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Nahverkehr Kontroverse um Schülerfreifahrt

Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper erachtet kostenfreien Nahverkehr für alle Schüler als unbezahlbar - und erntet Gegenwind.

Von Katja Tessnow 04.11.2020, 00:01

Magdeburg l Mit mehr als acht Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr und inklusive jetzt schon kostenfreier Schülertickets für Kinder und Jugendliche mit Schulwegen über zwei bis drei Kilometer Länge einem Gesamtbudget von mehr als elf Millionen Euro für die kostenfreie Schülerfahrt kalkuliert Trümper und urteilt sinngemäß: aktuell nicht finanzierbar.

Der Fahrgastverband Magdeburg reagiert empört: „Mit völlig überzogenen Fantasiezahlen versucht der OB in letzter Minute zu verhindern, dass die Schüler ab dem kommenden Jahr kostenlos Bus und Bahn fahren.“ Der Verband empfiehlt dem Stadtoberhaupt ein Telefonat mit seinem Rostocker Amtskollegen. Dort zahle die Stadt vier Millionen Euro für freie Fahrt von 18.500 Schülern ans örtliche Nahverkehrsunternehmen. Warum in Magdeburg für 22.000 Schüler elf Millionen fällig werden sollen, erschließe sich nicht.

Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Jens Rösler, dessen Reihen den Antrag auf freie Schülerfahrt im Vorjahr erfolgreich durch den Rat gebracht hatten. „Ich bin enttäuscht vom Umgang der Verwaltung mit dem Beschluss. Wirkliche Verhandlungen mit dem Nahverkehrsverbund Marego und den MVB zur Finanzierung wurden gar nicht geführt.“ Dass die Verwaltung einfach den Nomalpreis fürs Schülerticket auf die Zahl der Anspruchsberechtigten hochgerechnet habe und so auf eine quasi nicht finanzierbare Größenordnung komme, sei so nicht nachvollziehbar.

„Natürlich muss die Stadt dafür eine Pauschale aushandeln, denn erstens werden kaum alle Schüler jeden Tag das Ticket nutzen und zweitens entsteht den Verkehrsbetrieben kaum Mehraufwand.“ Das kostenlose Schülerticket erfordere weder mehr Personal noch mehr Bahnen. Rösler beharrt auf der Einführung 2021, wenn auch wegen weiteren Verständigungsbedarfs möglicherweise nicht zum Jahresbeginn, sondern erst zum neuen Schuljahr.

Madeleine Linke, Sprecherin der Fraktion Grüne/future! im Stadtrat, reagiert auf Trümpers Finanzierungsvorbehalt zum beschlossenen Schülerticket: „Das geht gar nicht!“ Auch Linke verweist auf mangelnde Verhandlungen mit den MVB und eine auch aus Sicht ihrer Fraktion überzogene Kalkulation der Kosten. Am Ende könne der Nahverkehr vom kostenfreien Schülerverkehr für die Zukunft nur profitieren. „Und wenn man sieht, was uns der Tunnel kostet“, so Linke, müsste das Geld fürs Schülerticket auch drin sein. Wie SPD und Grüne/future! beharrt die Linke auf dessen Einführung. Fraktionschefin Jenny Schulz: „Das ist für uns ein ganz prioritäres Vorhaben.“ Botschaft: Kein Aufschub!

AfD-Fraktionschef Frank Pasemann war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch seine Fraktion hatte die Einführung des Schülertickets 2021 mitgetragen. Dagegen hatten zur Abstimmung 2019 nur CDU/FDP und – schon damals aus wirtschaftlichen Gründen – Trümper votiert. Erneut zur Abstimmung steht das Schülerticket im Stadtrat am 3. Dezember 2020.