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Pflegetiere Tierliebe kennt kein Alter

Kann man zu alt sein, um sich noch ein Haustier wie Hund oder Katze anzuschaffen? „Nein“, sagt Magdeburgs Tierheimleiter Andreas Reichardt.

Von Jana Heute 20.01.2017, 00:01

Magdeburg l Viele Leser bewegte die Geschichte von der Katze Sissi, die im Stadtfelder Seniorenzentrum lebt. Sissi hat schon seit acht Jahren ihr Zuhause in der Pflegeeinrichtung „St. Georgii“ an der Hans-Löscher-Straße. Ihre Besitzerin durfte sie mitnehmen, als sie nach einem Schlaganfall ins Heim umziehen musste. Das ist indes nicht immer und überall möglich.

Gudrun Müller vom Tierschutzverein 1893 e. V. kennt allerdings einige Beispiele, bei denen es funktioniert hat, wo Haustiere – natürlich nach Absprache mit der Heimleitung – mitgenommen werden durften. „Das ist gar nicht so selten“, sagt Gudrun Müller. Es müsse nur alles Wichtige vorab geklärt sein – von der Fütterung bis zur tierärztlichen Versorgung. „Am besten, man sucht rechtzeitig das Gespräch mit der Heimleitung“, sagt die Chefin des ältesten Tierschutzvereins der Landeshauptstadt.

Das städtische Tierheim hat sogar schon mehrere Katzen oder auch mal einen Wellensittich an Senioren- oder Demenzzentren vermittelt. „Wenn sich alle einig sind und das wollen, klappt das auch“, sagt Anita Diedrich, stellvertretende Leiterin des Tierheims. Aber ein Recht darauf, sein geliebtes Haustier mit ins Seniorenheim zu nehmen, gibt es nicht.

Das ist auch der Grund dafür, warum Tierliebhaber mit zunehmendem Alter häufig ins Grübeln kommen: Kann man es verantworten, noch einmal einen Hund oder eine Katze zu übernehmen? Was ist, wenn man krank wird und sich nicht mehr richtig kümmern kann? Oder das Tier nicht mit umziehen darf, etwa in ein Betreutes Wohnen oder Seniorenheim? Was ist, wenn man vor dem Tier stirbt? Fragen, die umtreiben.

Dagegen stehen die zweifellos positiven Aspekte: die Liebe, die die Tiere zurückgeben, die fast heilsame Zuwendung oder einfach nur der „Zwang“, mit dem Hund Gassi zu gehen und ihn zu füttern. „Gerade bei älteren Tierbesitzern, die allein leben, ist das Tier manchmal der wichtigste Bezugspunkt und Ablenkung im Alltag“, weiß Tierheimleiter Andreas Reichardt. Dabei sei es egal, ob es sich um einen Hamster, einen Wellensittich, Hund oder Katze handele.

Von den Debatten über Altersgrenzen bei der Tiervermittlung hält Reichardt rein gar nichts. „Das ist keine Frage des Alters“, sagt er mit Nachdruck. Das Tierheim Magdeburg würde niemals sagen, jemand sei zu alt, um ein Tier aufzunehmen. „Wir hatten schon eine Dame mit Ende 70, die von uns einen kleineren Hund aufgenommen hat. Das war schon vor fünf Jahren und hat bisher sehr gut funktioniert“, berichtet die zweite Chefin Anita Diedrich.

Eine gute Tierbetreuung hänge nicht vom Alter des Besitzers ab, ist auch Andreas Reichardt überzeugt. „Ein viel größeres Problem ist für uns, dass immer mehr Leute zu uns kommen, die von Tierhaltung leider gar keine Ahnung haben. Da fangen wir wirklich bei null an“, erzählt er. Für die Tierheimleitung gibt es eine entscheidende Prämisse bei der Vermittlung von Tieren: „Es muss passen“, so Reichardt.

Deshalb sei die Beratung, die die Mitarbeiter anbieten, so wichtig. Wie sind die Lebensumstände, in die das Tier aufgenommen wird? Wie die Erfahrungen des künftigen Halters? Das alles wird abgeklärt, bevor ein Tier neu vermittelt wird. „Senioren sind zumeist sehr verantwortungsbewusst“, sagt Andreas Reichardt. Es sei auch nicht fair, einem vielleicht schon etwas älteren Hund die Chance auf ein neues Zuhause zu verwehren. „Solche Tiere eignen sich oft sehr gut für einen Seniorenhaushalt. Sie sind nicht mehr so quirlig wie Jungtiere und oft auch gut anpassungsfähig“, berichtet der Tierheimleiter.

Natürlich müssten Aspekte wie Größe eines Hundes oder Charakter eines Tieres berücksichtigt werden. Aber auch hier gelte für alle interessierten Tierliebhaber: Es muss am Ende zusammenpassen. „Da gucken wir hin“, so Reichardt.

Älteren Tierfreunden, die unsicher sind, will er die Scheu nehmen. „Klären Sie vorher, wohin ein Tier könnte, falls Sie mal zu einer Reha oder ins Krankenhaus müssen oder wer sich kümmern kann, wenn Sie mal krank sind“, so Reichardt. Oft finden sich schon im Familien- oder Freundeskreis Lösungen. Beim Tierschutzverein 1893 e. V. läuft z. B. schon seit Jahren die Aktion „Nehme ich dein Tier, nimmst du mein Tier.“ Hier kümmern sich Tierfreunde ehrenamtlich und auf Zeit um Haustiere. „Und wer sich kein eigenes anschaffen möchte, kann sich auch als Pflegeelternteil zur Verfügung stellen“, gibt Gudrun Müller noch einen Tipp.

Kontakt zum Tierschutzverein 1893 e. V.: Scharnhorstring 38, Telefon zur Öffnungszeit mittwochs 14 bis 16 Uhr: 0391/597 86 11; E-Mail: info@tierschutz-magdeburg.de