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Johanniskirche: Kupferfallrohre weg / Stadtsprecher: Glocken waren vermutlich zum Abtransport vorbereitet Metalldiebe immer skrupelloser: Selbst Kirchenglocken nicht mehr sicher

Von Karl-Heinz Kaiser 30.09.2011, 04:23

Nach dem Diebstahl von Kupferfallrohren auf der Ostseite der Johanniskirche sind jetzt die dort ausgestellten Kirchenglocken ins Visier von Metalldieben geraten. Die Stadt zieht die Konsequenzen: Eine renommierte Denkmalpflegefirma hat gestern Vormittag die ersten zwei Bronzeglocken abgezogen.

Altstadt. Die anderen drei zentnerschweren Klangkörper waren dann am frühen Nachmittag in Sicherheit gebracht worden. Rathaus-Pressesprecher Michael Reif nannte den Grund: Zwei der fünf Kirchenglocken waren in der Nacht zuvor meterweit vom Ursprungsstandort fortgerückt worden. Sie standen praktisch zum Abtransport bereit. Schon Tage vorher sollen aufmerksame Bürger dort verdächtige Aktivitäten festgestellt haben. Außerdem waren mehrfach Kupferfallrohre vom Kirchenbau demontiert worden.

Da die Stadt generell massiv von Metalldiebstählen betroffen ist, hat das Kommunale Gebäudemanagement die Glocken erst einmal in Sicherheit gebracht. Heinz Ulrich, Geschäftsführer des Kommunalen Gebäudemanagements (KGM), sagte, dass dies eine vorübergehende Maßnahme sei. Die Stadt suche nach Lösungen, um die historischen Schaustücke vor dem Metallschredder zu retten. Überlegt wird unter anderem, die Kirchenglocken in Betonfundamente zu verankern. Wann sie wieder zu sehen sein werden, steht noch nicht fest.

Die nächtlichen Aktivitäten würden aus nachvollziehbaren Gründen als Diebstahlsversuch gewertet, sagte Ulrich. Er berichtete, mit welcher Skrupellosigkeit Metalldiebe selbst an historisch einzigartigen Bauwerken vorgehen. Am romanischen Liebfrauenkloster wurden mehrfach Kupferfallrohre abmontiert. Großflächige Kupferbleche, verwendet beim derzeitigen Umbau, weckten Begehrlichkeiten bei Dieben, die zum Glück gestört wurden.

In Magdeburg sind überdies Brückenteile im Visier von Dieben. 2010 erwuchs daraus ein Schaden von 40 000 Euro. 2011 beläuft er sich nach neuen Angaben des Tiefbauamtes bisher auf 25 000 Euro. Edelstahlseile, massive Geländer sowie Befestigungselemente verschwanden, und in der Nacht zum 25. September erneut ein Gully-Deckel auf den Nordbrücken. Die Polizei hatte kürzlich erklärt, gezielt mit der Schrotthändlerbranche zusammenzuarbeiten, nachts mehrere Beamte in Zivil zur Bekämpfung der Schrottdiebstähle auszuschicken. Wie der Vorfall an der Johanniskirche zeigt, beeindruckt das die Ganoven wenig. Deren kriminelle Energie wird am kuriosen Beispiel der gestohlenen Kupfer-Fallrohre deutlich. Aus Geldmangel wurden diese durch Plasterohre ersetzt und kupferfarben angestrichen.

Kurze Zeit später geriet auch das verlockende Imitat ins Visier der Schrottdiebe. Ehe sie den Irrtum bemerkten, war das Rohr schon abgeschraubt. Das demontierte Teil wurde dann zwar verschmäht, der Schaden für die öffentliche Hand blieb zurück.

Die Glocken übrigens stammen aus hiesigen Kirchen, waren im Liebfrauenkloster, später in der Paul Schuster GmbH gelagert. 2004 wurden sie an der Johanniskirche aufgestellt.