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Pilotprojekt Kampf gegen Wildunfälle in Magdeburg

Fast jeden dritten Tag kracht es in Magdeburg aufgrund von Wildwechsel. In der Stadt gibt es jetzt ein Pilotprojekt.

Von Jana Heute 26.05.2018, 01:01

Magdeburg l „Könnten Sie jetzt noch bremsen?" Das große, gut sichtbare Schild steht neuerdings an der Breitscheidstraße in Magdeburg, kurz vor dem Ortsausgangsschild Richtung Biederitz. Es ergänzt das kleinere Warnschild zum Wildwechsel, das von Kraftfahrern gern mal übersehen wird.

Im Doppelpack bekommt die Beschilderung mehr Aufmerksamkeit, hofft Dr. Gerd Petzoldt, Kreisjägermeister und Mitglied im Jagdbeirat der Stadt Magdeburg. Denn die drei Kilometer bis Biederitz haben es in sich. Die Strecke gehört neben der von Prester nach Randau-Calenberge seit Jahren zu den größten Schwerpunkten bei den Wildunfällen.

Statistisch gesehen kracht es in Magdeburg fast jeden dritten Tag nach einem Wildwechsel. 114 Zusammenstöße mit Wild zählte die Polizei im Jahr 2017. Im Jahr davor bewegte sich die Zahl auf gleich hohem Niveau. Und bis zum 21. Mai 2018 gab es auch schon 34 registrierte Wildunfälle im Stadtgebiet. Neben Reh und Wildschwein kommen durchaus auch Fuchs oder Hase unter die Räder, was aber kaum aktenkundig wird.

Neben den ostelbisch-ländlichen Straßen (inklusive Bundesstraße 1) gibt es zudem auf dem August-Bebel-Damm, dem Glindenberger Weg, der Ottersleber Chaussee und den Ringabfahrten zur Autobahn 14 im Süden sowie Autobahn 2 im Norden immer wieder Wildunfälle. Doch der ostelbische Raum sei am schlimmsten, berichtet Gerd Petzoldt.

Deshalb wurden die Breitscheidstraße im Herrenkrug/ Biederitzer Busch und die Kreisstraße 1227 Richtung Pechau als Referenzstraßen für den Kampf gegen Wildunfälle ausgewählt. Ob es was bringt, soll längerfristig beobachtet werden. „Wir haben die Situation 2017 analysiert und überlegt, welche Maßnahmen zunächst nötig sind“, berichtet Gerd Petzoldt. Auch das Tiefbauamt wurde mit ins Boot geholt.

Das Ergebnis steht jetzt. Zunächst sei es darum gegangen, dafür zu sorgen, dass die Straßenrandbereiche konsequent von Wildwuchs befreit werden. „Zwischen Prester und Pechau gab es viel zu viel Gestrüpp und hohes Gras. Schlecht einsehbar für die Autofahrer“, so Petzoldt. Inzwischen sei die Straßenverkehrsbehörde dran und es sehe an der Strecke „wirklich sehr gut aus“.

Weitere Maßnahme: die Ausstattung mit Wildwarnreflektoren. Die kleinen blauen Plastikteile wurden an alle Leitpfosten montiert und können – wenn die Experten Recht behalten – das Wild wirksam abschrecken. Jagdbeirat Petzoldt erklärt: „Sobald das Licht des Autoscheinwerfers auf den Reflektor trifft, erzeugt dieser eine Art Lichtblitz. Dazu noch die blaue Farbe, die das Wild in der Natur nicht kennt. Beides wirkt wie ein Stoppschild“, so sagt er. Effekt: Das Wild soll stehen bleiben, bis das Auto und damit auch der Lichtblitz wieder vorbei sind.

Die Stadt Magdeburg habe beide Straßen nach Biederitz und Pechau inzwischen komplett damit ausgerüstet. Zuvor hatten einige Biederitzer in privater Initiative bereits rund 30 Wildwarnreflektoren hinter der Schweinebrücke montiert – Stückpreis zwischen 5 und 10 Euro.

„Die Kosten für die neuen, jetzt nachgerüsteten Reflektoren hat die Stadt Magdeburg übernommen“, freut sich Petzoldt. Sie habe sich auch um die großen Warnschilder gekümmert, die an beiden Straßen stehen. In Prester in Höhe vom Bike-Inn soll nun noch ein Wildschutzzaun errichtet werden, weil es hier besonders viele Wildwechsel gibt. Jagdpächter wollen außerdem den Abschnitt Pechau bis Randau-Calenberge noch mit Reflektoren nachrüsten.

Ein ganzes Bündel an Maßnahmen also. Die aber können nur fruchten, wenn auch die Autofahrer mitspielen. „Nicht umsonst gibt es auf beiden Strecken Geschwindigkeitsbeschränkungen von 70 oder 80 km/h“, betont Gerd Petzoldt. Mit „100 Sachen und mehr“ könne man bei Wildwechsel einfach nicht mehr rechtzeitig bremsen. Petzoldt: „Die Raserei ist kreuzgefährlich!“