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Kunst Debatte um Euthanasie-Denkmal in Magdeburg

Gegen den Künstler Bernd Morgenroth erheben die Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg schwere Vorwürfe. Er instrumentalisiere Behinderte.

Von Christina Bendigs 28.05.2018, 01:01

Magdeburg l Er hatte es gut gemeint: Der Bildhauer Bernd Morgenroth fand, der Stadt Magdeburg würde ein Gedenkort für die Opfer der Euthanasie im öffentlichen Raum gut zu Gesicht stehen. Gemeinsam mit behinderten Menschen aus seiner Modellierwerkstatt bei den Pfeifferschen Stiftungen entwickelte er ein erstes Modell, das er kurz vor Weihnachten 2017 auch in der Öffentlichkeit präsentierte.

Schnell wurde der Deutschlandfunk darauf aufmerksam, sendete einen Beitrag. Und nun ist auch der Fernsehsender Arte auf die Idee aufmerksam geworden, weilte vorige Woche zu Dreharbeiten in der Stadt Magdeburg. Was Bernd Morgenroths von anderen Denkmälern unterscheiden würde: Es wäre das erste bundesweit, an dem auch Menschen mit Behinderung mitgearbeitet hätten. Doch nicht überall stößt das Vorhaben des Künstlers auf positive Rückmeldungen.

Die Pfeifferschen Stiftungen sehen behinderte Menschen damit instrumentalisiert. Auf Nachfrage erklärte Vorstand Christoph Radbruch: „Die Pfeifferschen Stiftungen pflegen eine Erinnerungskultur. Deshalb ist das genannte Thema Euthanasie in den Stiftungen erforscht, deshalb wurden Stolpersteine verlegt, und deshalb gibt es auf dem Gelände der Pfeifferschen Stiftungen einen Erinnerungsstein und ein Denkmal, das den Stein begleitet.“

Beim ersten Denkmal von Menschen mit Behinderung, welches Morgenroth als eigenes Projekt plane, wie Radbruch betont, sollte man versuchen, „Menschen mit Behinderung nicht zu instrumentalisieren“, fordert er. Mit den Stiftungen sei das Vorhaben nicht abgestimmt. Bernd Morgenroth, der auch unter dem Namen Paul Ghandi arbeitet, sei in den Pfeifferschen Stiftungen als Honorarkraft für den Bereich Behindertenhilfe Wohnen beschäftigt.

Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er bisher mit einer kleinen Gruppe von acht Personen gearbeitet, informiert Radbruch auf Nachfrage zum Atelier, das sich auf dem Gelände der Pfeifferschen Stiftungen befand und inzwischen umziehen musste. „Da die Stiftungen das Angebot einem größeren Personenkreis ermöglichen wollen, ist Herr Morgenroth in der Tagesstätte für Menschen mit Behinderungen tätig“, so Radbruch.

Auch die Stadtverwaltung äußert sich vorsichtig. Erst kürzlich wurde das Vorhaben im Kunstbeirat diskutiert, bestätigt Mitglied Matthias Puhle, gleichzeitig auch Kulturbeigeordneter der Stadt Magdeburg.

Was im Kunstbeirat besprochen werde, sei allerdings vertraulich. Deshalb könne er keine näheren Auskünfte über die dortige Diskussion geben. Im Herbst will er das Vorhaben jedoch dem Kulturausschuss vorstellen. Er mahnt, aus dem Denkmal keinen Schnellschuss zu machen, sondern eine ausgewogene Debatte zu führen, bei der es auch um das sehr sensible Thema Kunst von behinderten Menschen im öffentlichen Raum und in diesem Kontext gehen sollte.

Anders positioniere sich der Chef der Stiftung Gedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Kai Langer, berichtet Bernd Morgenroth. Langer war für die Volksstimme nicht zu erreichen.

Allerdings informierte Bernd Morgenroth, dass im nächsten Jahr eine Ausstellung in Bernburg mit Arbeiten seiner Schützlinge geplant sei. Dort hatte sich während der Zeit des Nationalsozialismus eine Euthanasie-Anstalt befunden, in der Menschen mit Behinderung umgebracht worden waren. Die dort befindliche Gedenkstätte soll als Ausstellungsraum dienen.

Entgegen aller Widerstände und Bedenken von anderer Seite hält Morgenroth an seinem Vorhaben fest und will weiter arbeiten, damit das Denkmal irgendwann steht. Dass daraus kein Schnellschuss werden dürfe, sei auch ihm klar.

Aber das liege auch schon in der Natur der Sache begründet: Es würde Jahre dauern, das Modell ins Denkmal umzusetzen. Morgenroth verwehrt sich vehement gegen den Vorwurf, er würde die Menschen instrumentalisieren. „Das hätte ich dann ja auch schon beim Schachtisch gemacht, der auf dem Domplatz steht. Und die Leute, die daran mitgearbeitet haben, konnten auch kein Schach spielen“, sagt er. Aber darum gehe es gar nicht. „Es geht hier um einen Dialog mit Menschen, die etwas können; die etwas anderes können als andere Leute. Es ist ein Dialog“, betont Morgenroth.

Dass die Menschen, die an dem Modell mitgearbeitet haben, nicht verstünden, woran sie gearbeitet hätten, stimme nur bedingt. Es gebe einige, „denen man das durchaus erklären kann und die das auch verstehen“, ist Morgenroth überzeugt.

Dass in dem neuen Raum Platz für mehr Teilnehmer an seinem Modellierangebot sei, will Morgenroth so auch nicht stehen lassen. „Im Gegenteil. Außerdem kann ich in dem Raum überhaupt keine Atmosphäre schaffen, nichts aufstellen“, sagt er. An seinem Kurs nehmen auch nicht acht, sondern sechs Leute teil. Und: „Mehr als sechs Leute kann ich nicht händigen. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit“, konstatiert er. Momentan läuft noch der Umzug – im Juni will er dann mit der bestehenden Gruppe am neuen Ort wieder loslegen.