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Kulturhauptstadt 2025er-Jury vermisst Magdeburger Recht

Ein wenig Lob gab es von der Jury. Doch auch viele Kritikpunkte, mit denen sich Magdeburg auf dem Weg zur Kulturhauptstadt befassen muss.

Von Martin Rieß 29.01.2020, 00:01

Magdeburg l Magdeburg möchte im Jahr 2025 Kulturhauptstadt Europas werden. Eine Jury hatte im Dezember 2019 bekanntgegeben, dass es Magdeburg gemeinsam mit vier weiteren Städten in die Endrunde geschafft hat. Jetzt liegt die schriftliche Bewertung der Jury vor. Und die hat es in sich. Denn sie zeigt, dass die Landeshauptstadt noch eine Vielzahl an Aufgaben zu erledigen hat, wenn sie überzeugen möchte.

▶ Region: Die Stadt Magdeburg ist nicht allein auf sich selbst fokussiert. Trotz guter Absichten sei die regionale Beteiligung an der Ausschreibung nicht klar. Dass die Jury dabei als eine der benachbarten Städte, die einbezogen werden sollen, Halle nennt, mag friedensstiftend, aber auf die meisten Magdeburger mindestens ebenso irritierend wirken.

▶ Kapazitäten: Kulturelle, soziale, wirtschaftliche und städtebauliche Entwicklungen sind gut erfasst. Es wurden dabei auch kritische Punkte wie ein eher schwaches kulturelles Profil und eine Abwanderung von Fachkräften in die Nähe Berlins benannt. Erforderlich sei, für das Programm daher stärkere Kapazitäten aufzubauen.

▶ Internationalität: Aus Sicht der Jury ist der Wille Magdeburgs zu erkennen, internationale Verbindungen und den Austausch auszubauen. Das ist ein klarer Pluspunkt und ein Beitrag für eine europäische Dimension der Bewerbung. Das Thema sei jedoch noch nicht ausreichend herausgearbeitet bezüglich einer Strategie für die Stadt und für das Programm 2025. Überraschend, so die Jury, sei dies angesichts des Erbes rund um das Magdeburger Stadtrecht. Dieses biete einen Bezugspunkt, um für Europa relevante Fragen zu erörtern. Beispiele sind die Gestaltung einer modernen Stadt, die Nutzung des Stadtraums, die Raumplanung, Fragen zur Staatsbürgerschaft und die Rolle der Menschen in der Stadtgestaltung. Das Konzept und die Strategie des Angebots aus Magdeburg, ein Publikum aus anderen Ländern in die Stadt zu locken, seien „wenig überzeugend“.

▶ Finanzen: Ein Lob gibt es für den Finanzierungsplan. Eingeplant sind 66,25 Millionen Euro. Angesichts finanzieller Beiträge von Unternehmen bewertet die Jury das Thema Sponsoring als positiv. Darüber hinaus sollten weitere Finanzierungsmöglichkeiten der Europäischen Union genutzt werden.

▶ Kultur: Das kulturelle und künstlerische Programm Magdeburgs diskutiert auch Themen rund um die Elbe wie die biologische Vielfalt des Wassers. Im Allgemeinen würden auch Musik, Sport und kulturelles Erbe im Mittelpunkt stehen. Die künstlerische Vision sei jedoch noch nicht ausreichend entwickelt, und dem Programm mangelt es an Klarheit und Tiefe sowie an und einer klaren europäischen Dimension, heißt es seitens der Jury. Der Ehrgeiz, eine pulsierende und internationale Stadt zu schaffen, spiegele sich noch nicht in aufregenden künstlerischen Vorhaben und Projekten wider, die auch auf die vorhandenen Möglichkeiten setzen.

▶ Perspektive: Insgesamt hat die Jury offenbar Zweifel auch am Titel „Out of the Void“ („Raus aus der Leere.“): „Magdeburg hat die Tendenz, seine Mängel und Schwierigkeiten sehr zu unterstreichen“, heißt es in den Auswertung zum bisherigen Bewerbungsverfahren. Optimistischere und zukunftsorientiertere Elemente, die womöglich humorvoll seien wie die bereits im Angebotsbuch enthaltenen Fotos könnten ein Gegengewicht zum Pessimismus schaffen. Die Jury schreibt von dem Eindruck, dass das Magdeburger Team aus einer sehr deutschen Perspektive und nicht aus der eines echten Europäers agiert. „Das Kulturhauptstadt-Projekt sollte sich nicht nur mit den Bedürfnissen der gastgebenden Stadt befassen, sondern auch mit europäischen Ideen, europäischen Bürgern und europäischen Künstlern“, heißt es.

▶ Zusammenarbeit der Akteure: Versöhnlich wirkt die Einschätzung zur Arbeit in Magdeburg: Die Bewerbung wird von allen politischen Parteien unterstützt und die Stadt hat sich früh festglegt. Deutlich sichtbar sei im Angebot ein Fokus auf die Partizipation der Akteure. Es habe zahlreiche Konsultationen und Umfragen gegeben, von denen einige bereits positive Ergebnisse gebracht haben. Als Beispiel wird der Kubus 2025 genannt. Unklar sei aber, wie Hochschulen, Organisationen, Kulturinstitutionen und lokale Künstler bei der Erarbeitung des Programms einbezogen werden.