1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Kampf um Plätze in der fünften Klasse

Schulentwicklung Kampf um Plätze in der fünften Klasse

Für viele Schulen in Magdeburg gibt es mehr Interessenten als Plätze. Jetzt wird festgezurrt, wie das Problem gelöst werden soll.

Von Martin Rieß 11.04.2019, 01:01

Magdeburg l Für rund 1900 Schüler steht mit dem Sommer 2019 ein wichtiger Wechsel an: Für sie steht der Übergang von der vierten in die fünfte Klasse an und damit in vielen Fällen auch ein Wechsel der Schule. Grund: An der klassischen Grundschule ist nach der vierten Klasse Schluss und entsprechend den Wünschen und Talenten der Kinder wird eine weiterführende allgemeinbildende Schule ausgewählt.

Am 11. April 2019 hat der Magdeburger Stadtrat über eine neue Satzung zum Thema zu entscheiden, in der die Einzelheiten geregelt werden. Beraten hat zum Thema der Ausschuss für Bildung, Schule und Sport des Stadtrats.

Notwendig ist eine Regelung aus einem einfachen Grund: Zum Einen sind da die hohen Schülerzahlen. Die Folge: Die eigentlich vom Gesetzgeber gewünschte freie Schulwahl findet an den Kapazitäten der Schulen ihre Grenzen. 2019 wechseln in Magdeburg 140 Schüler mehr von der vierten in die fünfte Klasse als noch ein Jahr zuvor.

Für die Stadt Magdeburg bedeutet dies: Insbesondere die Plätze an den beiden integrierten Gesamtschulen sind so gefragt, dass nicht einmal der Besuch dieses Schultyps für alle Interessenten gesichert ist. Kerstin Richter, die den Fachbereich Schule und Sport in der Magdeburger Stadtverwaltung leitet, berichtet: „Der Fehlbedarf an den beiden integrierten Gesamtschulen beträgt 35.“ Sprich: Es interessieren sich Schüler für nahezu zwei Klassen mehr für einen Wechsel in die fünften Klassen dieser beiden Schulen an der Pablo-Neruda-Straße und am Westring, als diese über Räume verfügen.

Weiterführende Schulen in Magdeburg

Grafik: ProMedia Barleben GmbH/ Kartenmaterial: OpenStreetMap-Mitwirkende/ Animation: Anja Guse

Ein weiterer Punkt, der die Situation für die Prognose nicht einfach macht: Es ist nie langfristig bekannt, wie viele Kinder auf eine Schule in freier Trägerschaft wechseln. Für diese werden keine Plätze an Schulen in öffentlicher Trägerschaft benötigt.

Bestimmt wird der Schulbesuch an vielen Magdeburger Schulen inzwischen über Lostöpfe. Die Familien geben eine bevorzugte Schule und eine Alternative an. Nach Möglichkeit gibt es bei Lospech einen Platz an der Alternativschule.

Auch wenn sich das Verfahren in den vergangenen Jahren aus Sicht der Stadt Magdeburg bewährt hat – rechte Freude möchte nicht bei allen Familien aufkommen. Sie haben die Möglichkeit, sich an Aufnahmekommissionen zu wenden, um im Falle einer Ablehnung ihr Kind doch noch an der gewünschten Schule unterzubringen. Letzter Schritt ist im Fall der Fälle eine Klage.

Neben dem Profil der Schulen spielt in einigen Familien auch die Wohnortnähe zur Schule eine Rolle. Kein Verständnis hat deshalb vor dem Hintergrund Grünen-Stadtrat Jürgen Canehl dafür, dass Plätze allein über den Lostopf, nicht aber ein Teil über das Argument des kurzen Schulwegs vergeben wird.

Während der Ausschusssitzung fragte der Stadtrat dazu auch bei Tim Liebe, Vorsitzender des Stadtelternrats, nach, wie dessen Position sei. Tim Liebe: „Die Vergabe über den Lostopf ist aus unserer Sicht das gerechteste Verfahren.“ Daher gehe das Gremium mit dem Vorschlag der Stadtverwaltung mit.

Dies aber mit einer Einschränkung: Wer sowohl an erster als auch an zweiter Stelle eine IGS angibt, wird bei Lospech bei der bevorzugten IGS durch die Stadt an eine Gemeinschaftsschule oder ein Gymnasium verwiesen. „Das entspricht aus unserer Sicht nicht den rechtlichen Vorgaben“, so Tim Liebe. Die Wahl der Schulform obliege den Eltern und nicht der Stadtverwaltung. Damit stellt sich der Stadtelternrat hinter die Position der Landesverwaltung.

Da es in den Landkreisen keine integrierten Gesamtschulen in öffentlicher Trägerschaft gibt, gibt es dort durchaus Interessenten, die gern eine der beiden Magdeburger Schulen besuchen würden. Zur Nachfrage, wie viele der Plätze in den fünften Klassen dadurch für Magdeburger verloren gehen, konnte Kerstin Richter mit einer konkreten Zahl aufwarten: „Null.“

In den fünften Klassen würden keine Schüler aufgenommen, die nicht in Magdeburg gemeldet sind. Sehr wohl könne es aber sein, dass in oberen Klassen Schüler lernen, die außerhalb Magdeburgs leben. Dies kann sein, wenn die Familien der Schüler umziehen, aber auch dadurch, dass zum Beispiel durch Wegzüge freigewordene Plätze in den Klassen ab Klassenstufe 6 von Interessenten aus Landkreisen besetzt werden.

Um Alternativen für jene Schüler zu schaffen, die nicht an die gewünschten Schulen kommen, behält sich die Stadt Magdeburg die Eröffnung zusätzlicher Klassen an anderen Schulen vor. Es geht um insgesamt 98 Plätze, die an den Gemeinschaftsschulen „Oskar Linke“, „Wilhelm Weitling“ und „Johann Wolfgang von Goethe“ sowie am Geschwister-Scholl-, am Editha- und am Einsteingymnasium bereitgestellt werden könnten.

Dies aber mit einer Einschränkung: Der Schulleiter des Einsteingymnasiums in Neu-Olvenstedt hat signalisiert, dass dies nur im äußersten Notfall denkbar sei. Denn bei Aufnahme einer weiteren Klasse befürchtet er, in den kommenden Jahren die für die Abiturstufe wünschenswerte Vierzügigkeit für folgende Jahrgänge aus Platzgründen heraus nicht mehr gewährleisten zu können.

Auch Dustin Müller vom Stadtschülerrat meldete sich während der Sitzung des Ausschusses zu Wort: Was der Grund für die Zusammensetzung der Auswahlkommissionen ist, die in den Schulen über sogenannte Härtefälle entscheiden, wollte er wissen. Hintergrund: In den Kommissionen sind je ein Vertreter des Landesschulamtes, der Schulleitung, der Stadtverwaltung, des Schulausschusses des Stadtrats, des Stadtelternrats und des Schulelternrats der betreffenden Schule vertreten. Kerstin Richter: „Die Antwort wird Sie jetzt sicher nicht zufriedenstellen. Aber die bisherige Regelung hat sich schlicht und ergreifend bewährt.“

Der Schülervertreter hatte im Ausschuss darauf verwiesen, dass die Elternschaft doppelt, die Schüler gar nicht vertreten sind. Gegenüber der Volksstimme sagte Dustin Müller: „Als Stadtschülerrat sehen wir hier Handlungsbedarf.“