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Puppenspielerin Der Sprung in die Selbstständigkeit

Die Magdeburgerin Sophie Bartels hat es geschafft: Sie hat sich als Puppenspielerin selbstständig gemacht.

Von Christina Bendigs 21.11.2020, 00:01

Magdeburg l Schon als Jugendliche spielte sie im Theaterjugendclub, war bei den Freien Kammerspielen sehr aktiv, nahm Gesangsunterricht und war Mitglied des Magdeburger Domchores. Früh war klar: Sophie Bartels möchte einmal auf der Bühne stehen. Ursprünglich dachte sie, sie würde Schauspielerin werden wollen. Dann studierte sie zunächst Theaterwissenschaften in Erlangen. Im Rahmen einer Regiehospitanz am Puppentheater Magdeburg entdeckte sie ihre Leidenschaft fürs Puppenspiel. Die Magdeburgerin hat daraufhin parallel dazu angefangen, Puppenspiel an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin zu studieren.

Das erste Festengagement folgte am Puppentheater in Zwickau, später war sie am Theater Chemnitz als Puppenspielerin tätig. Inzwischen arbeitet die Magdeburgerin als freie Puppenspielerin in Berlin, kommt zu Gastspielen aber immer wieder in ihre Heimatstadt zurück. Und nach wie vor habe sie hier ihren Hauptwohnsitz, sieht in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt einen wichtigen Ankerpunkt.

Den Entschluss, sich selbstständig zu machen, fasste sie im Jahr 2016. Ausschlaggebend war die innere Frage, ob sie es auch als freie Puppenspielerin schaffen würde. Geliebäugelt habe sie damit schon länger. „Ich hatte Lust, es auszuprobieren“, sagt sie, „und ich wollte eigene Stücke machen.“ In Chemnitz, wo Puppenspiel eine Sparte des Theaters bildet, hatte sie bereits die Gelegenheit dazu, entwickelte das Stück „Die Schuhe der Meerjungfrau“. Sophie Bartels spielt es heute noch gern, freut sich, dass sie die Rechte an der Produktion sozusagen mit in die Selbstständigkeit nehmen durfte.

Ein Jahr lang sei sie überall und nirgends tätig gewesen, war als Gast unterwegs, ehe sie sich schließlich in Berlin niederließ. Mit ihrer Kollegin Franziska Burnay Pereira gründete sie die „gbr für unerhörte dinge“ und produzierte als Koproduktion mit der Schaubude Berlin und dem Théâtre de Cuisine Marseille das Stück „sans papiers/ohne Papiere“. Es ist angelehnt an das Kinderbuch „Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin“. „Aber wir haben eigene Texte geschrieben, und es ist ein ganz eigenes Stück geworden“, erzählt die 37-Jährige.

Das Stück sei ein sehr politisches, das sowohl für Kinder als auch für Erwachsene geeignet sei. Erzählt wird die Geschichte des Philosophen Walter Benjamin, der 1940 über die Pyrenäen aus Deutschland geflohen war. Bis zur spanischen Grenze sei er gekommen, habe sich aber aus Angst, an die Deutschen ausgeliefert zu werden, das Leben genommen. Sein Koffer sei bis heute verschollen. Und die Geschichte hat Sophie Bartels sehr bewegt.

Im Rahmen der Tage der Jüdischen Kultur gastierte sie mit der Inszenierung in Magdeburg im Forum Gestaltung. Das Stück sei von aktueller Bedeutung. Geprobt hat sie für das Stück in Frankreich und begab sich mit ihrer Kollegin auch auf die Spuren des Herrn Benjamin und sah sich dabei mit der Frage konfrontiert, ob sie überhaupt nachempfinden könne, was Walter Benjamin auf seiner Flucht gespürt hatte.

In dem Solostück spielt sie vornehmlich mit Alltagsgegenständen. „Objekttheater ist mein Steckenpferd“, sagt sie. Ihre Leidenschaft für Frankreich ist nicht nur beruflicher Natur, sondern auch eine private Begeisterung. In der Schule habe sie Französisch gelernt und ihre Kenntnisse vor ihrem Frankreichaufenthalt noch einmal aufgefrischt. Im Unterschied zu Deutschland hält sie fest, dass die Franzosen mehr Erfahrung mit dem Objekttheater hätten.

Ein weiteres Stück, an dem Sophie Bartels mit Kollegin Annemie Twardawa nun arbeitet, heißt „#Lady Clown oder Feministische Ansichten eines Clowns“ und ist als Clownsstück für Erwachsene angelegt. Dabei soll es um die Rolle der Frau gehen. Es sei absolut notwendig, dieses Thema aufzugreifen, sagt Bartels. „Es wird immer gesagt, dass wir bereits Gleichberechtigung haben“, sagt sie. Sie selbst sei der Ansicht, dass das Thema nach wie vor aktuell ist – nicht nur für Frauen. Denn es berührt auch andere Bereiche, etwa die Frage, wie man mit Sprache umgeht und eine Sprache schafft, die alle mit einschließt. Die Gleichberechtigung sei ein Prozess, der wohl nie abgeschlossen sei, sondern etwas, an das man immer wieder neu erinnern müsse.

Drei Jahre, nach dem sie in die Selbstständigkeit gestartet ist, kann die 37-Jährige resümieren: „Ich möchte nicht mehr fest angestellt sein.“ Der Anfang sei zwar schwierig gewesen, vor allem was den bürokratischen Aufwand anginge. Aber sie habe sich reingefuchst „und es hat sich gelohnt“.

Die Magdeburger dürfen gespannt sein auf die neuen Produktionen, mit denen Sophie Bartels gern in ihre Heimatstadt zurückkehrt, sofern es die Corona-Lage zulässt. Mit „Lady Clown“ wollte sie am 4. Dezember zu einer öffentlichen Aufführung im Forum Gestaltung gastieren. Doch aufgrund der Corona-Pandemie ist diese Veranstaltung online zu sehen. Alle, die Interesse haben, können sich auf der Internetseite www.sophiebartels.com zur Veranstaltung einwählen. Die Premiere von Lady Clown ist voraussichtlich im Februar 2021.