verkehrspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion schreibt: "Der Stopp dieser schnellen Anbindung Magdeburgs an Berlin ist ein weiteres Beispiel dafür, dass der Schmusekurs der Landesregierung mit der Deutschen Bahn AG keine Früchte trägt."
Kreis-Grüne schlagen einen Stopp in Burg oder Genthin vor
Uwe Arnold vom Grünen-Kreisvorstand Magdeburg fordert derweil eine Versachlichung der Diskussion: "Es scheint, dass gerade die, die seine Einstellung beklagen, selbst mit dem Zug nie gefahren sind." Es reiche nicht, mit dem Finger auf die Bahn zu zeigen. Die Stadt selbst müsse sich fragen, ob sie genug für diesen Zug geworben hat. Ein Ideenwettbewerb für die beste Fahrgastwerbung könne für neue Impulse sorgen. Arnold: "Für die Region wäre ein zusätzlicher Halt in Burg oder Genthin eine Möglichkeit, neue Fahrgäste zu gewinnen." Eine Fahrgastbefragung nach der Sommerpause könnte klären, welche Rückfahrzeit für den Zug sinnvoll ist. Arnold schätzt diese für Pendler als zu spät ein.
Nicht nachvollziehen kann die Kritik Jörg Bönisch, Sprecher der Deutschen Bahn in Leipzig: "Als wir das Angebot vor zwei Jahren auf die Schienen gebracht haben, war klar, dass es ein Probebetrieb ist und dass der Kaiser-Otto-Express nur mit ausreichenden Passagierzahlen eine Zukunft haben kann."
Die Fahrzeiten seien auf die Bedürfnisse von Tagestouristen und Menschen, die eine oder zwei Nächte in Berlin bleiben wollen, aber auch auf Geschäftsreisende und Pendler abgestimmt und angepasst worden. "Gerade für die Fahrten nach Berlin haben wir auch massiv Werbung gemacht. Der Vorwurf, wir hätten uns nicht um eine Auslastung des Zuges gekümmert, ist also vollkommen abwegig. Dies auch mit Blick auf das Engagement der Mitarbeiter, die den Zug auf den Weg gebracht und über die zwei Jahre betreut haben", so Bönisch.
Nicht nur mit Blick auf den Kaiser-Otto-Express sagt der Bahnsprecher: "Um Angebote auf der Schiene abzusichern, kann es nur eines geben: Nicht nur drüber reden, sondern mitfahren und bei Berlinreisen die A2 mal links liegen lassen."