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Premiere Frauenpower beim Rudelsingen in Magdeburg

Die Stimmung beim ersten Magdeburger Rudelsingen war teils überschwänglich. Doch am Ende erfüllten sich nicht für alle die Erwartungen.

19.10.2018, 10:23

Magdeburg l „Ich hab mehr Leute erwartet“, sagt Angelika Meyer etwas missmutig beim Blick in den Saal des Theaters Grüne Zitadelle in Magdeburg. Sie ist eine der Besucherinnnen des ersten Magdeburger Rudelsingens.

Versprengt stehen und sitzen die Gäste im Raum, trinken, lachen, warten stumm und gespannt. Angelika Meyer hat unweit des Ausgangs Platz genommen, gleich neben der Jackenabgabe, mit dem Rücken zur Wand. Bester Platz für eine unbemerkte Flucht, falls das mit dem ersten Magdeburger Rudelsingen nichts wird.

Die Veranstalter werden später von etwa 150 Teilnehmern an diesem Mittwochabend sprechen. Sie heißen Christine Wolff und Alexander Capistran, in der Rudelsängerszene einfach Team Wolff genannt.

Team Wolff macht die Rudelsing-Events in Ostdeutschland. Nachdem David Rauterberg das Konzept 2011 in Münster erfunden hatte, bildeten sich in ganz Deutschland Teams zur Organisation der Events. Laut Wolff gab es bisher in mehr als 100 deutschen Städten 1250 Rudelsingen.

„Wir singen im Stehen“, sagt Wolff voller Elan, nachdem sie das Mikrofon ergriffen hat. „Und wir singen hier vorne.“ Bewegung im Saal, viele erheben sich, tippeln vor die Bühne, es dauert einige Minuten, dann geht’s los: „Ich war noch niemals in New York. Ich war noch niemals richtig frei. Einmal verrückt sein und aus allen Zwängen fliehn.“ Beim Refrain wird der Text von Udo Jürgens schon mit Klatschen begleitet.

Neu ist beim Rudelsingen vor allem der Begriff. Das Phänomen an sich ist uralt: Ungezwungen zusammen singen macht Menschen Spaß. Kein anstrengendes Einstudieren und Proben wie beim Chor. Kein Rampenlicht mit Lampenfieber wie beim Karaoke. Einfach drauflossingen.

Die Lieder sind bekannt, die Texte werden auf der Bühne angezeigt, keine Stimme ist einzeln auszumachen, auch Wolff, die auf der Bühne vorsingt, ist kaum herauszuhören im Stimmenkanon.

Bei der Betrachtung des Publikums des ersten Magdeburger Rudelsingens fallen zwei Sachen auf: Zum Ersten sind kaum Männer dabei, mehr als 80 Prozent der Anwesenden sind weiblich. Zum Zweiten singen nur sehr wenige junge Menschen mit, das Durchschnittsalter liegt an diesem Abend deutlich über 40 Jahre.

Als „Don’t worry, be happy“ aus den Boxen ertönt, steht Steffen Richter an der Bar und bestellt das nächste Bier. Viel gesungen hat er noch nicht. Der 31-jährige Magdeburger bestätigt, er fühle sich hier „ein bisschen fehl am Platz“. Er sei schon einmal bei einer ähnlichen Veranstaltung in Magdeburg gewesen, bei „Sing Dela Sing“ im Moritzhof. Nur seien dort mehr junge Leute gewesen, Nirvana und Adele hätten sie dort mitgesungen. Das habe er beim Rudelsingen auch erwartet.

Viele andere Teilnehmer sind mit der Liedauswahl, mit Nina Hagen und Howard Carpendale, augenscheinlich zufrieden. Auch Angelika Meyer flüchtet nicht. „Eine tolle Veranstaltung“, sagt die 62-jährige Barleberin.