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Kulturkrise Auf jene hoffen, die es sich leisten können

Tino Grosche, selbst Betreiber einer Bar in Magdeburg, hat eine Internet-Spendeaktion gestartet, um Künstlern zu helfen.

Von Karolin Aertel 18.04.2020, 01:01

Magdeburg l Not macht erfinderisch. So zumindest spricht der Volksmund. In Zeiten der Corona-Pandemie scheint eine Menge Erfindungsreichtum von Nöten. Viele Unternehmer und Gastronomen sehen sich durch die Schließung ihrer Geschäfte in ihrer Existenz bedroht. Auch Bar-Betreiber Tino Grosche ist betroffen. Via Crowdfunding und digitalen Veranstaltungsangeboten, für die gespendet werden kann, versucht er den Erhalt seiner Xampanyeria zu sichern und andere daran teilhaben zu lassen.

Dabei setzt er auf die Solidarität jener, deren Einkommen auch in Corona-Zeiten gesichert ist. „Viele Menschen haben momentan existentielle Sorgen, ihre Einkommen sind komplett auf null gesetzt. Andere hingegen beispielsweise im öffentlichen Dienst und Beamte können auf ihr Einkommen zählen. Hier ist jeder, der es kann, aufgefordert, sich solidarisch zu zeigen. Die Unterstützung einer Spendenkampagne ist eine Möglichkeit“, sagt Tino Grosche.

Etwas, das der Gastronom selbst in Anspruch nimmt und auch allen anderen Betroffenen rät, ist das Hilfsangebot der Crowdfunding-Plattform „Startnext“ zu nutzen. Die Plattform hat das Alles-oder-Nichts-Prinzip abgeschafft. Normalerweise werde das Geld erst dann ausgezahlt, wenn die Finanzierung abgeschlossen und Summe X erreicht ist. Diese Hürde gibt es nun nicht mehr. Es besteht die Möglichkeit, Kreative und Kulturschaffende auch ohne Gegenleistung zu Unterstützen. Auch werden keine Transaktionsgebühren erhoben. „Bei vielen, wie vermutlich bei mir, greift die Soforthilfe der Regierung nicht. Crowdfunding ist eine Möglichkeit, anderweitig Hilfe zu bekommen.“

Tino Grosche habe so bereits erstaunlich positives Feedback auf seine Rettungskampagne bekommen. „Ich bin überrascht, wie vielen Menschen und Kunden etwas daran liegt, ihre lokalen Akteure zu unterstützen.“

Natürlich möchte der Barbetreiber nicht ausharren, bis er den Veranstaltungs- und Barbetrieb wieder aufnehmen kann. Daher begibt er sich in die Weiten des World Wide Web. Auf verschiedenen Plattformen wie Facebook, Youtube und Twitch geht er mit einigen seiner geplanten Veranstaltungen online. Am Gründonnerstag startete er mit einem Video-Live-Podcast. Virtuell plauderte er mit Pfarrer Antony Fischer und Rechtsmediziner Dr. Norbert Beck über die Kreuzigung von Jesus Christus. „Klar, man hatte nicht das physische Erlebnis. Es hat mir aber doch gezeigt, dass man auch über die Distanz gut miteinander ins Gespräch kommen kann“, erklärt er. Deshalb werde eine Veranstaltung, die er gemeinsam mit der Mediengruppe Magdeburg initiiert und auf die er sich eigentlich sehr gefreut hat, zunächst in virtueller Umgebung stattfinden, bevor der Termin nach Ende der Corona-Krise in der Xampanyeria nachgeholt wird.

Die Talk-am-Tresen-Veranstaltung mit Schauspieler Joe Bausch findet am 26. April 2020 ab 19 Uhr in digitaler Form statt. Besonders spannend: Tino Grosches Gesprächspartner ist nicht nur Schauspieler, sondern war 30 Jahre lang als Regierungsmediziner in der Justizvollzugsanstalt Werl tätig. Mit Ausgangssperren kennt er sich demnach nur allzu gut aus.

Zu verfolgen ist der Stream mit Joe Bausch bei Facebook, Youtube und Twitch. Und via Live-Chat können die Zuschauer auch problemlos in Interaktion treten. „Der Vorteil ist, dass die Veranstaltung einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden kann. Etwas, das aufgrund der begrenzten Platzkapazitäten in der Xampanyeria nicht möglich ist.“ Nachteilig sind allerdings die fehlenden Bezahlschranken. Daher bittet der Gastronom nach Möglichkeit trotzdem Tickets zu kaufen und so den Erhalt der Bar und Veranstaltungsreihe zu unterstützen. Jene, die bereits vorab Tickets erworben haben, können beruhigt sein. Die Veranstaltung mit Joe Bausch in der Xampanyeria wird mit exklusiven Inhalten nachgeholt.

Tino Grosche ist optimistisch, dass die Magdeburger sich mit ihren lokalen Akteuren solidarisch zeigen. „Gemeinsam für Magdeburg“ ist daher nicht nur eine Wunschvorstellung, sondern auch eine gleichnamige Spendenkampagne, an der er derzeit rund um die Uhr arbeitet. Das Professorenkollegium „emeritio“ ruft gemeinsam mit den Serviceclubs der Stadt all jene auf, die in der finanziellen Lage sind, zu spenden. Unterstützt werden sollen all jene, die durch die Einschränkungen mit massiven Umsatzeinbußen zu kämpfen haben und nicht über die entsprechenden finanziellen Rücklagen verfügen, diese Einnahmeausfälle entsprechend abzufedern  www.emeritio.de/gemeinsam-fuer-magdeburg .